Carolina Schwarz Mitarbeiter der Woche: Patrick Gensing
In der vergangenen Woche war auf Twitter immer wieder von #teamgensing zu lesen – eine Solidaritätsbekundung mit dem Journalisten Patrick Gensing. Dieser sah sich aufgrund seines Musikgeschmacks einem Shitstorm von rechts ausgesetzt. Ein Tweet kam auch von der stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden Beatrix von Storch.
Das alles wegen einer Geschmacksfrage?
Aber von vorn: Gensing ist Projektleiter des Onlineportals „faktenfinder“ von tagesschau.de. Das Portal soll falsche Behauptungen oder Halbwahrheiten aus dem Netz sammeln und richtigstellen. Thematisch arbeitet Gensing dabei schwerpunktmäßig zu Rechtsextremismus. Da er auch immer wieder Falschnachrichten, die auf rechten Blogs verbreitet werden, aufdeckt, gerät er immer wieder in das Blickfeld von Rechtspopulisten und -extremisten und wird von diesen angefeindet.
Im aktuellen Fall ging es nun aber nicht um eine Recherche, sondern um Beiträge auf seinem Twitter-Account oder in Blogs. Dort postete er gelegentlich Fotos von Konzerten und Albumkritiken der Band Feine Sahne Fischfilet. Die Punkband setzt sich stark gegen Rechtsextremismus ein, organisiert Konzerte und Kundgebungen und thematisiert das auch in ihren Liedern. 2011 wurden sie wegen ihrer „explizit anti-staatlichen Haltung“ im Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern erwähnt.
Der Account „Dora zwitschert“ hat nun in den letzten Tagen mehr als 20 Tweets über Gensing verfasst, indem er jahrealte Posts von ihm hervorholte und kommentierte. In der rechten Echokammer breiteten sich die Tweets schnell aus. Einige witterten gleich die ganz große Verschwörung, wie „die Antifa“ (also Gensing) den „Staatsfunk“ unterwandert. So weit nichts Neues.
Julian Reichelt, Chefredakteur der Bild, verschaffte der Diskussion jedoch eine zusätzliche Reichweite, indem er einen Tweet des Accounts „Dora zwitschert“ retweetete. Darauf hingewiesen, wen er da gerade retweetete, forderte Reichelt, dass Gensing trotz allem „seine Sicht“ auf Feine Sahne Fischfilet „erläutern“ solle. Warum auch immer.
Was bleibt, nach einer Woche Shitstorm bei Twitter? „Hier sind viele vernünftige Menschen unterwegs. Das macht Mut! Lasst Euch vom tobenden Hass nicht einschüchtern. Ich weiche auf jeden Fall nicht zurück“, schrieb Gensing. Gut so.
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