Casino-Affäre in Österreich: Inkompetent oder rechtsextrem
Postengeschacher, Bestechung, Amtsmissbrauch und Untreue: Es ist Zeit für Transparenzregelungen bei Postenvergaben in der Alpenrepublik.
Untersucht wird, ob dabei auch strafrechtlich relevante Absprachen getroffen wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in Richtung Bestechung, Amtsmissbrauch und Untreue. Im Anlassfall geht es um den 45-jährigen Peter Sidlo, der auf Drängen der FPÖ in den Vorstand der Casinos Austria AG gehievt wurde. Dort bezieht er ein stolzes Jahressalär von 350.000 Euro, das durch Boni noch verdoppelt wird. Bestehende Verträge mussten unter hohen Abschlagszahlungen gekündigt werden.
Sidlos Problem war, dass er die für den Posten geforderten Qualifikationen nicht annähernd mitbrachte. Als wahre Fundgrube für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft entpuppt sich dabei das im August im Rahmen der Ibiza-Ermittlungen beschlagnahmte Handy von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und dessen SMS und WhatsApp-Verkehr.
Da findet sich eine Nachricht von Sidlo, der seinen Chef auf einen Anruf des Personalrekrutierungsbüros vorbereitet: „Könnte sein, dass sich Egon Zehnder (Headhunter) bei dir meldet bzgl. Referenz für mich. Dann erzähl ihm halt, wie toll ich bin (Zwinker-Emoji)“. Strache braucht Orientierungshilfe: „Was soll ich ihm beruflich erzählen?“. Sidlo kann helfen: „Teamorientiert, werteorientiert, verbindlich, verlässlich, loyal“.
Ungeeigneter FPÖler
Offenbar ließ sich Zehnder davon nicht überzeugen: „Aufgrund seines mangelnden Track Records in einer breiten Finanzverantwortung […] würde er in den meisten Auswahlverfahren für eine entsprechende CFO-Position keine Berücksichtigung finden.“ Weniger geschraubt: Sidlo ist ungeeignet.
Diese Beurteilung wurde aber dem Vorstand bei der entscheidenden Sitzung nicht vorgelegt. Gewählt wurde Sidlo auf Vorschlag des privaten Glücksspielkonzerns Novomatic, der an der Casinos Austria AG mit 13 Prozent beteiligt ist. Der Vertreter der tschechischen Sazka-Gruppe – mit insgesamt 34 Prozent der Aktien größter Aktionär – enthielt sich der Stimme.
Warum Novomatic sich für einen FPÖ-Bezirksrat und Chef einer Investmentgesellschaft starkmachte, kann man auch aus Straches Chats ableiten. Es ging um das, was in den USA mit dem lateinischen Terminus Quid pro quo bezeichnet wird, also ein politisches Gegengeschäft. Die FPÖ – so der Verdacht der Ermittler – habe Novomatic die Gewährung zusätzlicher Lizenzen, etwa für Online-Gaming, versprochen.
Da kommt der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger ins Spiel, bei dem letzte Woche auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft mit einem Durchsuchungsbeschluss vorstellig wurde. Er hatte bereits 2018 einen Entwurf für die Novellierung des Glücksspielgesetzes in Begutachtung geschickt, mit der das Monopol der Casinos Austria einzementiert worden wäre.
Inkompetent oder rechtsextrem
Wenig später wurde der Entwurf – aufgrund eines „technischen Versehens“ – zurückgezogen. Hubert Fuchs, damals FPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium, machte sich als Ersatz an die Ausarbeitung eines Online-Gaming-Gesetzes.
Dass Löger eingebunden war, geht auch aus Straches Handy hervor. „Lieber Hartwig!“, lautet eine SMS vom 11. Februar 2019, „Herzlichen Dank für deine Unterstützung bezüglich CASAG!“ CASAG ist die Casinos Austria AG, die international Beteiligungen an Glücksspielunternehmen hält. Löger antwortete mit einem Daumen hoch.
In der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ am Sonntagabend sah Löger sich durch die SMS entlastet. Er sei davon irritiert gewesen und deutet seine knappe Antwort als „Gib a Ruh!“ Dass es einen Deal zwischen FPÖ und Novomatic gegeben habe, könne er zwar nicht ausschließen, dass er davon Kenntnis hatte, sehr wohl.
Transparenz bei Personalpolitik
Ganz aus der Affäre ziehen kann sich die ÖVP wohl kaum, denn jahrzehntelang hatte sie sich mit der SPÖ die Republik aufgeteilt. Postenschacher ist für sie daher kein Fremdwort. Anders als die FPÖ verfügen die Etablierten allerdings über qualifiziertes Personal. Die FPÖ-Leute sind entweder rechtsextrem oder inkompetent, manchmal beides.
Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich in der Casinos-Sache völlig unbeleckt gibt, verhandelt derzeit eine Koalition mit den Grünen, die immer schon gegen diese Art von Parteibuchwirtschaft aufgetreten sind. Ihrem Begehren nach mehr Transparenz bei Postenvergaben wird er sich angesichts der peinlichen Enthüllungen über die Personalpolitik der vergangenen Regierung schwer verschließen können.
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