China-Strategie der Bundesregierung: Vorsicht bei Konfuzius
Die Ampel-Koalition warnt deutsche Hochschulen vor chinesischer Einflussnahme. Kooperationen mit Konfuzius-Instituten müssten auf den Prüfstand.
Das ist eine neuerliche Verschärfung im Ton. Oder, wie es DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee gegenüber der taz formuliert, eine Aufforderung, „wachsam zu sein und ihre Kooperationen in und mit China genauer zu prüfen“. Zwar ist den Hochschulen schon länger bekannt, wie stark der chinesische Staat in die Wissenschaftsfreiheit eingreift. Dennoch stand bei den Hochschulkooperationen beider Länder vor allem die positive Brücken-Funktion im Mittelpunkt.
Heute stehen besonders die sogenannten Konfuzius-Institute in der Kritik.Die Kultureinrichtungen sind meist direkt an der Partnerhochschule angesiedelt, werden jedoch vom chinesischen Bildungsministerium gelenkt. Das Unbehagen über diese Fernsteuerung hat bei einigen Hochschulen dazu geführt, die Kooperation mit ihren Konfuzius-Instituten zu beenden.
Die ersten Konfuzius-Institute in Deutschland wurden 2006 in Berlin und Nürnberg gegründet. 2019 räumte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion ein, dass im Vorjahr China einen entscheidenden ideologischen Schwenk vollzogen hatte: Es wurde der „Aufbau einer sozialistischen Kultur“ und die Unterstützung einer „Diplomatie chinesischer Prägung“ ins Zentrum der Arbeit der Institute gestellt. Dafür würde auch „ideologisch geschultes chinesisches Lehrpersonal ins Ausland entsandt“.
Bald darauf konnte der deutsche Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht 2020 bestätigen, dass „im akademischen Bereich die chinesischen Konfuzius-Institute bedeutsame Akteure auf dem Feld der Einflussnahme sind“. Auch die Bundesregierung beobachte das Wirken der Konfuzius-Institute an deutschen Hochschulen aufmerksam, teilte sie im April 2022 auf eine Anfrage der Unionsfraktion mit. Allerdings stellte sie auch klar: „Der Bundesregierung liegen derzeit keine Belege dafür vor, dass Konfuzius-Institute in Deutschland ein Einfallstor für Forschungsspionage oder Technologieabfluss darstellen.“
Doch die Reibungen nahmen ständig zu. Vor zwei Jahren verhinderte Peking eine Lesung des Buchs „Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt“ durch die Autoren Adrian Geiges und Stefan Aust am Leibniz-Konfuzius-Institut Hannover und am Konfuzius-Institut Metropole Ruhr in Duisburg. Auch die Aufführung der preisgekrönten Dokumentation „In the Name of Confucius“ über die wachsende globale Kontroverse um die Konfuzius-Institute sollte nach dem Willen der chinesischen Einrichtungen nicht stattfinden.
Manche Unis beendeten Kooperation
Die Leibniz-Universität Hannover beendete nach dem Buch-Konflikt ihre Kooperation mit dem Konfuzius-Institut. Auch an den Standorten Trier und Erfurt ging die Zusammenarbeit zu Ende. In Frankfurt am Main hat die Goethe-Universität ihren seit 2008 bestehenden Kooperationsvertrag mit dem Frankfurter Institut zwar nicht weiter verlängert. Aber sie will dessen Dienste, vor allem die chinesischen Sprachkurse für Angehörige der Universität, „anlassbezogen“ in Anspruch nehmen.
Andere Hochschulen hingegen sehen in der Kooperation bis heute kein Problem. In Leipzig etwa wird die seit 15 Jahren bestehende Zusammenarbeit zwischen Konfuzius-Institut und Uni fortgesetzt. Im Vertrag stünden keine Beschränkungen, über welche Themen das Institut sich äußern dürfe, erklärte der Sinologe und Leiter des Konfuzius-Instituts, Benjamin Creutzfeldt, gegenüber dem MDR. Selbst die Uni Duisburg-Essen, die wegen der unliebsamen Buchlesung den Einfluss Pekings zu spüren bekam, hat soeben einen neuen Vertrag mit dem Konfuzius-Institut für fünf Jahre abgeschlossen, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Dagegen plädiert Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) für ein härtere Gangart. Mit der Reise nach Taiwan im Frühjahr hat sie ihre Worte bekräftigt, gegenüber Peking „klare Kante“ zu zeigen. In Sachen Konfuzius-Institute lediglich Warnungen auszusprechen, sei nicht mehr sachgerecht. Konsequenzen seien nun gefordert, und die sieht sie in der Beendigung der Zusammenarbeit. „Es sollten noch mehr Hochschulen als bisher ihre Verbindungen zu den Konfuzius-Instituten kritisch hinterfragen“, sagte Stark-Watzinger.
Keine Naivität im akademischen Austausch
In abgeschwächter Form taucht diese Forderung in der China-Strategie auf. „Deutsche Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen sollen sicherstellen“, heißt es dort, „dass Kooperationen mit Konfuzius-Instituten und vergleichbaren chinesischen Partnern den Ansprüchen unseres Bildungs- und Wissenschaftssystems gerecht werden“. Das bedeutet: Keine Kungelei mit Gegnern der Wissenschaftsfreiheit. Und weiter: „Wir erwarten maximale Transparenz und Öffentlichkeit.“ Ein klarer Appell an die Wissenschaftsakteure.
Auch DAAD-Präsident Mukherjee mahnt: „Selbst wenn China ein wichtiger Kooperationspartner ist, so dürfen wir auch im akademischen Austausch nicht naiv sein“. Der chinesische Staat verfolge eine Agenda, die nicht immer deckungsgleich mit der unsrigen sei. In manchen Fachbereichen sind die Risiken aus seiner Sicht „klar angewachsen“. So seien manche Kooperation nicht mehr möglich, weil unklar ist, ob die Ergebnisse nicht militärisch genutzt werden. Ähnlich problematisch findet Mukherjee, wenn gemeinsame Forschungsergebnisse aufgrund einer „restriktiven Datengesetzgebung“ nicht mehr geteilt werden können – eine Weiterführung ergebe dann „keinen Sinn mehr“. Auch den Einfluss Pekings über die Konfuzius-Institute sieht der DAAD-Präsident kritisch. Allerdings hält Mukherjee nichts von einem pauschalen Verbot: „Hierbei ist es sehr von der jeweiligen Vertragsgestaltung abhängig, ob der chinesische Einfluss kritisch gesehen werden muss oder nicht“.
Eine ähnliche Position vertritt auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK). „Ein pauschales Verbot der Kooperation mit Konfuzius-Instituten scheint mir nicht sinnvoll, da dies der unterschiedlichen Lage vor Ort nicht gerecht würde“, sagt HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber der taz. In einigen Fällen sei die Kooperation beendet worden oder ruhe, in anderen Fällen sei der Vertrag neu verhandelt worden. „Die Entscheidungen der Hochschulen ist dabei Teil ihres autonomen Handelns und sollte diesen überlassen bleiben“, betont Rosenthal. Positiv sei der Schritt einiger Unis, ihren Kooperationsvertrag mit dem Konfuzius-Institut zu veröffentlichen. „Diese Art von Transparenz begrüße ich sehr“, so der HRK-Chef. Auf diese Weise würde für alle sichtbar, wie weit der Einfluss der schwierigen Partner aus China reicht – oder eben nicht.
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