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Corona-Lockdown der WirtschaftBloß kein zweites 2008

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Bisher ist es der Politik gelungen, Fehler der Finanzkrise zu vermeiden. Es muss aber ein Lastenausgleich her.

Eine Maske – bald ein normales Accessoire in Deutschland? Foto: Karsten Thielker

B ei Corona ist zwar vieles unklar, aber fest steht nun: Die bundesweite Fast-Quarantäne wird bis mindestens Ostern fortbestehen. Danach, so Gesundheitsminister Jens Spahn, sollen „Konzepte“ erörtert werden, wie man die Kontaktsperren lockern könnte, ohne dass die Coronazahlen in die Höhe schießen.

Bei dieser Konzeptsuche ist nicht unwahrscheinlich, dass es zu einem Novum kommt – und die Bundesrepublik von Asien lernt. Bisher war es stets andersherum, jedenfalls aus deutscher Sicht: Man fühlte sich als Lehrmeister, während den Asiaten vorgeworfen wurde, dass sie mit Plagiaten die Weltmärkte fluteten. Doch nun ist kaum zu übersehen, dass es Südkorea und Japan gelungen ist, Corona zu bekämpfen, ohne die Wirtschaft lahmzulegen. Entscheidend ist dabei die Atemschutzmaske. Auch in Deutschland dürfte sie zum bald alltäglichen Accessoire aufsteigen.

Die Coronakrise zeigt auch positive Überraschungen: So ist es der deutschen Politik bislang gelungen, die sozialen und kommunikativen Fehler zu vermeiden, die in der Finanzkrise ab 2008 so toxisch wurden. Damals kam bei vielen Bürgern an, dass „die Großen“ profitieren, während „die Kleinen“ zahlen.

Sechs Monate verkraftbar

Diesmal hingegen ist der staatliche Rettungsschirm für alle aufgespannt: für Soloselbstständige ebenso wie für Großkonzerne. Zwar ruckelt es noch, doch es wird nachgebessert. Die politische Ansage ist: Es zählt die ökonomische Solidarität. Selbst sechs Monate Fast-Quarantäne würde Deutschland überstehen, denn der Staat kann Geld aus dem Nichts schöpfen und die Krise abfedern. Es gibt keinen ökonomischen Zwang, die Kontaktsperren allzu früh aufzuheben und Menschenleben zu gefährden.

Das politische Problem wird erst später auftauchen, wenn die Corona-Epidemie vorbei ist. Die Finanzkrise illustriert, wie man es nicht machen sollte: Damals wurde auf eine Sondersteuer für Vermögende verzichtet – obwohl vor allem ihr Geld gerettet wurde, als der Staat den Banken half. Viele Bürger verloren das Vertrauen darin, dass Politik gerecht sein kann.

Auch in der Coronakrise werden die Verluste ungleich verteilt sein, obwohl der Staat versucht, alle zu unterstützen. Vermieter, zum Beispiel, haben wenig zu befürchten. Gleiches gilt für Lebensmittelketten oder Pharmakonzerne. Daher wäre es ein gutes Signal, wenn es nach der Krise zu einem Lastenausgleich käme.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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9 Kommentare

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  • Ulrike Herrmann schreibt:



    > wäre es ein gutes Signal, wenn es nach der Krise zu einem Lastenausgleich käme. <

    Gut wäre es, wenn die Last während der Krise gleichmäßig verteilt würde!

    > Auch in der Coronakrise werden die Verluste ungleich verteilt sein, obwohl der Staat versucht, alle zu unterstützen. <

    Die Politik kann es nicht mehr anders als kleinteilige, komplizierte Regelungen zu schaffen, bei denen einige, eher zum größeren, als zum kleineren Teil, durchs Raster fallen werden.

    Ich finde folgenden Vorschlag gut:



    Jeder, der nach eigener Einschätzung, finanzielle Hilfe braucht, bekommt diese in Höhe des zuletzt versteuerten Einkommens. Mit der verpflichtenden Steuererklärung für 2020 wird alles nachgehalten und ein etwaiges zuviel an Hilfe zurückgezahlt. Jetzt ist das Ganze unbürokratisch schnell, und hilft JEDEM. Gerecht ist es, weil 2021 nachgerechnet wird.

    • 9G
      92182 (Profil gelöscht)
      @Deroderdie:

      Das Steuersystem ist nicht gerecht sonst hätte es niemals zu solchen Verwerfungen was den sozialen Frieden angeht kommen können . Alleine schon die kalte Progression ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ,was diesem Staat seit langem bekannt ist ,er aber nicht gewillt ist zu ändern , erst recht nicht in Zeiten von Corona .



      Ehrenrunde machts gut



      Tschüss

  • 0G
    05344 (Profil gelöscht)

    Ja genau. Therapie und Terabytes sind für alle da.

  • "Selbst sechs Monate Fast-Quarantäne würde Deutschland überstehen, denn der Staat kann Geld aus dem Nichts schöpfen und die Krise abfedern. Es gibt keinen ökonomischen Zwang, die Kontaktsperren allzu früh aufzuheben und Menschenleben zu gefährden."

    Geld drucken schafft keine realen Güter...

    • @Usch Bert:

      "Geld drucken schafft keine realen Güter..."

      Dafür aber gehörig Inflationsdruck. Löhne und Gehälter folgen dann irgendwann, vielleicht in einem Jahr schon - genug Zeit, um die faktische Teuerung mittels "hedonischem Effekt" u. dgl. statistisch wegzuzaubern!

  • ....und ich als Mindestlohner und Aufstocker stelle mir die Frage, was wird eigentlich aus uns? Nach den Erfahrungen mit dem Jobcenter steigt mein Vertrauen nicht in diesen Sozialstaat. Mein Arbeitgeber visiert bereits Kurarbeit an, zahlt noch für März - und teilt auf Anfrage mit, man befinde sich in Gesprächen darüber, was dann geschehen soll. Und das in einem karitativen Betrieb ohne Tarifvertrag und Arbeitnehmervertretung. Per Telefon und Mail mit dem Jobcenter korrespondieren - wer den Laden kennt, weiß was das bedeutet - kein Anschluss unter dieser Nummer. In den USA und Frankreich wird bereits entschieden, wer in den Krankenhäusern und Heimen weiterleben darf und wer nicht - und Macron faselt von Krieg - ja gegen die Armen in seinem Land. Und bei kloppen sich die Deppen um Klopapier......

  • Na denn, dann mal gleich festzurren, dass Firmen egal welcher Größe nur Staatshilfen bekommen wenn sie eine Jobgarantie für die nächsten 12 Monate ausspricht.

  • Die Autorin schreibt: "Die Coronakrise zeigt auch positive Überraschungen: So ist es der deutschen Politik bislang gelungen, die sozialen und kommunikativen Fehler zu vermeiden, die in der Finanzkrise ab 2008 so toxisch wurden. Damals kam bei vielen Bürgern an, dass „die Großen“ profitieren, während „die Kleinen“ zahlen."

    Wie bitte? Ein "kommunikativer Fehler"? Meint die Autorin etwa, dass in der Finanzkrise nicht "die Großen" profitiert und "die Kleinen" gezahlt haben? Wer hat denn nach Ansicht von Frau Herrmann die staatlichen Mittel erwirtschaftet, mit denen die Banken "gerettet" wurden?

    Weiter unten im Artikel gibt Frau Herrmann es dann zu und schreibt: "Damals wurde auf eine Sondersteuer für Vermögende verzichtet – obwohl vor allem ihr Geld gerettet wurde, als der Staat den Banken half. Viele Bürger verloren das Vertrauen darin, dass Politik gerecht sein kann." Ja. Aber es ist keineswegs zu beklagen, wenn die Bürger das Vertrauen in die Gerechtigkeit einer ungerechten Politik verlieren. Und ich habe auch diesmal kein Vertrauen. An der Corona-Krise werden sich viele Kapitalisten, die jetzt mit Staatsknete überschüttet werden, gesundstoßen, und die Zeche werden wie üblich die Arbeitenden zahlen - und vor allem diejenigen, die infolge der Maßnahmen der Regierenden ihre Arbeit (sei es durch Entlassung, sei es durch erzwungene Betreibsaufgabe bei kleinen Selbstständigen) verlieren.

    • @Budzylein:

      Man kann es auch so sehen:



      Man hat das jetzt anders und besser kommuniziert als damals.

      Ob sich viel geändert hat, wird sich noch zeigen.

      Auch diesmal beschränkt sich der Shutdown auf die Privatebene.



      Industrieunternehmen dürfen völlig unbeeinträchtigt weiterarbeiten.

      Insofern hat sich noch nicht allzu viel geändert.