Burschenschaft Germania zieht weg: Ausgegrölt
Die rechtsextreme Hamburger Burschenschaft Germania hat ihr Haus in Hamburg-Winterhude verlassen. Ein Grund waren Beschwerden wegen Lärmbelästigung.
D er Name steht nicht mehr an der Tür. Auf dem Briefkasten kleben Zettel mit der Botschaft „!!!Verzogen!!!“ und „Nachsendeauftrag beachten“. Am Balkon des Gebäudes in der Sierichstraße weht keine Deutschlandfahne mehr. Die Hamburger Burschenschaft Germania (HBG) hat ihr Haus im feinen Winterhude verlassen.
Über den Hauseingang hängt mittlerweile ein Transparent mit dem Namen „Amberlynne Park“. Die Unternehmergesellschaft bestätigt der taz: „Wir sind da ansässig.“ Die Feierkultur der sich selbst als deutsche Elite verstehenden Burschenschaftler scheint zum unfreiwilligen Auszug geführt zu haben, erklärt das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBgR).
Seit Jahrzehnten nutzte die rechtsextreme Burschenschaft das zweistöckige Gebäude. Der Verein „Harry Lange e. V.“ war der Träger des Hauses.
Über die schlagende Verbindung hat das HBgR immer wieder informiert und protestiert – traten bei der HBG doch auch einschlägige Referenten auf, etwa der geschichtsrevisionistische deutsche Autor Gerd Schulze-Rhonhof oder der islamfeindliche Schriftsteller Akif Pirinçci. Kontakte zur NPD und zur Identitären Bewegung wies das Bündnis der Burschenschaft auch nach. Die Germanen nennen sich selbst „patriotisch“ und versichern freimütig: „Wir bekennen uns zu unserem Vaterland.“
Den Auszug haben engagierte Anwohner:innen wegen des Lärms eingeleitet. Die Bewohner feierten gern burschenschaftliche Events mit viel Bier und lautem Gesang – mitunter auch samt „Heil Hitler“-Rufen. 2016 wurde das Gegröle aktenkundig.
Schon zwei Jahre zuvor führten Beschwerden der Nachbarschaft wegen Ruhestörungen zu Polizeieinsätzen. Die Nachbarn erwirkten 2017 ein Unterlassungsurteil. Die Alten Herren um den Vorsitzenden Bernd Kozinowski versuchten ihre jungen Burschenschaftler etwas zu zügeln. Die Alten Herren, ehemalige Studenten der Burschenschaft, die das Geld auch für den Unterhalt des Hauses aufbringen, hatten aber wohl nur mäßigen Erfolg. Keine Überraschung: 2019 warben die Germanen für ihren „Norddeutschen Heimatabend“ mit dem Slogan „Wer sich erinnern kann, war nicht dabei …“.
Neben einer „Reichsgründungsfeier“ wurde vor Gericht auch ein Verstoß in der Nacht vom 20. auf den 21. April 2018 aufgelistet – an Adolf Hitlers Geburtstag. Die Folgen: Insgesamt kamen Ordnungsgelder für Verstöße von 12.000 Euro zusammen. Die Kosten des Verfahrens für acht Verstöße musste der Altherren-Verband AHV tragen. Hätte er sie nicht beglichen, wäre Kozinowski für 48 Tage in Haft gekommen. Vor Gericht führte der AHV an, dass die verlangte Sicherheit von 80.000 Euro für den Fall von weiteren Verstößen die Weiterführung der Burschenschaft gefährde. Das Vertrauen in den eigenen Nachwuchs scheint aber gesunken, sodass der Auszug beschlossen wurde.
Felix Krebs vom HBgR sagt: „Der erste Preis für antifaschistische Zivilcourage geht an die Nachbarschaft aus der Sierichstraße. Chapeau!“
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