Corona-Abstrich wird Pflicht: Ärger in den Arztpraxen
Wer aus einem Risikogebiet einreist, muss sich schon bald auf Corona testen lassen. Doch außerhalb von Flughäfen ist das bisher gar nicht so einfach.
Zu den Risikogebieten gehören derzeit 127 Staaten, in denen es entweder hohe Fallzahlen oder unzureichende Tests und Sicherheitsmaßnahmen gibt. Darunter auch beliebte Urlaubsländer wie Ägypten und die Türkei sowie drei Provinzen in Nordspanien. Alle Reisenden, die mit dem Flugzeug kommen, sollen direkt am Flughafen getestet werden. Doch auf der Liste des Robert-Koch-Instituts finden sich auch zahlreiche Länder, aus denen eine Einreise über den Landweg möglich ist – etwa Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Albanien oder die Ukraine.
Wer von dort einreist, soll sich in einem speziellen Testzentrum, die auch an größeren Bahnhöfen eingerichtet werden, oder beim Hausarzt testen lassen, so das Bundesgesundheitsministerium. Gleiches gilt für Menschen, die aus Nichtrisikogebieten einreisen und sich freiwillig testen lassen wollen. Doch das ist zumindest derzeit noch mit ziemlichem Aufwand verbunden, wie ein Selbstversuch in Berlin zeigt.
Zwar stellt die Kassenärztliche Vereinigung dort eine Liste mit Praxen bereit, die die Tests durchführen. Doch mehrere dieser Praxen erklärten am Dienstag auf Anfrage, sie seien noch nicht in der Lage, die kostenlosen Rückkehrer-Tests durchzuführen, weil Informationen und Formulare zur Abrechnung fehlten. Andere Praxen bieten die Tests nicht an, weil der Aufwand im Vergleich zum Honorar zu groß sei. Die Ärztinnen und Ärzte erhalten für das Nehmen des Rachenabstrichs mit Schutzausrüstung sowie ein Gespräch und die Dokumentation des Testergebnisses pauschal 15 Euro; dem Labor wird die Durchführung des PCR-Tests zusätzlich mit 50 Euro vergütet.
Ärger und Unmut in den Praxen
Erst die sechste angerufene Praxis war bereit und in der Lage, den Test durchzuführen. Dass es Probleme gibt, geht auch aus einem Schreiben hervor, das die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin am Dienstag an alle Praxen geschickt hat. Die aktuelle Situation sei „äußerst unbefriedigend“ und das „Durcheinander bei den Vorgaben“ sorge „für viel Ärger und Unmut in den Praxen“.
Solange die vorgesehenen Formulare nicht vorliegen, sollen andere manuell angepasst werden, schreibt die Ärzte-Organisation. Auch widerspreche die Vorgabe der Bundesregierung dem Ziel, „eine adäquate und kostendeckende Bezahlung für die Testungen“ zu erreichen. Trotzdem bittet die KV ihre Mitglieder, sich „angesichts der akuten Situation“ an den Tests zu beteiligen.
Weil der PCR-Test mehrere Stunden und in externen Laboren durchgeführt wird, vergehen meist ein bis zwei Tage, bis das Ergebnis beim Getesteten eintrifft. Bis dahin müssen sich die aus Risikogebieten Eingereisten in Quarantäne begeben.
Eine logistische Herausforderung
Das Nehmen des Abstrichs dauert dagegen nur wenige Sekunden. Trotzdem dürfte es für die Flughäfen eine große logistische Herausforderung werden, alle Reisenden aus den zahlreichen Risikoländern zu testen. An den freiwilligen Tests haben sich in Nordrhein-Westfalen nach Angaben von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am vergangenen Wochenende etwa 40 bis 50 Prozent der Reisenden beteiligt; auch dabei kam es schon zu Wartezeiten von bis zu zweieinhalb Stunden.
In Nordrhein-Westfalen sollen 2,5 Prozent der Tests bei Reiserückkehrern positiv ausgefallen sein. Die Quote ist damit fast dreimal so hoch wie zuletzt bei allen in Deutschland durchgeführten Tests. Eine Erklärung für diesen hohen Wert gab es zunächst nicht; auch das Robert-Koch-Institut hatte dazu nach eigenen Angaben keine Informationen. In Berlin war dagegen nur 1 Prozent der Getesteten positiv; in Hessen, wo mit Frankfurt der größte deutsche Flughafen liegt, lagen keine Ergebnisse vor.
Wie die Einhaltung der Testpflicht durchgeführt werden soll, ist derweil noch unklar. Denn bei Verbindungen mit Zwischenstopp ist am Flughafen ja gar nicht ersichtlich, von wo die Reisenden tatsächlich kommen. Aus dem Innenministerium hieß es dazu, es werde stichprobenartige Kontrollen geben. Noch schwieriger dürfte sich die Überprüfung bei Einreisen auf dem Landweg gestalten.
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