Chefin des US Secret Service: Oberste Personenschützerin geopfert
Der Sicherheitsdienst von Barack Obama konnte zuletzt gleich zwei gefährliche Situationen nicht verhindern. Nun tritt Chefin Julia Pierson zurück.
WASHINGTON ap | Erst fuhr US-Präsident Barack Obama unwissentlich mit einem Bewaffneten im Aufzug, dann gelangte ein Zaunspringer am Sicherheitsdienst vorbei ins Weiße Haus: Diese Lücken im Schutz haben zum Rücktritt der Secret-Service-Chefin Julia Pierson geführt. Heimatschutzminister Jeh Johnson gab den Rückzug der Direktorin am Mittwoch in Washington bekannt, nachdem vor allem im US-Kongress über Parteigrenzen hinweg Forderungen nach einer Ablöse Piersons laut geworden waren.
Secret-Service-Direktorin Pierson diente seit 30 Jahren in der Behörde, rückte aber erst 2013 an deren Spitze. Obama sei nun jedoch „zu dem Schluss gekommen, dass eine neue Führung der Behörde erforderlich war“, teilte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, am Mittwochabend (Ortszeit) mit.
Aus Obamas Sicht lag Piersons Rücktritt in ihrem eigenen Interesse, wie es aus dem Weißen Haus hieß. Obama habe Pierson am Mittwoch angerufen und ihr für ihren Dienst gedankt. Übergangsweise soll der frühere Special Agent Joseph Clancy die Führung der Behörde übernehmen.
Hintergrund des Rücktritts sind zwei Vorfälle, die der für die Sicherheit des Präsidenten zuständige Secret Service nicht verhindert hatte: Am 19. September war es einem mit einem Messer bewaffneten Mann gelungen, über den Zaun des Weißen Hauses zu springen und in die streng bewachte US-Regierungszentrale vorzudringen. Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass drei Tage zuvor ein bewaffneter und mehrfach vorbestrafter Mann in einem Aufzug mit Obama fuhr und somit in die unmittelbare Nähe des Präsidenten gelangt war.
Dem eigenen Rausschmiss zuvorgekommen
Ein Beamter aus dem Weißen Haus sagte der Nachrichtenagentur AP, die Veröffentlichungen über die Aufzugsfahrt mit dem Bewaffneten bei einem Besuch bei der US-Seuchenschutzbehörde CDC in Atlanta hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. Obama sei über den Vorfall zuvor niemals in Kenntnis gesetzt worden. Obwohl Pierson ihren Rücktritt freiwillig angeboten habe, habe Obama selbst bereits erwägt, dass sie gehen sollte, sagte der Beamte.
Bei beiden Vorfällen passierte Obama nichts, doch wurden der Secret Service und Pierson heftig kritisiert. Ihm wäre nicht wohl, wenn Pierson im Amt bliebe, sagte der demokratische Abgeordnete Elijah Cummings wenige Stunden vor dem Rücktritt. Ähnlich äußerten sich der demokratische Senator Chuck Schumer und der republikanische Senator Lindsey Graham.
Vor allem bei dem Fall des 42-jährigen Zaunspringers aus Texas hatte es etliche Ungereimtheiten gegeben, unter anderem darüber, wie weit es der Eindringling in Wirklichkeit ins Weiße Haus geschafft hatte. Außerdem hieß es zunächst, der Eindringling sei unbewaffnet gewesen. Doch stellte sich später heraus, dass der Ex-Soldat ein Klappmesser bei sich getragen hatte. Zudem hatte er mehr als 800 Patronen, eine Machete und zwei Beile in seinem Auto.
Der 42-jährige Omar Gonzalez erschien am Mittwoch in einem typischen orangenen Gefangenen-Overall vor Gericht. Ihm wird illegales Betreten eines gesperrten Gebäudes, Tragen einer Waffe und gesetzeswidriger Besitz von Munition vorgeworfen. Sein Anwalt David Bos plädierte auf „nicht schuldig“ im Sinne der Anklage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken