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CO2-Grenzwerte für LastwagenAmpel streitet über Lkw-Emissionen

Am Freitag sollte die EU über schärfere CO2-Werte für Busse und Lastwagen entscheiden. Weil die FDP blockiert, steht die Abstimmung auf dem Spiel.

Auspuffanlage eines älteren VW-Busses mit Rußablagerungen Foto: Eckhard Stengel/imago

Berlin taz | Der Streit um schärfere CO2-Grenzwerte für Lastwagenflotten in der Europäischen Union schwelt weiter. Bis Donnerstagnachmittag konnte die Bundesregierung keine Einigung über die Verschärfung erzielen. Am Mittwoch hatte die FDP überraschend erklärt, dass sie den mit allen EU-Instanzen abgestimmten aktuellen Kompromiss ablehnt. Daraufhin wurde die Entscheidung in der EU von Mittwoch auf Freitag verschoben – ob die Abstimmung stattfinden wird, war bis Redaktionsschluss unklar.

Im Januar hatte sich die EU nach langem Ringen auf einen Kompromiss bei den CO2-Standards für Lkws und Busse geeinigt: Neue Laster sollen ab 2040 90 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid ausstoßen als 2019, bis 2030 müssten 90 Prozent aller Busse in Stadtgebieten emis­sions­frei – also vorwiegend elektrisch – fahren.

Die restlichen 10 Prozent dürften weiterhin fossile Kraftstoffe tanken. Schwere Lkws machen nur 2 Prozent des EU-weiten Verkehrs aus, aber fast 30 Prozent der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor, so die Organisation Transport and Environment.

„Welchen Grund gibt es, dringend notwendige Reformen zu blockieren, die sogar von der Industrie unterstützt werden?“, kritisierte die grüne Europapolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg. Medienberichten zufolge wollen die Liberalen eine Anrechnung der sogenannten ­E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, auf die Flottengrenzwerte erreichen.

Wenn die FDP blockiert, muss sich Deutschland enthalten

Am Donnerstagvormittag hatte das Bundeskanzleramt ein Treffen einberufen, an dem auch Ver­tre­te­r:in­nen der Industrie teilnahmen. Laut Insidern sprachen sich Lkw-Hersteller wie Daimler klar für die neue Verordnung aus. Das Verkehrsministerium unter Volker Wissing (FDP) äußerte sich auf Anfrage der taz nicht. Wenn die Ampelregierung keine Einigung erzielen kann, muss sie sich enthalten. Das hätte die Wirkung einer Gegenstimme, die Verordnung würde zu scheitern ­drohen.

Das wolle jedoch nicht zuletzt die belgische EU-Ratspräsidentschaft vermeiden, hieß es am Donnerstag aus deutschen Regierungskreisen. Einigt sich die Koalition nicht, wird damit gerechnet, dass die Abstimmung erneut verschoben wird.

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11 Kommentare

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  • Die FDP hat verstanden, dass politische Konflikte zunehmend in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Ein Fortschritt, der sich als Rückschritt (Populismus) äußert, aber aufklärerisches Potential hat.

    Die Vogehensweise des Kanzlers, alle internen Konflikte unsichtbar zu machen, erinnert unwürdigerweise an das Kabinettsystem des Absolutismus. Es ist nachhaltig schädlich, dass R. Habeck – der offensichtlich mit aufklärerischen Absichten gestartet war – sich darin verwickeln lässt.

  • "...emis­sions­frei – also vorwiegend elektrisch..."



    Äh, ja. Dass dadurch der CO2-Ausstoß ungefähr 1:1 in den Stromsektor verlagert wird, ist doch ein Riesenfortschritt für's Klima.



    Einfach nur noch weltfremd.

  • Jede Eurostufe brachte bisher eine Erhöhung des Verbrauchs. AUCH durch grössere Motore, die nötig wurden um TROTZ aufwändiger Filterung die gleiche Leistung zu erreichen. PS: Falls mal eine Beule im Auspuff ist, muss man bedenken dass da der Hauptteil der Regelelektronik steckt, und zwingen komplette getauscht (4000 Euro) werden muss.

  • Also es hat so langsam einen Punkt erreicht, an dem man es einfach nicht mehr fassen kann, fast wöchentlich list man irgendwo in den Medien "die FDP blockiert....". Wie kann das sein, dass die immer und immer wieder damit durchkommen?

    • @PartyChampignons:

      Schlicht und ergreifend, weil die FDP ein vollkommen anderes Politikverständnis als die SPD und Grünen haben.



      Das wusste man aber bereits vorher.



      Die FDP möchte möglichst wenig Staat, dagegen wollen SPD und Grüne möglichst viel Staat.



      Das das nicht zusammenpasst, dass wusste man.



      Und ich finde es echt anstrengend, dass man der FDP nun vorwirft eine Politik zu betreiben, welche ihrem Politikverständnis entspricht. Eher sollten SPD und Grüne sich fragen, was man dachte wie die Regierung arbeiten wird. Dachten SPD Und Grüne sie können die FDP zum Kellner machen, wie einst die Grünen unter Schröder? Vermutlich!

      • @Walterismus:

        Ich werfe der FDP nicht vor, dass sie ihre Politik so betreibt, wie man es von ihr erwartet, ich verstehe nur nicht, wie sie gegen zwei andere Parteien, als schwächstes Glied in der Kette, mit den wenigsten Wählern damit durchkommen kann, das ist doch keine Demokratie mehr.

  • Und ich fasse die Aktivitäten der FDP in diesem Kontext aus den letzten Monaten mal zusammen: Gegen Klimaschutz (s.u., Verbrenner-Aus, Tempolimit, Gas- und Ölheizungen etc. pp.), gegen Transparenz des Marktes (→ Lieferkettengesetz), gegen Tierwohl, gegen das Einfangen der Explosion der Mieten.



    Und wir lernen: Fortschritt à la FDP ist, rückwärts zu gehen.

  • Unmachbar, unbezahlbar

    "bis 2030 müssten 90 Prozent aller Busse in Stadtgebieten emis­sions­frei – also vorwiegend elektrisch – fahren."

    Ein Elektrobus kostet ca. 550.000€. In Deutschland gibt es ca. 75.500 Kraftomnibusse = 41.5 Milliarden für E-Omnibusse + Ladestationen.



    Wenn das so durchgeht, dann kostet Busfahren bald das Dreifache.

    Wer also dafür ist, der muss auch sagen, wo das Geld herkommen soll.

  • SPD und Grüne, allen voran der Kanzler haben keinen Ar... in der Hose. Als Christian Schmidt CSU damals Glyphosat in der EU Abstimmung GEGEN den Willen des damaligen Koalitionspartners SPD einfach zugestimmt hat, ist nichts (!) passiert. Wenn diese unehrliche, mega-egoistische exPartei FDP immer und immer wieder bereits grundsätzliche Vereinbarungen torpediert, dann sollte man sich von solch unseriösen "Partnern" trennen. Die schaden mit ihren (noch) 6% dem Ansehen Deutschlands sehr erheblich - allein aus Eigennutz.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Dieses Chaos hält doch niemand mehr aus.



    Die FDP macht Deutschland in Europa zum Gespött. Wer will denn noch mit einem Land verhandeln, das scheinbar mehrere Regierungen hat?

  • Die Regierungsarbeit der Fahrt Doch Porsche Partei erinnert mich an Groucho Marx:

    What ever it is - I'm against it!

    Nur waren die Marx Brothers wenigstens lustig.