Bundesverfassungsgericht zu Berlin-Wahl: Chaos aus Karlsruhe
Die Berliner Wiederholungswahl darf stattfinden – unter Vorbehalt. Aber warum mischt sich Karlsruhe in Länderangelegenheiten ein?
D anke, Karlsruhe. Schon zwei Wochen vor der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus erfahren die Berliner Wähler:innen und die Berliner Verwaltung, dass die Wahlen tatsächlich stattfinden können. Der Eilantrag ging ja auch erst vor sechs Wochen ein.
Wie sehr man sich beeilt hat, zeigt das Bundesverfassungsgericht schon dadurch, dass die Begründung für den Eilbeschluss noch gar nicht fertig ist und vermutlich erst noch im Detail beraten werden muss.
Und wie komplex die Aufgabe ist, die man so schnell erledigt hat, sieht man schon daran, dass über die Hauptsache noch gar nicht entschieden wurde. Das wird dann irgendwann im Lauf des Jahres (oder des nächsten Jahres) erfolgen.
So lange steht die Berliner Wiederholungswahl also unter dem Vorbehalt, dass ihre Anordnung verfassungswidrig war und dass vielleicht doch die 2021 gewählten Abgeordneten die richtigen Abgeordneten sind.
Vermutlich wird es nicht so weit kommen, sonst hätte Karlsruhe wohl gleich die Wiederholungswahl gestoppt. Aber sicher ist derzeit gar nichts, denn die Begründung ist ja noch nicht fertig.
Dabei fragt man sich, was das überforderte Bundesverfassungsgericht überhaupt mit diesen Landeswahlen zu tun hat. Schließlich betont es immer wieder, dass die Länder bei der Staatsorganisation „getrennte Verfassungsräume“ sind und abschließende Urteile der Landesverfassungsgerichte über Wahlfragen nicht mehr in Karlsruhe überprüft werden.
Aber offensichtlich hat das Bundesverfassungsgericht doch einen Grund gefunden, warum es die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts gründlich prüfen muss/will. So wie Karlsruhe ja auch immer wieder Gründe findet, den für EU-Recht zuständigen Europäischen Gerichtshof zu maßregeln, er lege das EU-Recht falsch aus.
Der Berliner Fall zeigt ganz klar: Wenn sich das Bundesverfassungsgericht auf seine eigenen Zuständigkeiten konzentrieren würde und nicht überall mitmischen wollte, gäbe es weniger Chaos in der Welt des Rechts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen