Instagram-Video von funk: Taktlose „Fun Facts“
In einem vielkritisierten Video macht sich funk über die ungarische Sprache und Kultur lustig. Dabei zeigt sich ein grundlegendes Problem des Formats.
U nd wieder mal haut funk daneben. Die Internetplattform, mit der ARD und ZDF junge Leute zwischen 14 und 29 gezielt ansprechen wollen, veröffentlichte am Sonntagabend ein Video, das unter den Zuschauer:innen für Empörung sorgte. In rund 75 Sekunden trägt der Sprecher vermeintlich unterhaltsame Fakten über Ungarn vor und macht sich dabei über die ungarische Sprache und Kultur lustig. Dass taktlose und latent rassistische „Fun Facts“ 14- bis 29-Jährige nicht unbedingt ansprechen, ist an der Reaktion des Publikums auf Instagram zu sehen. Dort zeigt man sich entsetzt und empört über den herablassenden Ton des Videos.
Zu Beginn zeigt sich der Sprecher überrascht, dass es Ungarn überhaupt gibt, scheint es gerade erst auf der Landkarte entdeckt zu haben. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, ein Informationsvideo zu produzieren. Weiter wird von der vermeintlich lustigen Namensgebung der ungarischen Hauptstadt Budapest erzählt, die sich aus den Ortsteilen Buda und Pest ergibt. Allgemein scheint der Sprecher die ungarische Sprache extrem komisch zu finden, spricht von den „lustigen Strichen“ mit denen die ungarischen Wörter dekoriert seien. Große Mühe, ungarische Wörter richtig auszusprechen, gibt er sich dagegen nicht, macht sich bewusst einen Spaß aus falscher Aussprache.
Es folgen wenig erhellende und irritierende Wortspiele à la „Ungarn mit Umhang umarme man umgehend“. Mit viel gutem Willen lässt sich das natürlich als kreativer Umgang mit dem Bildungsauftrag des ÖRR interpretieren. „Was gibts sonst noch in Ungarn?“ fragt der Sprecher dann weiter, eine plakative Auswahl dreier Sehenswürdigkeiten folgt: Eine Kirche, ein altes Dorf und das Paprika- Museum sind aus Sicht der Macher scheinbar alles, was das osteuropäische Land zu bieten hat. Untermalt wird das Ganze mit einem Country-Song, der die Parallele zum Bundesstaat Wyoming darstellen soll: Weder der US-Bundesstaat noch Ungarn haben einen Zugang zum Meer.
Beispielhaft zeigt sich an dem Video ein grundlegendes Problem des jungen öffentlich-rechtlichen Formats, das Social-Media-Kanäle von Facebook bis Snapchat bespielt: funk muss einen Drahtseilakt zwischen Reichweite und seriösem Journalismus vollführen. Zum Auftrag des ÖRR gehört es zu unterhalten und zur politischen Meinungsbildung beizutragen. In den Augen vieler User:innen ist das hier misslungen. „Das Video ist weder groß lustig, noch sehr informativ“, schreibt eine Nutzerin in den Kommentaren, andere sprechen von Rassismus und fordern funk auf, das Video zu löschen.
Social Media als Informationsquelle
Dabei ist die Verantwortung von funk groß: Laut einer Studie der Medienanstalten aus dem Jahr 2022 nutzen zwei Drittel aller Jugendlichen Social Media wie funk als Informationsquelle, ein Drittel sogar hauptsächlich. Gleichzeitig sind junge Menschen gerade im Netz immer häufiger Falschinformation und Populismus ausgesetzt. Fraglich ist, ob Formate, die mit Satire und Infotainment arbeiten und dabei Vorurteile bedienen, dem etwas entgegensetzen können.
Auf Anfrage der taz teilt funk mit, man habe mit dem Video Menschen erreichen wollen, die sich mit Ungarn bisher kaum beschäftigt hätten, eine humoristische Verarbeitung von Themen sei dabei das Ziel. Das Video zu löschen sei nicht geplant, ein Statement dazu ebensowenig.
Über Humor lässt sich bekanntlich streiten. Grundsätzlich sollten junge Formate des ÖRR jungen Menschen aber mehr zutrauen und vielleicht an ihrer Humorkompetenz arbeiten. Denn nicht jeder Gag, der Klickzahlen generiert, ist ein guter Gag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben