Chinas Haltung gegenüber Putins Krieg: Geheime Pläne in Samarkand
Die Protokolle der Treffen von Peking und Samarkand zeigen: China unterstützt den Krieg – hintenrum.
I m usbekischen Samarkand trafen sich Xi Jinping und Wladimir Putin Mitte September. Diesmal war von der Theatralik wenig zu spüren, die sie Anfang Februar in Peking aufgeführt hatten: eine gemeinsame politische Erklärung, in der Xi Putins vorgeplanten Aggressionskrieg gegen die Ukraine unterstützte, indem er Putins Argumentation gegen die Nato-Osterweiterung eins zu eins übernahm. Diesmal hingegen war Delikates anzumerken.
Putin zeigte, sichtlich zähneknirschend, „Verständnis für die balancierende Außenpolitik seines Freundes Xi“. Xi, offensichtlich peinlich berührt, blieb in der Öffentlichkeit einsilbig, und was die offiziellen Protokolle anging: Letztes Mal in Peking war es Putin gewesen, der noch in derselben Nacht, in der die Olympischen Winterspiele feierlich von beiden Staatsoberhäuptern eröffnet wurden, nach Moskau zurückeilte, um, das wissen wir inzwischen, seinen Krieg vorzubereiten, der am 24. Februar begann – zu dieser Zeit hieß es noch die „Sondermilitäraktion“.
Diesmal, in Smarkand, war Xi an der Reihe. Auch er verlor keine Zeit, wartete nicht einmal mehr das Abendessen ab mit allen teilnehmenden Staatsoberhäuptern aus Zentralasien, Iran und Indien. Xi eilte sofort nach Peking zurück. Was dann an weltverändernden Ereignissen in Peking passiert, müssen wir noch abwarten. Drei Tage später gab Putin jedenfalls bekannt, in den besetzten ukrainischen Gebieten Donbass, Luhansk, Cherson und Saporischschja Scheinreferenden zu deren Annexion in die Russische Föderation abzuhalten, gepaart mit einer Teilmobilmachung, um aus einer halbverschämten Sondermilitäraktion endgültig einen unverschämten Krieg zu machen.
Die Fragen liegen auf der Hand: Hatten sich Putin und Xi wie schon im Februar abgesprochen, war Peking auch diesmal Teil des Plans, zumindest für Insider? Wenn ja, was steht Xis China zur Verfügung, um Putins Russland zur Hilfe zu eilen?
Die letzte Frage ist heikel, wenn man sich Putins säuerliche Akzeptanz der „balancierenden Diplomatie“ Chinas ins Gedächtnis ruft: Offene militärische Unterstützung blieb, soweit man es beurteilen kann, aus. Finanzpolitische Schützenhilfe wie Bankgeschäfte um den Swift-Rauswurf russischer Staatsbanken herum, blieb sporadisch. Das bisschen mehr Öl und Gas, das China aus Russland bezog, um Moskaus Devisenmangel auszugleichen, fiel kaum ins Gewicht. Und Pekings Verzicht, Moskau auf internationalen Bühnen zu tadeln, entpuppt sich aus Sicht Putins als ebenfalls nicht der Rede wert: Wenn der Kremlchef schon einen offenen Krieg wagt, gar potenziell mit Atomwaffen, kommt es ihm dann darauf an, einen Kritiker mehr oder weniger bei den Vereinten Nationen in Kauf zu nehmen?
Die Kehrseite ist, um es auf Parteichinesisch auszudrücken: Chinas Flankierungen (ceying) bleiben elementar: Peking vereinbarte mit Moskau im August, Öl- und Gasgeschäfte in Rubel und Renminbi abzurechnen, eine merkliche Entlastung für Putins Kriegskasse. China hält sich sichtbar zurück, wenn es darum geht, Staaten in Zentralasien, wie Kasachstan, in ihrem Misstrauen Moskau gegenüber mit Geldgeschenken zu ermutigen. Gemeinsame Militärmanöver in großem Umfang im Japanischen Meer dienen nicht nur dazu, Russland von Störungen aus Fernost freizuhalten.
Bei Manövern bleibt eben nicht aus, dass chinesische Kampfgeräte wie gepanzerte Fahrzeuge, Raketen und Feinelektronik in russische Hände übergehen, um eine Abstimmung der Kampftaktik zu erproben. Ganz zu schweigen von Munition, die sich Moskau aus Nordkorea beschaffte. Es weiß allerdings jeder, dass große Teile hiervon chinesischen Fabrikats sind.
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