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Bundestagswahlkampf 2025„Fast so knuffig wie Habeck“

Keine Wahl ohne Wahlaufrufe von mehr oder weniger bekannten Menschen. Manche sind gelungener als andere. Zum Beispiel der von Max und Tina Uthoff.

Wahlaufruf für die Linke: die Bildungsaktivistin Tina Uthoff und der Kabarettist Max Uthoff Foto: Malte Ossowski/Sven Simon/Picture alliance

Berlin taz | Zu einer Bundestagswahl gehören stets auch Wahlaufrufe von mehr oder weniger bekannten Menschen für die eine oder andere Partei. So warb der Kabarettist Wolfgang Neuss einst mit dem Slogan „Pack den Willy in den Tank!“ für die SPD. Heute klingen Wahlaufrufe in der Regel anders, was jedoch nicht unbedingt ein Fortschritt ist.

„Jeder Mensch muss bereit sein, den Beitrag für die Gesellschaft zu erbringen, den er zu leisten imstande ist“, heißt es beispielsweise in einem am Montag veröffentlichten Aufruf von rund 60 Wis­sen­schaft­le­r:in­nen und Publizist:innen. „Sorgen wir mit unserer Stimme dafür, dass die SPD – mit Olaf Scholz als Bundeskanzler – weiter die Bundesregierung anführen kann“, schreiben unter anderem der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer, der Historiker Uli Schöler, der Ökonom Gustav A. Horn und der Schriftsteller Johano Strasser. Ob die Un­ter­zeich­ne­r:in­nen, von denen sich der überwiegende Teil im Pensionsalter befindet und die meisten ein SPD-Parteibuch besitzen, damit überzeugen können?

Die noch vor ein paar Monaten weitgehend totgesagte Linkspartei hat da schon mehr zu bieten. Zu ihrer Wahl rufen gleich mehrere hundert Wis­sen­schaft­le­r:in­nen auf. „Es braucht eine linke oppositionelle Kraft im Bundestag, eine fürsorgende, sozial-ökologische, öko-sozialistische Partei, die Druck auf andere Parteien macht, Missstände anprangert und versucht, ihnen vereint zu begegnen, um gemeinsam dem Ziel eines guten Lebens für Alle näher zu kommen“, heißt es in ihrem am Dienstag veröffentlichten Aufruf.

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Zu den Erst­un­ter­zeich­ne­r:in­nen gehören die Philosophinnen Rahel Jaeggi, Eva von Redecker und Katja Diefenbach, die Soziologen Klaus Dörre und Stephan Lessenich, die Politikwissenschaftler Ulrich Brand und Frank Deppe sowie der Sozialwissenschaftler Hans-Jürgen Urban, der zudem Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall ist. Sie weisen auch noch auf den praktischen Nutzen der Linkspartei im Bundestag hin: „Mit dem parlamentarischen Mandat ist zudem das Fortbestehen der Rosa-Luxemburg-Stiftung und damit die Möglichkeit einer kritisch-linken politischen Bildung verbunden.“

Etwas erschwert wird die Lektüre allerdings durch den akademischen Hang der Ver­fas­se­r:in­nen zum Bandwurmsatz. So tritt aus ihrer Sicht die Linke „für den dreifachen kategorischen Imperativ ein: alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist; dass Auschwitz, Verfolgungen, Folter und Völkermorde sich nicht wiederholen; dass die Natur und Umwelt zu schützen sind, die unsere aller Lebensgrundlagen bilden“.

Dass Wahlaufrufe auch heutzutage etwas weniger umständlich formuliert werden können, dokumentieren hingegen der Kabarettist Max Uthoff („Die Anstalt“) und die Bildungsaktivistin Tina Uthoff. Ohne viel Schnickschnack gibt das Paar drei kurze knackige Punkte an, warum es bei dieser Wahl die Linkspartei wählen will: „1) LINKS ist das Gegenteil von RECHTS. 2) Grün oder SPD wird nicht reichen, um Merz etwas entgegenzusetzen. 3) Wir stehen für Solidarität und soziale Gerechtigkeit.“ Und für die, die das noch nicht überzeugt, haben die Uthoffs noch ein weiteres schlagendes Argument parat: „Außerdem ist Jan van Aken fast so knuffig wie Habeck.“

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14 Kommentare

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  • Die Bevölkerung war noch nie so gebildet, so viele Menschen mit Abitur und Universitätsabschluss - vielleicht können wir den RTL2schen Anspruch der paternalisierten Einfachheit und zwanghaften Unterkomplexität auch einfach wieder sein lassen.

  • „Außerdem ist Jan van Aken fast so knuffig wie Habeck.“ … Da ist sie, die völlige Verklärung. Ich weiß nicht, was die mit knuffig genau meinen, aber wenn es darum geht, klare Position und Haltung zu beziehen, dann trennen van Aken und Habeck Welten. Ihre Haltung zu Russlands Überfall auf die Ukraine hat die Linke bis heute nicht geklärt, im Gegenteil, es wird weiter rumgeschwurbelt (z.b. taz-Talk mit van Aken 21.Jan25).

  • „Jeder Mensch muss bereit sein, den Beitrag für die Gesellschaft zu erbringen, den er zu leisten imstande ist“, und für die SPD ist das der untere Teil der Bevölkerung. Die oben hat man schön verschont bzw. mehr gegeben die unten mehr belastet, sodass sie weniger hatten als zuvor.

    Vllt sollte man Politiker nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten messen. Könnte man eigentlich erwarten, wenn jemand Wissenschaftler sein möchte.

    Leider gibt es keine Partei, die es realistisch in die Regierung schafft, die ein Interesse daran hat die Ungleichheit zu verringern.

  • Meine Rede. Leider wohne ich in einer tiefschwarzen Ecke dieses Landes.



    Mein 1. Stimme bekommt also jemand Anderes.



    Die 2. Stimme geht an Die Linke.



    Ich hoffe, dass noch sehr viele Andere in dieser Region (Nordkreis OS) ähnlich strategisch wählen. Ein Bundestag ohne linke Stimme, ein Horror.



    Überlasst den Rechten nicht das Feld!

    • @Squirrel:

      "Und Gott sprach: es werde Licht! Und es ward Licht, nur zwei Städte blieben finster: das waren Osnabrück und Münster!"

      So soll es laut dem Leiter meiner Zivildienststelle in der Bibel stehen... 🤷🏼‍♂️

    • @Squirrel:

      Ich befürchte, die "Wähler" haben zu wenig dazugelernt, um



      die Rechten nur ein Vogelschiss sein zu lassen.

    • @Squirrel:

      Ja stimmt, sehr sehr schwarze Gegend.



      Wobei noch Wunder geschehen. Ich hab große Teile meiner Jugend in Rieste verbracht und hätte auch nie für möglich gehalten das dort mal kein CDUler Bürgermeister wird. Aktuell ist es aber mal einer von der SPD.

      • @Rikard Dobos:

        Das ist lediglich ein Testament der Rechtsverschiebung der SPD. "Linkere" Slogans werden nur zur Wahl rausgeholt.

  • Die Linke als korrigierede Opposition im 5 % Bereich....OK



    1) ist kein Argument ;-/



    2) Grün + SPD müssen mit Merz koalieren nach aktueller Sachlage? Das wird sich nicht mehr ändern. Warum? Deutschland braucht eine wirtschaftszugewandte Politik, wenn die Arbeitsplätze und damit die zu verteilende soziale Gerechtigkeit erhalten bleiben soll! Ich denke, alle "sozialen Verteilerparteien" haben die zukünftige wirtschaftliche Lage noch nicht antizipiert?



    3) Solidarität und soziale Gerechtigkeit: Wer hat die aktuelle Lage nach Grünen/SPD zu verantworten? Die CDU hat die Grenzen geöffnet, die Regeln geschaffen, die uns jetzt teilweise handlungsunfähig machen und auf der Agenda 2010 von Schröder Wirtshaftserfolge generiert? Der SPD/Grünen/FDP ist das nicht gelungen... (OK: Krieg, Covid).

    Alle demokratischen Parteien sollten sich darüber klar sein, dass die radikalen Ränder wieder geschwächt werden müssen! Ist die Linke demokratisch? Und mit wem würde die Linke koalieren? Und enteignet die Linke mich gleich? Und kann eine enteignende und von Milliardären gesäuberte Wirtschaft genug "soziales Geld" generieren, um es zu verteilen? Nur einmal oder mehrmals?

  • Max sieht ja auch knuffig aus. Und ist einer der schärferen Kabarettisten der Republik.



    Ich will nur, dass er dann auch die Linken attackiert.

    Der Artikel hat mir ansonsten etwas viel Lesbarkeits(?)-Süffisanz. Eine trockene Übersicht, wer wen empfiehlt und warum, hätte mir gereicht. Es ist die taz.

  • Es hat eine gewisse Komik, wenn ein Wahlaufruf gleich deutlichmacht, warum eine Partei nicht gewählt wird.

  • Leider fehlt es in dem Artikel an den Beispielen für gelungene Wahlaufrufe. Es wird Zeit, dass die Wahl bald vorbei ist.

  • Direkte Wahlaufrufe ohne substantiellen Inhalt gefüllt mit Schlagwortgebrabbel.

    Genau darum zahle ich für die taz nichts. Sie steht halt nicht für linkslastigen Journalismus; sie ist lediglich ein Sprachrohr der Linkspartei. Danke nochmal für die Bestätigung.

  • Spannend wird es erst dann, wenn Prominente für etwas werben, was man ihnen nicht zugetraut hätte. Habe ich jetzt in diesem Wahlkampf noch nicht erlebt.