Burkaverbot in Australien: Verschleierte Islamfeindlichkeit
Eine rechtsradikale Politikerin demonstriert für ein Burkaverbot. Aber nicht um Frauen zu befreien, sondern um islamfeindliche Propaganda zu betreiben.
P auline Hanson, die Führerin und Mitbegründerin der rechtspopulistischen Partei One Nation, trug letzten Donnerstag eine Burka im australischen Parlament, um ihre Forderung nach einem Burkaverbot zum Ausdruck zu bringen.
Mit der nahenden Kommunalwahl in ihrem Wahlbezirk Queensland ist es für die Politikerin sicherlich interessant, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das gelingt ihr, denn sie provoziert nicht nur im Parlament. Ihre Aktion sorgte für Schlagzeilen und wurde auf Twitter zum Trending Topic. Doch was steckt dahinter? Möchte Hanson mit dem Burkaverbot die Befreiung der Frauen erreichen, die sich gegen ihren Willen verschleiern müssen?
Hanson begründet ihren Wunsch nach dem Burkaverbot unter Anderem mit der nationalen Sicherheit. In dem Bundesstaat Queensland ist jedoch schon 2011 ein Gesetz in Kraft getreten, das in staatlichen Gebäuden das Gesicht zu bedecken untersagt – ob mit Burka, Skimaske oder Motorradhelm ist völlig egal. Jede*r muss den Sicherheitskräften das Gesicht zeigen, falls diese das erfordern.
Außerdem betont die Politikerin, dass die Burka nichts mit der Glaubensfreiheit zu tun habe, sondern ein böses Werkzeug der Unterdrückung sei – das geht aus einem ihrer Tweets vom letzten Januar hervor.
Pauline Hanson ist vor allem bekannt durch ihre rassistischen Aussagen („Wir lassen Menschen aus Südafrika ins Land, [. . .] sie haben AIDS.“) und als Befürworterin eines Einreisestopps für Muslim*innen nach trumpischem Modell. Dass die Politikerin nicht viel Wert auf Fakten legt, wird in ihren Behauptungen klar, wie zum Beispiel, dass Muslim*innen das Land überschwemmen würden. Laut Zensus 2016 leben knapp 500 Tausend Muslim*innen im Land, was circa 2 Prozent der gesamten Bevölkerung ausmacht, eine klare Minderheit und sicherlich keine Überschwemmung.
Hanson fehlt an Authentizität
Als eine dramatische Inszenierung der Befreiung zieht sich Hanson die Burka in Kürze wieder aus. Die Szene erinnert fast schon an die Bilder von Jack Shahine und Shervan Derwish aus Kobane, die die von dem sogenannten Islamischen Staat (IS) befreiten Frauen bei der Ankunft zu Sicherheit und Freiheit zeigen.
Die Frauen stehen auf Ladeflächen von kleinen Lieferwagen, und ziehen sich die Burkas aus. Sie lächeln so groß, dass sie auch bei Betrachter*innen das Lächeln auslösen. Die Burka, die hier wortwörtlich für die Unterdrückung steht, stellt auch die Verkörperung des Bösen dar, der sich IS nennt. Ein Gefängnis aus Finsternis. Unter diesen schwarzen Burkas werden kunterbunte Kleider sichtbar – schlagkräftige Bilder, die Vieles beinhalten, und gemischte Gefühle hervorrufen.
Nur Hanson fehlt an Authentizität. Sie ist weder gefangen, noch stellt sie sich gegen die Unterdrückung. Ganz im Gegenteil: Hanson führt eine Unterdrückungs- und Diskriminierungspolitik. Sie äußert sich zum Beispiel gegen Schulen für Muslim*innen, weil in diesen Gewalt gegen Christ*innen propagiert werde. Außerdem ist die Politikerin dagegen, dass Kinder mit Autismus gemischte Schulen besuchen.
Der Vorwand der Freiheit
In dem Parteiprogramm von One Nation kommen folgende Sorgen zum Ausdruck über die Ehegleichheit: „Wenn dieses geschieht, müssen wir den Blick in die Zukunft werfen können und uns fragen, ob es dabei bleibt. Ob es sicher steht, dass wir mit der Zeit keine polygame Ehen haben werden, oder kleine Kinder mit 9 Jahren verheiratet werden, wie es in der Tradition und dem Glaube Islams gängig ist? Unser Parlament ist nur so stark wie die Menschen, die auf seinen Bänken sitzen.“
Musliminnen, die sich gegen ihren Willen verschleiern müssen, sind Hanson egal. Sie betreibt islamfeindliche Propaganda mit der Vorwand der Freiheit. Eine gängige Vorgehensweise vieler Rechtspopulist*innen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee