CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff: Öffentlich-Rechtlicher Schreck
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff schimpft gern gegen ARD und ZDF. Dabei hat er mitunter Recht.
Ganz viele Menschen im Osten haben es sich zur Gewohnheit gemacht, sich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht repräsentiert zu fühlen“. Diesen Satz hat Gebrauchsphilsosoph Richard David Precht neulich bei der Tagung „Öffentlich-Rechtliche im Brennpunkt“ an der Evangelischen Akademie Tutzing gesagt. In Tutzing darf nämlich alles gesagt werden. Auf Reiner Haseloff, den CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, trifft der Satz auch zu. Haseloff hat ohnehin den Ruf als Öffentlich-Rechtlicher Schreck und spricht dessen vermeintliche Fehler offen an. Er wirft ARD und ZDF gerne mal vor, dass sie immer noch „Westfernsehen“ sind. 2020 blockierte sein Bundesland die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Sie wurde dann im Nachgang vom Bundesverfassungsgericht angeordnet.
Haseloff war auch in Tutzing. Seit einem halben Jahr geht es ihm in der Debatte um die Öffentlich-Rechtlichen wieder gut. Er ist nicht mehr Enemy Number One, sondern bekommt immer öfter Recht. Reformen tun Not, die alte Form der Beitragsfestsetzung wird brüchig. Wenn sich die Anstalten nicht am Riemen reißen, wird die nächste Erhöhung nicht nur in (s)einem Bundesland scheitern. Haseloff stellte in Tutzing auch gleich die „autokratische Intendantenphilosophie“ zur Diskussion. Worauf ARD-Chef Kai Gniffke fast vor Lachen vom Stuhl fiel und zur Sisyphusarbeit im Intendant*innenstadl meinte, „wenn ich nachts nicht in den Schlaf finde, wünsche ich mir manchmal, ich wäre Autokrat.“
Schwer zu greifen
Haseloff, studierter Physiker aus Lutherstadt-Wittenberg, nagelte noch mehr Thesen an die Akademie-Tür. „Wenn ein System nicht mehr die Akzeptanz bei denen hat, für die es da ist und die einfach nicht mehr mitmachen“, könne auch die schönste Autokratie einpacken. Und damit meinte Haseloff nicht nur die DDR, sondern auch die Öffentlich-Rechtlichen.
Damit hat er genauso Recht wie mit der Intendantenmacht und dem dialektischen Satz, dass es „ohne Öffentlich-Rechtliche keine Demokratie gibt“. Weshalb Haseloff streng genommen der beste Freund von ARD und ZDF ist. Auch wenn er sie nach seiner Sicht bei zwei von drei Wahlkämpfen gegen sich hatte. Dabei sei er „linker als so mancher SPD-Kollege“, sagte der CDU-Mann. Und findet deshalb auch, dass der ZDF-Verwaltungsrat „ein bisschen nach rechts gerutscht“ ist, weil da Markus Söder gegen Winfried Kretschmann ausgetauscht wurde. Parteipolitisch ist Haseloff schwer zu greifen. Ein Vasall der CDU-Medienpolitik ist er ohnehin nicht. Die Partei hat nämlich gar keine. „Hallo lieber Autor, was ist denn jetzt das Neue?“, fragt die Mitbewohnerin. „Oder wolltest du nur schreiben: Schön, dass Haselhoff so ne nette Performance macht?“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden