Bundesrat zu Verkauf von Zigaretten: Schockbilder-Verstecken ist illegal
Viele Läden verdecken Raucherlungen-Fotos auf Zigarettenpäckchen. Der Bundesrat will das ändern. Doch die Tabaklobby gibt nicht auf.
Bislang verstecken viele Geschäfte den Hinweis „Rauchen ist tödlich“ sowie die Bilder etwa von einer krebskranken Lunge hinter Plastik- oder Pappkarten. An Automaten sind sie durchgängig nicht zu sehen.
Rauchen ist dem Bundesgesundheitsministerium zufolge das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland. Jährlich würden mehr als 120.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben. Dennoch rauchten insgesamt 28 Prozent der Frauen und Männer ab 18 Jahren.
Um vom Kauf von Zigaretten abzuschrecken, sind die Warnhinweise seit etwa einem Jahr vorgeschrieben. Die Branche hat aber durch die „Product cards“ verhindert, dass sie ihre volle Wirkung entfalten können.
Tabaklobby: Verbot der Produktkarten so nicht möglich
„Diese Vorgehensweise der Händler ist eindeutig gesetzwidrig, dies hat der Bundesrat nun bestätigt“, sagt Johannes Spatz, Sprecher der Nichtraucher-Organisation Forum Rauchfrei. Die Initiative hatte im August 2016 eine Kampagne gegen die Product Cards gestartet. Dabei hatte das Forum nach eigenen Angaben mehr als 130 Anzeigen im ganzen Bundesgebiet erstattet. Es sei ein Skandal, dass das Verdecken der Schockbilder fast ein Jahr lang geduldet worden sei.
Wirksam werde die Entscheidung des Bundesrats, sobald das Kabinett zustimmt und die Änderungen offiziell veröffentlicht. Spatz erwartet, dass die für Tabak zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden dann „zügig dafür sorgen werden, dass die Product Cards in den Geschäften verschwinden und Zigarettenautomaten abgebaut werden.“ Bisher hätten die Behörden stets darauf verwiesen, dass keine bundesweit einheitliche Bewertung der Sachlage vorliege und sie deshalb abwarten würden.
Jan Mücke, Zigarettenverband
„Diese Forderung des Bundesrats kann durch die Bundesregierung nicht umgesetzt werden, weil ihr dafür die Verordnungsermächtigung fehlt“, sagte der taz Jan Mücke, Sprecher des Deutschen Zigarettenverbands, der die Tabakindustrie vertritt.
300.000 Zigarettenautomaten und viele Verkaufsanlagen in Läden würden „von einem Tag auf den anderen“ nicht mehr genutzt werden können. „Da geht es um einen Schaden, der die Milliardengrenze überschreiten würde.“ Ein ein so weitreichender Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum sei nur auf der Grundlage eines Gesetzes und nicht nur einer Verordnung zulässig. „Sollte die Bundesregierung das dennoch umsetzen, wird diese Sache sicherlich vor Gericht verhandelt werden müssen.“
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