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CDU Niedersachsen will alles beackernÖkologie wird nachrangig

Weil die Versorgungssicherheit bedroht sei, möchte die CDU alle landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaften. Der Artenschutz steht hintenan.

Gut für Bienen und anderes Getier: ein Blühstreifen bei Hannover Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Bremen taz | Ginge es nach der CDU in Niedersachsen, dürften ab sofort alle landwirtschaftlichen Brachflächen beackert werden – egal ob für Tank, Teller oder Tiere. Auch jene, die als ökologische Vorrangflächen eigentlich gerade nicht intensiv bepflanzt werden sollen, damit sich die Böden erholen und sich Tiere wieder ausbreiten können. Ein Kniff, um der Umwelt dabei zu helfen, uns Menschen weiter auszuhalten.

Die CDU würde dort gern auch allerlei Pestizide erlauben. Der Grund: Der Krieg in der Ukraine bedrohe die Versorgungssicherheit. Das sagte Bernd Althusmann, CDU-Chef und Wirtschaftsminister in Niedersachsen, Anfang der Woche der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).

Es stimmt, die Preise steigen, sowohl für Lebensmittel als auch für Tierfutter. Die Lösung der CDU ist naheliegend, aber alles andere als nachhaltig: Ein Anheizen des Artensterbens hilft niemandem auf diesem Planeten langfristig.

Auch Kunstdünger, der mit russischem Gas produziert wird, ist teurer geworden. Den dann auf diesen ökologischen Vorrangflächen zu verteilen, ist also nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer – auch da hinkt der Vorschlag der CDU, die damit allerdings nicht allein ist.

Bundesminister Özdemir reizt EU-Vorgabe nicht aus

Die EU-Kommission vertagte Ende März die Entscheidung, nach welcher der Pestizideinsatz bis 2030 halbiert werden sollte und erlaubte stattdessen, auch auf Vorrangflächen in diesem Jahr alles anzubauen, was das Bäue­r:in­nen­herz begehrt. Und das mithilfe aller in der EU erlaubten Pestizide. Diese Vorrangflächen machen bei Betrieben mit mehr als 15 Hektar fünf Prozent aus.

Bereits direkt nach der Entscheidung der EU-Kommission hatte die CDU aus dem Agrarland Niedersachsen gefordert, die neuen Möglichkeiten genau so auszureizen. Doch der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wollte das nicht: Lediglich für den Anbau von Futtermitteln und das Weiden von Tieren sollen die Öko-Flächen im kommenden Sommer dienen – ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Ein anderer Ansatz wäre, das Futter direkt in menschliche Mägen wandern zu lassen

„Unverständlich“ fand die CDU das. „Dieses kurzsichtige Vorgehen wird den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht“, sagte Althusmann in seiner Erklärung. „Dabei stellen wir ökologische Verpflichtungen keineswegs infrage. Wir behalten die langfristigen Ziele für Umwelt und Nachhaltigkeit weiterhin fest im Blick“, versicherte er zugleich.

Jetzt legte er in der NOZ nach und forderte von der Bundesregierung, den Land­wir­t:in­nen „endlich“ zu erlauben, „alle landwirtschaftlichen Kulturen“ anzubauen. Seine Klientel scheint ihm mächtig Druck zu machen.

Ein anderer Ansatz wäre, das angebaute „Futter“ direkt in menschliche Mägen wandern zu lassen – und nicht in Tiere oder Autos. Der Vorteil dieses Weges: Er ist vereinbar mit dem Systemwandel in der Landwirtschaft, der ohnehin bevorsteht.

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5 Kommentare

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  • So ist es nun einmal bei Klientel-Parteien wie CDU, CSU und FDP.



    Jede sich bietende Gelegenheit (leider wird hierzu auch der Ukraine-Krieg instrumentalisiert) wird genutzt, um sinnvolle Entscheidungen der Vergangenheit wieder zu atomisieren.



    Fracking = höchst umweltschädigend wird von Söder angeregt (Vorteil: In Bayern gibts keine Vorkommen !),



    Vorrangflächen, die Insektek und Bienen helfen, sollen genutzt und mit Pestiziden verseucht werden, etc.



    Das "Positive" daran ist die "Vorbereitung" eines gigantischen Billiglohn-Arbeitsmarktes, wenn mangels Bienen und Insekten die Obstbäume ... künftig von Menchen bestäubt werden müssen (wie bereits in China ... zusehen ist).



    Hauptsache, wir können weiterhin Schweine etc, exportieren und lokale Märkte auf anderen Kontinenten damit ruinieren.



    Der CDU... würde ein wenig gesunder Menschenverstand und Weitsicht mal gut tun.

    • @Thüringer:

      WIESO ist dann China der größte Erzeuger von Honig auf diesem Planeten ??



      www.weltexporte.de/honig-exporte/

      • @Günter Witte:

        Quantität statt Qualität - der chinesische Exporthonig ist mit Zucker und Wasser gestreckt. Außerdem fällt er immer wieder durch zu hohe Pestiziedgehalte auf.

        • @Hierse Friedemann:

          Wenn Honig aus China wirklich so schlecht ist, WARUM darf er dann überhaupt Importiert werden ??



          Aber wenn man sich die Liste ( de.statista.com/st...portierten-honigs/ ) der größten Honig Lieferländer für Deutschland anschaut, für wem würden Sie ihre Hand ins Feuer legen ?

  • Bis vor kurzer Zeit glaubte ich noch, die CDU könne sich nicht leisten, Naturschutz Biodiversitätsschutz und andere drängende ökologische Probleme zu vernachlässigen. Ich hielt das Thema Landwirtschaft und Artensterben für eines, das selbst in der CDU mehr Aufmerksamkeit verdient und auch bekommt. Nun zeigt sich, dass diese Partei nicht zu reformieren ist - alte Verhaltensweisen und die Abhängigkeit vom Agarsektor scheinen nicht überwindbar zu sein. Dabei solltet Ihr, liebe CDU Politiker und Anhänger, Euch mal klar machen, dass nicht zuletzt durch Eure Landwirtschaftspolitik eh immer weniger Landwirte existieren. Somit nimmt deren Bedeutung als Wählerklientel ab; auf lange Sicht selbst in Niedersachsen. Liebe CDU, wenn ich Euren Untergang beschleunigen könnte, würde ich es tun! Wir benötigen eine lebensbejahende, zukunftsorientierte Politik, welche die Realitäten anerkennt: Eine intakte Natur mit einer artenreichen Landschaft ist ebenso wichtig wie eine langfristig funktionierende, landwirtschaftliche Produktion. Unsere Landschaft ist dagegen keine industrielle Produktionsstätte für Fleischberge und Biotreibstoffe.