CDU-Bundesparteitag und Netzausbau: Hohe Hürden für Huawei
Huawei will das deutsche 5G-Netz aufbauen. Doch die Sorge vor Spionage ist groß. Die CDU will die Debatte gegen Merkels Willen im Bundestag führen.
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Nach ihm warnt der CDU-Berichterstatter für Spionageabwehr, Christoph Bernstiel: „Es geht um die Frage: Wie weit wollen wir der kommunistischen Partei den Zugriff auf den Netzausbau gewähren?“ Und auch Philipp Amthor appelliert: „Ich will mich in zehn Jahren nicht fragen lassen, warum wir bei diesem Thema unsere digitale Souveränität verspielt haben.“ Die Reden treffen auf großen Applaus.
Am Ende nehmen die Delegierten den Antrag nahezu einstimmig an: Beim Ausbau des deutschen Mobilfunknetzes auf den schnelleren 5G-Standard sollten nur Unternehmen beauftragt werden, bei denen „eine Einflussnahme durch einen fremden Staat auf unsere 5G-Infrastruktur ausgeschlossen ist.“ Eine Entscheidung, die sich zwar in der Wortwahl nicht explizit, aber doch deutlich gegen den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei richtet.
Mit ihrem Beschluss hat die Partei die Hürden für die Auftragsvergabe nach China sehr hoch gehängt. Denn groß ist die Sorge vor Spionage, wenn man das komplette Kommunikationsnetz von einem chinesischen Konzern bauen lässt. Was, wenn die Staatsführung durchsetzt, dass Sicherheitslücken eingebaut werden? Was, wenn dann ein autoritärer Staat die komplette Kommunikation in Deutschland überwacht? Was, wenn China den deutschen Daten- und Finanzverkehr kontrollieren kann? „Es geht um die Frage: Wem können wir unser digitales Nervensystem anvertrauen?“, sagt Röttgen eindringlich: „Das ist eine imminente Frage der nationalen Sicherheit.“
Deshalb soll nach seinem Vorstoß nun der Bundestag diskutieren, ob Huawei das deutsche Mobilfunknetz ausbauen soll – oder ob diese Vergabe kategorisch ausgeschlossen wird. „Diese Frage gehört in den Bundestag und nicht in irgendein Ministerium“, sagt Röttgen, der seit fünf Jahren Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag ist. Er und seine Mitunterzeichner fordern, dass die Technologie in europäischer Hand bleibt – auch, um die Technologie noch zu verstehen, auf die sich die Kommunikations- und Datenströme stützen: „Wenn wir das weggeben würden aus unserer Kontrolle, dann ist es eine Frage von zwei, drei Jahren, bis wir gar nicht mehr verstehen, was vor sich geht. Das wäre der maximale Kontrollverlust.“
Kompromissformulierung für den Antrag
Ursprünglich wollten die Delegierten um Röttgen die Auftragsvergabe an Huawei ganz ausschließen. In einer früheren Version des Antrags hatte es geheißen, vertrauenswürdig könnten „nur solche Ausrüster sein, die nicht unter dem Einfluss undemokratischer Staaten ohne funktionierende, rechtsstaatliche Strukturen stehen“ – was Huawei aus der Vergabe gekickt hätte. Doch damit hätte die Partei sich gegen ihre Kanzlerin gestellt hätte, die auch angesichts drohender chinesischer Wirtschaftssanktionen bei der Vergabe „niemanden von vorneherein ausschließen“ wollte.
Schließlich einigte sich die Parteispitze um Annegret Kramp-Karrenbauer mit den Initiatoren des Antrags auf eine Kompromissformulierung für den Antrag: Jetzt sollen nur noch Unternehmen beauftragt werden können, „die einen klar definierten Sicherheitskatalog nachprüfbar erfüllen, der auch beinhaltet, dass eine Einflussnahme durch einen fremden Staat auf unsere 5G-Infrastruktur ausgeschlossen ist.“ Das jedoch dürfte schwierig nachzuprüfen sein, warnen Experten.
Hinzu kommt, dass Kanzlerin Merkel noch Anfang der Woche bei der Kabinettsklausur in Meseberg durchblicken lassen haben soll, sich an einen Parteitagsbeschluss gegen Huawei nicht halten zu wollen. Der Kompromiss, Huawei nicht auszuschließen, aber die Debatte im Bundestag zu führen, ist ein strategischer Schachzug. Es ist auch eine Kampfansage gegen die Kanzlerin und Wirtschaftsminister Altmaier. Aus deren Sicht spricht für Huawei, dass das Unternehmen nicht nur erfahren im Ausbau ist, sondern ihn auch günstig durchführen kann.
Auch SPD sieht Vergabe kritisch
Schwerer als die Vorteile dürfte die Sorge vor Wirtschaftssanktionen wiegen, sollte der Konzern für den dortigen 5G-Netzausbau nicht den Zuschlag bekommen. Im Hinblick auf ein solches Szenario sagt Christoph Bernstiel, der mit Röttgen und zahlreichen Delegierten den Antrag gestellt hatte: „Wenn es so ist, dass wir nicht mal mehr über sicherheitspolitische Fragen reden können, ohne Angst vor Handelssanktionen zu haben, wie erpressbar sind wir denn dann geworden?“
Eine Debatte im Bundestag mit dem Ende, dass Huawei aus dem Rennen fliegt, ist durch den Parteitagsbeschluss wahrscheinlich geworden, denn auch der Koalitionspartner SPD sieht eine mögliche Vergabe an den Konzern kritisch. Für Merkel wäre das nicht nur eine Niederlage nach ihrem Plan, das Parlament aus der Entscheidung herauszuhalten. Der Regierung würde auch ein Handelsstreit mit China drohen. Vor diesem Szenario bleibt spannend, ob die Regierung vor den Drohgebärden des Konzerns einknickt – und aus Sorge vor Handelssanktionen ermöglicht, dass derselbe Konzern den Netzausbau übernimmt.
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