Corona-Infektionsschutzgesetz in NRW: Bremsklotz AfD

Die Rechtsaußenpartei blockiert die Verabschiedung des NRW-Pandemiegesetzes – für fünf Tage. SPD und Grüne setzen massive Entschärfungen durch.

rmin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, sitzt im Plenum des Landtages

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Gründonnerstag im Düsseldorfer Landtag Foto: Gambarini/dpa

BOCHUM taz | Die durch Corona von Bedeutungsverlust bedrohte Rechtsaußenpartei AfD hat in Nordrhein-Westfalen die Verabschiedung eines landeseigenen Pandemie-Gesetzes verzögert. Bei einer Landtagsdebatte am Donnerstag bestanden ihre Abgeordneten auf einer dritten Lesung des Gesetzes. Diese soll jetzt am 14. April, dem Dienstag nach Ostern, nachgeholt werden.

Zuvor hatte der AfD-Fraktionsvorsitzende Markus Wagner eine strikte Schließung der Landesgrenzen zu Belgien und zu den Niederlanden gefordert. Wer wie CDU-Ministerpräsident Armin Laschet „Kinder nicht mehr zu ihren Großeltern“ lasse, „aber Grenzen für alle offen“ halte, müsse „jeden Kompass verloren“ haben, hetzte Fraktionschef Wagner.

Nach Willen der überwältigenden Parlamentsmehrheit hätte das Gesetz bereits nach seiner zweiten Lesung am Donnerstag verabschiedet werden sollen. Zuvor hatten SPD und Grüne massive Entschärfungen des ursprünglich restriktiven, von Laschets schwarz-gelber Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs durchgesetzt: Gestrichen wurde die geplante Möglichkeit der Zwangsverpflichtung von Mediziner*innen und Pfleger*innen zur Bekämpfung der Corona-Epidemie – stattdessen soll Unterstützung über ein Freiwilligenregister organisiert werden.

Die Beschlagnahmung von Material wie Schutzmasken oder -kitteln bei Privatleuten ist ebenfalls vom Tisch. Firmen soll das Material allerdings entzogen werden können, gegen eine angemessene Entschädigung zu Preisen, die vor dem Corona-Ausbruch galten.

Parlament definiert „epidemische Lage“

Festschreiben wollen CDU, SPD, FDP und Grüne auch den von Verfassungsjuristen bei einer Expertenanhörung am Montag immer wieder geforderten Parlamentsvorbehalt: In NRW definiert künftig allein der Landtag, wann eine „epidemische Lage“ vorliegt und nicht Regierungen in Land oder Bund.

Entsprechend zufrieden zeigte sich die Opposition. Mit ihrem ersten Entwurf habe die Landesregierung von CDU-Ministerpräsident Armin Laschet „ein Gesetz vorgelegt, dass vor exekutiven Selbstermächtigungen, Grundrechtseinschränkungen und Verstößen gegen die Gewaltenteilung nur so überquoll“, kritisierte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Dabei gehe es nicht um „rechtstheoretisches Klein-Klein“, betonte auch die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, Monika Düker: „Das Parlament darf sich nicht aus der Verantwortung verabschieden und der Regierung einen Blankoscheck ausstellen.“

Am kommenden Dienstag soll deshalb gleich eine doppelte Befristung des NRW-Infektionsschutzgesetzes beschlossen werden: Es soll nur bis zum 31. März 2021 gelten. Außerdem ist vorgesehen, dass die vorliegende „epidemische Lage“ vom Landtag in zwei Monaten erneut bestätigt werden muss. Außerdem geplant sind finanzielle Entschädigungen für Krankenhäuser. Auch die unter wegbrechenden Steuereinnahmen leidenden Städte und Gemeinden sollen mehr Zeit für die Sanierung ihrer Haushalte bekommen. Grünen-Fraktionschefin Düker mahnte in der Landtagsdebatte außerdem, die Kommunen bräuchten darüber hinaus auch direkte Zuschüsse: Nötig sei ein „Rettungsschirm“ auch für Städte und langfristig ein „Altschuldenfonds“.

Für die Regierungsfraktionen dankte der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende Bodo Löttgen SPD und Grünen dennoch. Der ursprüngliche Regierungsentwurf sei „in einigen Punkten fehlerhaft“ gewesen, räumte er ein. Selbst Ministerpräsident Laschet lobte, auch „in der größten Krise des Landes“ sei „das Parlament handlungsfähig“ und die „Demokratie intakt“. Der Regierungschef blieb damit bei seiner Linie, das Pandemiegesetz nur mit Zustimmung von SPD und Grünen in Kraft treten lassen zu wollen.

Geschehen wird das jetzt in fünf Tagen – allem Protest der extrem rechten AfD zum Trotz: „Wir freuen uns darauf“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Sarah Philipp, der taz, „am Dienstag unseren Verhandlungserfolg beim Pandemiegesetz nochmals präsentieren zu können“.

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