Corona-Patient Trump im Autokorso: Mehr als nur krank
Man dachte kurz: Nun hat er Corona begriffen. Dann brach der Narzisst in Präsident Trump wieder durch. Er brachte mit seiner Show viele in Gefahr.
E inen Moment lang klang es, als sei US-Präsident Trump zu Sinnen gekommen und angesichts seiner Covid-19-Erkrankung in der Realität gelandet: In einem am Sonntag auf Twitter verbreiteten Video gestand er ein, viel über das Virus erfahren zu haben, und das am eigenen Leib.
Doch dann, nur wenige Stunden später, brach der Narzisst wieder durch, für den die Show alles ist und die Welt um ihn nur Beiwerk. Trump verließ seine Suite im Militärkrankenhaus und tourte in einer Limousine an davor jubelnden Anhängern vorbei.
Die Ärzte des Hospitals waren fassungslos. Keine zwei Tage zuvor war der Gesundheitszustand Trumps so labil, dass ihm Sauerstoff zugeführt werden musste, er Herzrasen bekam und ins Krankenhaus gebracht wurde. Dort wurde ihm ein Medikament verabreicht, das nur bei schweren Covid-19-Fällen eingesetzt wird, dazu noch ein experimenteller Antikörper-Cocktail. Und sie warnten, dass erst sieben bis zehn Tage nach einer Infektion der kritische Punkt des Krankheitsverlaufs erreicht ist. Der kurze Trip des 74-Jährigen sei verantwortungsloses politisches Theater gewesen, urteilte einer der Ärzte auf Twitter.
Der willkürliche Umgang mit den Fakten hat mit Trumps Erkrankung eine neue, erschreckende und gefährliche Qualität angenommen. Bald werde es ein Wundermittel gegen das Virus geben, sagte Trump, es komme von Gott. Er müsse zurück an die Arbeit und den Job vollenden, Amerika wieder groß zu machen. Bis dahin gefährdet er aus Uneinsichtigkeit seine Umgebung, seinen Stab und auch diejenigen, die ihm ohne Schutzvorkehrungen auf seinen Veranstaltungen zujubeln.
So auch bei der Vorstellung seiner Kandidatin für den Supreme Court, der ultrakonservativen Richterin Amy Coney Barrett, im Rose Garden – danach gab es mehrere Neuinfektionen. Auch drei Senatoren wurden positiv auf das Coronavirus getestet. Sie könnten fehlen bei der mit höchster Eile angesetzten entscheidenden Abstimmung über die Personalie im Senat. Die Mehrheit für Trumps Wunschkandidatin wäre dahin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen