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CDU-Hamburg attackiert Grüne scharfRechtsruck mit einem Lächeln

Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß übt Wahlkampf. Deshalb wiederbelebt er alte Ressentiments gegen die Grünen. Das erfreut in seiner Partei nicht jeden.

Will grüne „Ideologie“ bekämpfen: Hamburgs CDU-Vorsitzender Christoph Ploß Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Hamburg taz | Christoph Ploß hat ein Wahlkampfthema entdeckt: Die Verbotspartei der Grünen wolle Enteignung. Aber das werde er, der Hamburger CDU-Chef, der Partei keinesfalls durchgehen lassen. „Die Grünen wollen die Freiheit von immer mehr Bürgern einschränken – ich bin nicht bereit, das hinzunehmen und werde als Landesvorsitzender der Hamburger CDU gegen diese Ideologie kämpfen“, verspricht der Bundestagsabgeordnete den Le­se­r*in­nen der Bild-Zeitung.

Die Kampfansage des 35-Jährigen mit dem Milchbubi-Gesicht bezieht sich darauf, dass der Bezirk Nord, Ploß' Wahlkreis, in neuen Bebauungsplänen keinen Raum für Einfamilienhäuser vorsieht. Die im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschriebene Regelung, die auch die Unternehmen der Wohnungswirtschaft begrüßen, ist nicht neu. Sie eignet sich aber hervorragend für Wahlkampfzwecke, seit der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, das Eigenheimthema in einem Interview im Spiegel auf die nationale Ebene gehoben hat.

Der Fraktionschef der Grünen in der Bürgerschaft, Dominik Lorenzen, konterte sofort auf Twitter: „Grüne als Einfamilienhaus-Verbotspartei: Der feuchte Traum konservativer Kampagnenmacher. Von lästigen Fakten darf man sich dabei nicht stören lassen.“ Worauf Lorenzen anspielt: In vielen Städten der Republik hat sich auch die CDU vehement gegen weiteren Eigenheimbau ausgesprochen, um die weitere Zersiedlung von Städten und Gemeinden zu stoppen. Und selbst die Eimsbüttler grün-schwarze Koalition, die einzige in Hamburg, schrieb in ihren Koalitionsvertrag, sie werde dafür sorgen, dass im Bezirk „diverse Bebauungspläne, die derzeit noch Einzelhausbebauung vorsehen, aktiv verändert werden“ – in Richtung mehrgeschossiger Wohnungsbau.

Dass Ploß den eigenen Bezirkskollegen in die Parade fährt, stört ihn ebensowenig wie dass er mit einer Strategie, wie Flächeneffizienz und massiver Wohnungsbau in Zeiten knapper Grundstücke mit neuen Eigenheimen bewerkstelligt werden soll, nicht aufwarten kann – das wäre auch viel zu faktenlastig. Stattdessen recycelt er in der Bild anlasslos noch einmal einen Uraltvorwurf: „Zahlreiche Grüne hofieren die Antifa und verharmlosen Linksextremismus.“

Mit Uraltvorwürfen grenzt sich Ploß von den Grünen ab

Neben dem Antifaschismus hat der glühende Fan von Friedrich Merz auch noch die grünen Aktivitäten gegen den Klimawandel auf dem Kieker, wirft ihnen „Gängelung und staatliche Bevormundung“ vor: „Dies spiegeln Fahrverbote in Deutschlands Großstädten oder die Forderung von Grünen-Politikern, Flugreisen von Deutschen einzuschränken“. Kein Wunder, dass der Anti-Umweltpolitiker Ploß in der Bild eine schwarz-grüne Koalition mit der Parole „CDU und Grüne – das passt nicht zusammen“ vehement ablehnt und damit auch noch den Wahlkampfstrategen aus dem Konrad-Adenauer-Haus mächtig gegen das Schienbein tritt.

Ploß' Gepolter markiert eine Kehrtwende. Seit CDU-Bürgermeister Ole von Beust 2008 mit den Grünen in Hamburg eine Koalition einging, gilt die Hansestadt als Vorreiter schwarz-grüner Bündnisse. Und auch die letzten Hamburger CDU-Spitzenkandidaten Dietrich Wersich und Marcus Weinberg galten als grün-affin, wollten die CDU zur liberalen und ökologisch ambitionierten Großstadtpartei formen – fuhren aber schlechte Bürgerschafts-Wahlergebnisse ein. Mit ihrem neuen Leader Ploß belebt die Hamburger CDU nun nicht nur antigrüne Ressentiments wieder, sondern auch ihr rechtskonservatives Profil.

Das gefällt in der Partei längst nicht allen. Und so löst die Attacke des Chefs im eigenen Laden nur beredtes Schweigen aus. Niemand aus der Partei mag Ploß kraftvoll beispringen, im Gegenteil. Hinter vorgehaltener Hand ist in Parteikreisen „von einer unabgestimmten Meinungsäußerung“ des Parteichefs die Rede, die „in der Hamburger CDU sicher nicht Konsens“ ist.

Das Tischtuch mit den Grünen ist jedenfalls erst mal zerschnitten. So springt auch der grundsätzlich einer Koalition mit der CDU nicht abgeneigte Lorenzen auf den von Ploß in Gang gesetzten Zug gegenseitiger Abneigung auf: „Ploß will kein Schwarz-Grün. Mit Leuten wie Ploß will ich das auch nicht!“

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7 Kommentare

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  • Christoph Ploß:



    Wikipedia: Christoph Johannes Ploß ist ein deutscher Politiker (CDU) und Historiker. Seit der Bundestagswahl 2017 ist er Mitglied des Bundestages und seit September 2020 Vorsitzender der CDU Hamburg. Zudem ist er Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Hamburg-Nord.

    Dessen Absonderungen kann man hier hören: Bundestagsdebatte zum Cannabiskontrollgesetz am 29.10.20 (Spielzeit 1:05:40): youtu.be/iFjXyE8ied8?t=3940

    [An der Stelle muss man sich trauriges Geigengefiedel vorstellen, dass macht den Vortrag erträglicher]



    Da drückt er auf die Tränendrüse und erzählt 2020 dem Bundestag voller Verzweiflung und Dramaturgie, dass wir ja gerade Corona haben und das sich viele Unternehmer gerade fragen wie es weitergehen soll und sich viele um ihren Arbeitsplatz sorgen machen [...] um dann zu sagen:

    "...und was macht die Partei Die Linke? Sie sagt, dass wichtigste Thema, das ist in diesen Tagen die Gleichstellung von cannabiskonsumierenden Autofahrern und -fahrerinnen, meine Damen und Herren."

    Um dann sofort wieder auf Corona zu lenken, das "im Moment ja viele [Menschen] bewegt." Die Botschaft ist: Da müssen wir jetzt doch nicht über Cannabislegalisierung sprechen.

    Ja klar, Herr Ploß. Er hat offenbar nicht mitbekommen dass über das Thema Cannabis schon seit Jahrzehnten diskutiert wird. Und Cannabis und Auto ist nur einer von vielen Bereichen. Ein sehr kontroverser, was ihm natürlich Recht ist. Es gibt immer, egal wann, einen oder eine, der mit den Augen rollt und sagt: "Cannabis? Ach komm - es gibt wichtigeres". Hauptsache schnell weg von dem Thema.

  • Es zeigt sich dass wieder einmal die Grünen mit dem Eigenheimthema die Kohlen aus dem Feuer hohlen und die wirklich heißen bedeutsamen Themen anfassen.

    Gut so! Weiter so! SPD und Linkspartei snd da zu luschig und spiesig.

  • Ploß gehört einer Partei an, für die man inzwischen Kerzen in der Kirche anzünden muss, die HH-CDU schwächelt derart ... Es fehlen denen mehr als nur Themen.

    Dass sie nun bei AfD-Wählern punkten wollen, ist schon bizarr, weil es wenig bringen wird. Am Ende wird über Ploß geredet, negativ, weil keiner ihm überhaupt abkauft, dass die CDU eine praktikable Idee für die Stadt hat.

    Die CDU ist noch blutärmer als die SPD - hier herrscht Mangel. Die Rentner, die man mit dem Thema Sicherheit und Polizei einfangen konnte, liegen in Ohlsdorf, die heutigen Rentner ticken anders.

    Und christlich-konservativ definiert in Hamburg kaum jemand politisch, nicht mal bei der CDU. Es ist ein paar Jahre her und die CDU traf sich in St-Georg, eigentlich waren das Liberale, aber aus einem konservativen Elternhaus.

    Dann die Ole von Beust-Jahre: Senatoren ohne Plan, ohne gute Mitarbeiter, viele absolut mit ihren Ämtern überfordert.

    Die gesamt Idee einer wachsenden Stadt und Wirtschaft ist toll, waren die zentralen Ideen, alles was ein wenig sozial war, wurde geschrottet. Christliche Nächstenliebe ? Gab es bei diesen Leuten nicht, es war dann am Ende so eine Sache, das Gebäude der Finanzbehörde wurde verkauft, um einen Hausmeister einzusparen, das Bezirksamt Nord gehört einem Investor, nur das Rathaus wollte keiner, zu viele Auflagen für den Denkmalschutz.

    Wenn Ploß diesen Tiefflug, den damals wirklich jeder nachvollziehen konnte, inklusive Schlaglöcher in den Straßen, verarbeiten will - von Rechts? Bitte sehr, mich freut das.

    Ploß gewinnt damit keinen Blumentopf, der bringt die CDU weiter runter, weil viele dann die AfD als Original wahrnehmen und die tuen wirklich alles, um sich als unfähig zu gerieren.

    Wenn Ploß da die Konkurrenz sieht und verbal gegen die Grünen austeilt? Dann ist das mehr als lachhaft, es wird auf ihn zurückfallen. Und überhaupt was ist denn seine Idee: Einzelhäuser für alle? Wer bezahlt die denn?

  • Mir unverständlich, dass so viele Grüne Schwarz Grün gegenüber nicht abgeneigt sind. Was glauben sie denn, was sie mit der konservativen Wirtschaftspartei an Veränderungen durchsetzen können. Und wenn es der Cdu und Csu!!! zu bunt wird, steht die Spd doch wieder gern bereit. Ganz sicher.

    • @Senza Parole:

      Exakt dieses.

      Es ist bei den Grünen vorwiegend eine bestimmte Generation, nämlich diejenigen, deren Karrieren unter Schröder so richtig abhoben, die felsenfest hinter den Hartz-Gesetzen standen und im Gegensatz zum Rest der Partei immer noch stehen, und die "Millieustudien" für ewige Wahrheit halten.

      Diese Gruppe ist klein - Hessen ist vielleicht der einzige Landesverband, in dem sie noch dominieren -, aber gut vernetzt; bei der Springer-Presse ist ihr eine Vorzugsbehandlung garantiert. Aber der Nachwuchs mag sie nicht. Noch schaffen die Grünen, ihren internen Generationenkonflikt auszutragen, so dass die Öffentlichkeit wenig davon mitbekommt, aber im Vorfeld der Bundestagswahl wird es noch krachen: vermutlich keine andere Partei in Deutschland hat so starke Inkompatibilität zwischen der "Generation Speckgürtel/Regieren egal mit wem" und der "Generation Klimawandelverlierer/Bildungsprekariat".

      Andererseits ist es angesichts von CDU/CSU-Politikern, denen keine Perfidie zu schäbig, keine Lüge zu trumpesk ist, und die lieber -fa als anti- sind, einfach keine gangbare Strategie, zu sagen "wir sind für G2R". So viel hat die Gesamtpartei aus den Fehlern der SPD immerhin gelernt.

      Es wird spannend werden: wer wird im September dominant sein - die Grünen von 1999, oder die von 2019?

  • Ploß will der CDU in Hamburg wieder mehr Profil verleihen. Es wird nichts helfen, Verkehrswende, Verzicht auf neue Einfamilienhäuser in Hamburg-Nord etc. werden hier nicht als "Verbotskultur" wahrgenommen sondern als Anwendung gesunden Menschenverstandes. In Ottensen macht die CDU mit den Grünen das Projekt "Ottensen autofrei" aber da werden sie natürlich nur als Grüne Light wahrgenommen. Es wird nicht einfach für die Hamburg CDU in der Stadt eine relevante Positionierung zu finden.

    • 0G
      02612 (Profil gelöscht)
      @Goodfella:

      ... genauso schaut es aus ! Herr Ploß sollte sich mal fix in Punkto Umweltpolitik nachschulen lassen ...