Causa Rubiales: Loyalität unter mächtigen Männern
Der Umgang mit dem Fall Rubiales im deutschen Fußball ist dürftig. Kaum einer traut sich, etwas zu sagen. Das System ist das Problem.

N ach Amnesty International hat sich nun auch die UNO zum Fall Rubiales und seinem aufgezwungenen Kuss geäußert. Aber bevor dem Deutschen Fußball-Bund dazu etwas einfällt, würde vermutlich noch eher der Papst eine Grußbotschaft der Solidarität an die Betroffene Jennifer Hermoso verfassen. DFB-Präsident Bernd Neuendorf erklärte auf Nachfrage nur, er hätte nicht so gehandelt. Defensiver kann man mit der Angelegenheit kaum umgehen.
Internationale Spielerinnensolidarität gibt es zu Genüge. Auch die Frauen der deutschen Nationalelf haben in einem Statement des Mannschaftsrates Kritik am spanischen Präsidenten geübt. Die Unterstützung vom DFB oder den Vereinen ist jedoch bemerkenswert gering.
Karl-Heinz Rummenigge, der einerseits den deutschen Frauenmeister Bayern München repräsentiert, andererseits den deutschen Fußball im DFB zukunftsfähig machen soll, stufte Rubiales’ Verhalten als „absolut okay“ ein. Gestört hat sich daran bislang öffentlich noch kein Fußballfunktionär in den Vereinen oder beim DFB.
Warum? Eine schlüssige Erklärung dafür lieferte einer, der sich auskennt. Der ehemalige DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte, Rummenigge habe den Vorfall nicht verharmlosen wollen, sondern vielmehr seine Loyalität mit Rubiales zum Ausdruck gebracht. Beide säßen gemeinsam im Uefa-Exekutivkomitee. Rummenigge sei ein „loyaler Mann“. Grindel hat den Kern des Problems getroffen, nur leider nicht erfasst.
Lohnenswerte Kumpelei
Loyal hätte Rummenigge sich nämlich auch mit Hermoso und seinen FC-Bayern-Fußballerinnen zeigen können, um ein Zeichen gegen derlei sexuelle Übergriffigkeiten zu setzen. Außer öffentliches Ansehen hätte er damit allerdings nichts gewonnen. Die eine Hand wäscht die andere. In den männlichen Machtzirkeln des internationalen Fußballs macht sich Kumpelei bezahlt. Wenn bei künftigen Entscheidungen für eigene Mehrheiten geworben wird, kann eine solche Hilfe einmal Gold wert sein.
Das erklärt umgekehrt wiederum, weshalb Rummenigge bislang kaum attackiert wird. Die Fans des SC Freiburg stellten Rummenigge zwar vergangenen Spieltag mit Spruchbändern an den Pranger, die Klubverantwortlichen hüteten sich jedoch vor einer direkten Kritik. Für die Vereinsinteressen wäre es durchaus schädlich, Rummenigge als Gegner zu haben.
Der Fall Rubiales erzählt eben nicht nur viel über die Zustände im spanischen Fußballsverband, sondern auch jede Menge über die Machtstatik in den anderen Fußballverbänden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!