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CDU diskutiert Nord-Stream-PipelineMöglichst schnell wieder russisches Gas importieren

Mitglieder des CDU-Verhandlungsteams für den Koalitionsvertrag denken über russisches Gas nach. Die Grünen warnen davor, erneut in eine Falle zu tappen.

Anlass für die Debatte waren Berichte darüber, dass ein US-Investor Teile der Ostsee-Pipeline Nord Stream kaufen möchte Foto: Fabian Bimmer/Reuters

Berlin taz | Die Grünen verschärfen ihre Kritik an der Union, nachdem CDU-Politiker öffentlich über mögliche neue Gasimporte aus Russland gesprochen haben. „Während Wladimir Putin skrupellos in der Ukraine weiterbombt, denken offensichtlich einige Herren im Hintergrund schon wieder an gewissenlose Geschäftemacherei mit den Kriegsverbrechern im Kreml“, sagte die Außenpolitikerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger am Dienstag der taz.

„Union und SPD müssen die dringend überfällige Aufklärung in ihren eigenen Reihen hinsichtlich fragwürdiger Verbindungen nach Moskau endlich leisten“, sagte Brugger weiter.

Zuvor hatte am Montag Fraktionschefin Katharina Dröge die CDU davor gewarnt, „wieder in eine Falle“ zu laufen, „mit Ansage und wider besseres Wissen“. Andere Vertreter der Fraktion forderten personelle Konsequenzen für das Verhandlungsteam der Union zum schwarz-roten Koalitionsvertrag.

Anlass für die Debatte waren Berichte darüber, dass ein US-Investor Teile der Ostsee-Pipeline Nord Stream kaufen möchte und dass deren Inbetriebnahme Teil eines Ukraine-Deals zwischen den Präsidenten Donald Trump (USA) und Wladimir Putin (Russland) werden könnte.

„Natürlich“ könne wieder Gas fließen

„Wenn wieder Frieden herrscht und zw. #Russland und #Ukraine die Waffen zur Ruhe kommen (und hoffentlich wird das bald passieren), werden sich die Beziehungen normalisieren, die Embargos früher oder später zurückgehen und natürlich kann dann auch wieder #Gas fließen“, schrieb daraufhin der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß, der in den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Verkehr sitzt, auf der Internet-Plattform LinkedIn.

Ähnlich äußerte sich Jan Heinisch, CDU-Fraktionsvize im Landtag von Nordrhein-Westfalen und in den Koalitionsverhandlungen mit zuständig für Klima und Energie. „Wenn eines Tages ein gerechter und sicherer Frieden gefunden ist, dann muss man auch wieder über den Kauf russischen Gases sprechen dürfen“, sagte er in einem Politico-Newsletter.

Das ging sogar Teilen der SPD zu weit, die vor dem Jahr 2022 und dem erneuten russischen Überfall auf die Ukraine die deutsch-russischen Gasgeschäfte vorangetrieben hatten. „Russland hat massiv eine rote Linie überschritten mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine. Damit ist der ganze Frieden in Europa bedroht. Und ich glaube, deswegen sollte man in diesen Zeiten solche Signale auf gar keinen Fall senden“, sagte Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, wo die Nord-Stream-Pipeline anlandet.

Seit 2022 außer Betrieb

Seit 2011 floss Gas über die Verbindung Nord Stream 1 nach Deutschland. Die Pipeline Nord Stream 2 wurde 2021 fertiggestellt, die Bundesregierung stoppte ihre Inbetriebnahme im Anschluss aber, als sich der russische Angriff auf die Ukraine abzeichnete. Im Laufe der folgenden Monate kappte Russland die Lieferungen durch die bestehende Pipeline.

Im September 2022 wurden schließlich drei der vier Leitungen gesprengt. Die Behörden ermitteln wegen des mutmaßlichen Anschlags gegen Verdächtige aus der Ukraine.

Schon Jahre zuvor gab es Kritik an der Pipeline unter anderem aus östlichen EU-Mitgliedstaaten, die vor Abhängigkeiten warnten und das Projekt früh als Sicherheitsrisiko bezeichneten.

Grüne sieht Schaden für Klima und Sicherheit

„Mühsam musste die letzte Bundesregierung das verspielte Vertrauen bei wichtigen Partnern wieder zurückgewinnen“, sagt die Grünen-Politikerin Brugger jetzt. „Friedrich Merz und Lars Klingbeil ducken sich weg, statt eine fatale Kehrtwende klar auszuschließen. Sie nehmen in Kauf, dass unsere Freunde im Osten Europas einmal mehr an Deutschlands Zuverlässigkeit zweifeln und verzweifeln.“

Wer sich jetzt wieder in Putins Abhängigkeit begeben wolle, schade dem Land. „Saubere heimische Energien“ seien ein Beitrag zu Klimaschutz und Sicherheit. „Fossile Abhängigkeiten von Autokraten füllen ihre Kriegskassen, machen uns erpressbar und zerstören unsere Natur“, sagte Brugger.

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11 Kommentare

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  • OK, also Nord Stream. Artikel wie Kommentare sehr erwartbar. Ein paar Anmerkungen:



    Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Dafür ist es eines der Länder, die am meisten von allem verbrauchen. Das bedeutet, dass nahezu alles an Rohstoffen importiert werden muss. Und jetzt eine bittere Wahrheit: Wer so viel verbraucht wie D., der kann gar nicht auf die größten Exportländer verzichten, selbst wenn er es will! Die verschlungenen Wege auf denen Güter trotz Sanktionen in D. ankamen, verdeutlichen das sehr gut. Ist aserb. oder katar. Gas eigentlich moralischer (oder verlässlicher?) als russisches? Oder ist die Abhängigkeit eine andere wenn sie von einem anderen Staat abhängt? Ein US Investor will also Nord-Stream kaufen (für e. lächerliche Summe übrigens) - warum wohl? Wenn die EU nicht handelt, und die EU wird nicht handeln, prophezeie ich folgendes: D. und die EU werden bald russ. Gas gebührenpflichtig über eine US Pipeline kaufen. Was das dann für die Souveränität der Versorgung bedeutet, das könnte man antizipieren. Könnte. Wenn man nicht versuchte in einer Traumwelt zu leben, in der die Formulierung von Interessen als irgendwie "unanständig" betrachtet wird.

  • Empfehle allen, vorallem CDU Politikern, das Buch von Ulrich Thiele und Steffen Dobbert „Nordstream".



    Kann man dann ja als E-Book im Bundestag schmökern, wenn die AfD pöpelt oder die Redezeit überzieht.

  • Die EU muss 800 Milliarden zum Schutz vor Russland investieren. Und einige CDU Politiker wollen doch tatsächlich die Fehler aus der Vergangenheit wiederholen und dem Aggressor die Aufrüstung finanzieren. Appeasement hat bei imperialistischen Diktatoren alles nur schlimmer gemacht.

    Ich habe dazu ein gutes Zitat von Riho Terras gefunden:



    "Billiges Gas aus Russland hat Deutschland süchtig gemacht.



    Die Abhängigkeit von russischer Energie kann man mit der Situation vergleichen, sich an einem kalten Wintertag in die Hose zu pinkeln: Für eine Sekunde wird es warm, aber danach wird es gefährlich."

  • Typisch CDU. Es war vor allem die CDU, die sich vor einigen Jahren als größter Ukraineunterstützer aufgespielt hat um auf niederträchtigste gegen die Ampel zu hetzen und die Friedensbewegung zu verunglimpfen. Jetzt will die CDU plötzlich doch wieder russisches Gas, hauptsächlich weil man sich aus ideologischen Gründen weigert, in in Deutschland produzierte Energien zu investieren. Dann müsste man nämlich in erneuerbare Energien investieren, unser Wind, unser Wasser und unsere Sinnenstrahlen kann uns kein Despot vorenthalten.

  • Es ist schon erstaunlich, wie wenig der CDU an Deutschland liegt. Die Abhängigkeit von anderen Ländern müsste massiv verringert werden. Aber das ist natürlich hinderlich auf dem Weg zu schnellen Quartalsgewinnen.

    Dann eben das gleiche Spiel wieder in ein paar Jahren oder Jahrzehnten. Hauptsache Nix gelernt und alles ignoriert.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Es ist schon enttäuschend, wenn man die neuen Aussagen einiger CDU Politiker zu russischem Gas hört. Mir ist unklar, was für eine Art Frieden diese Leute meinen. Nur ein Waffenstillstand kann es ja wohl nicht sein. Ich hoffe, dass die Inbetriebnahme von Nord Stream bei den Koalitionsverhandlungen ausgeschlossen wird.

  • Jan Heinisch: „Wenn eines Tages ein gerechter und sicherer Frieden gefunden ist, dann muss man auch wieder über den Kauf russischen Gases sprechen dürfen“



    Darum macht er es jetzt schonmal, um zu zeigen dass ihm der Krieg egal ist.



    Wow, Antworten aus der Vergangenheit für die Zukunft. Ich glaube ja noch nichtmal, dass sie schon vergessen haben wie Russland die BRD mit leeren Speichern im Winter erpressen wollte. Das ist denen nur egal. Berichten zufolge haben die Ukrainer ja schon die Merkel CDU gewarnt, dass Nordstream hauptsächlich dazu dient die Ukraine als Pipelinebetreiber auszuschalten und so besser überfallen zu können. Aber Merkel hat das leider nicht interessiert. Dazu kommt noch Schröder und diverse Gestalten aus der Spd welche professionelle Distanz vermissen lassen. BSW und die Nazis muss man wohl nicht erwähnen.

    • @Genosse Luzifer:

      Auch wenn ich die Grünen für ihre lasche Haltung bei Islamismus und Antisemitismus kritisiere, muss man ihnen zugute halten, dass sie als einzige Partei immer klare Kante gegen Russland gezeigt haben. Sie waren gegen Nord Stream 2, weil sie das Gefahrenpotenzial erkannt haben und Robert Habeck wollte der Ukraine 2021 als erster Medivacs, Minenräumgeräte und Drohnenabwehr bereitstellen. Das haben alle anderen Parteien abgelehnt.

  • Es geht ja nicht darum wieder 50% des Gasverbrauches in Russland zu beziehen. Wenn dieser schreckliche Krieg vorbei ist, wenn Russland irgendwie wieder normal wird (mit oder ohne Putin), dann kann man doch getrost 10% des Gases von dort beziehen. Mehr würde ich nicht vereinbaren.



    Aber das dürfte noch 20-30 Jahre dauern, wenn überhaupt.

    • @Der Cleo Patra:

      Was heißt denn normal? Dafür müsste Russland erst mal seine Schuld anerkennen, die besetzten Gebiete und die entführten Kinder zurückgeben und für die Schäden an Infrastruktur, Mensch und Umwelt aufkommen.

  • "Die Kapitalisten werden uns noch den Strick verkaufen, mit dem wir sie aufknüpfen." Lenin (angeblich)