Bundeszuschuss für die Bahn: 11 Milliarden gegen den Wettbewerb

Bahn-Konkurrenten sind empört: Neue Gelder für den Konzern seien wettbewerbswidrig und womöglich ein Versuch, das Stuttgart-21-Etatloch zu stopfen.

Ein ICE passiert eine Baustelle vor dem Hauptbahnhof Leipzig

Zu viel Geld für die Bahn? Ein ICE in Leipzig Foto: dpa

BERLIN taz | Die im Klimapaket vorgesehenen Milliarden zur Stärkung des Eigenkapitals der Deutschen Bahn verzerren nach Auffassung der Konkurrenz Wettbewerb und sind europarechtswidrig. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten der Kanzlei CMS Hasche Sigle, das der Schienenverkehrsverband Mofair und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) in Auftrag gegeben haben. Möglicherweise wolle die Bundesregierung mit dem Geld aber auch die Milliardenlöcher stopfen, die das Mega-Projekt Stuttgart 21 gerissen hat.

Als Teil des Klimapakets will die Bundesregierung die Eigenkapitalbasis der Deutschen Bahn zwischen 2020 und 2030 um jährlich eine Milliarde Euro stärken, also insgesamt um 11 Milliarden Euro. Diese Maßnahme sei für die Verbände und einen Großteil der Fachwelt völlig überraschend gekommen, sagte Matthias Stoffregen, Geschäftsführer von Mofair.

In dem Verband sind elf Eisenbahnunternehmen organisiert, darunter Thalys Internationale, Flixtrain und Keolis, in Deutschland unter der Marke „Eurobahn“ aktiv. Im NEE sind mehr als 60 Unternehmen aus dem Bereich des Güterschienenverkehrs zusammengeschlossen. Im Schienengüterverkehr mischen mit über 50 Prozent sogar noch mehr private Wettbewerber der Deutschen Bahn mit als im Personenschienenverkehr, wo ihr Marktanteil 36 Prozent beträgt.

Am kommenden Donnerstag wird der Haushaltsausschuss des Bundestags über die Eigenkapitalerhöhung befinden, Ende November soll der Bundestag darüber abstimmen. „Wenn diese Maßnahme wie vorgeschlagen umgesetzt würde, würde sie massiv wettbewerbsverzerrend wirken“, sagte Stoffregen. Denn die Deutsche Bahn müsste die Eigenkapitalstärkung nicht für die Verbesserung der Schieneninfrastruktur nutzen. Sie könnte stattdessen neue Wagen für den Fernverkehr anschaffen oder im Güterverkehr günstigere Angebote abgeben als die Wettbewerber.

Rechtlich wie eine Beihilfe

Bis heute sei das Bundesverkehrsministerium eine Antwort der Verbände auf die Frage schuldig geblieben, wie das zusätzliche Eigenkapital eingesetzt werden soll. Schon mit der Verabschiedung des entsprechenden Haushaltsgesetzes Ende November ist die Eigenkapitalerhöhung laut dem Gutachten rechtlich gesehen eine Beihilfe, die von der EU-Kommission bewilligt werden muss. „Die Beihilfe ist mit ziemlicher Sicherheit nicht genehmigungsfähig“, sagte Stoffregen. Die Verbände behalten sich den Rechtsweg noch vor, etwa eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. „Aber so weit sind wir noch nicht“, betonte Stoffregen. „Unser Eindruck ist, dass innerhalb der Bundesregierung viel Unklarheit herrscht.“

Deshalb wollen die Verbände zunächst abwarten, wie die Bundesregierung reagiert. Mofair und NEE sind nicht dagegen, dass der Bund 11 Milliarden Euro in die Stärkung der Schieneninfrastruktur steckt, im Gegenteil. Dafür gäbe es unbestreitbar einen Bedarf, sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer der NEE. „Aber das muss wettbewerbsneutral geschehen.“ Möglich wäre das etwa über die Einrichtung eines Infrastrukturfonds oder das bisherige Instrument der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV), heißt es in dem Gutachten. Denkbar seien auch Einzelzuwendungen für bestimmte Zwecke im Gegensatz zu einer pauschalen Kapitalerhöhung.

Möglicherweise ist die Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn auch gar nicht dazu gedacht, den Konzern im Wettbewerb zu stärken. Mofair und NEE halten es für möglich, dass mit den 11 Milliarden Euro das gigantische Etatloch bei der Bahn gestopft werden soll, dass der Bau des Megaprojekts Stuttgart 21 reißt. Auch das würden die Verbände nicht gutheißen. „Es kann nicht sein, dass der Bund allein einspringt“, sagte Westermann. Stattdessen sei eher ein „Notopfer Stuttgart 21“ nötig, zu dem alle Projektbeteiligen etwas beisteuern.

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