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Bundesparteitag der FDPEine Partei wie ein Altherrenwitz

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Die FDP hat auf die großen gesellschaftlichen Fragen keine Antworten. Sie will wieder mitregieren, doch alles klingt wie immer: rückwärtsgewandt.

Christian Lindner: So überzeugend wie seine Altherrenwitze Foto: dpa

M ission Aufbruch war das Motto des Parteitags. Das braucht die FDP auch, wenn sie aus ihrem Umfragetief heraus will. FDP-Chef Christian Lindner lässt deshalb keinen Zweifel offen: Er will nach den Bundestagswahlen 2021 mitregieren. Er macht sogar seine Zukunft als Parteivorsitzender davon abhängig. Es ist also Lindners letzte Chance. Denn das Platzenlassen der Jamaika-Verhandlungen 2017 hängt ihm bis heute nach.

Dass der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing zum Generalsekretär gewählt wurde, ist als wichtige Weichenstellung zu deuten. Wissing verkörpert Regierungserfahrung und Wirtschaftskompetenz. Kurzum: alles wie immer.

Pandemiezeiten sind schwierige Zeiten für eine neoliberale Partei, denn alle rufen nach Wirtschaftshilfen und einem Staat, der eingreift. Deshalb wurden auf dem Parteitag auch liberale Bürgerrechte betont: Demonstrationsrecht, Meinungsfreiheit und Datenschutz. Es gibt ja durchaus eine Wählerschaft, die gerne eine liberale Bürgerrechtspartei hätte, die die Freiheit des Einzelnen im Blick hat. Aber ist das die FDP?

Es hilft, auf das zu schauen, was auf dem Parteitag nicht groß besprochen wurde. Bei der EU-Flüchtlingspolitik kritisiert die FDP „Deutschlands Alleingang“. Moria und Menschenrechte sind eine Marginalie. Im Leitantrag ist zudem von vier Krisen zu lesen: Gesundheits-, Wirtschafts-, Job- und Chancenkrise. Genau: Die Klimakrise gibt es nicht. Die Gefahr des Rechtsextremismus wird ausgespart, der Dammbruch in Thüringen mit der Causa Kemmerich unter den Teppich gekehrt. Vielleicht, um den Imageverlust nicht unnötig zu vergrößern. Vielleicht, um sich die Flanke nach rechts offen zu halten.

Fest steht: Auf die großen gesellschaftlichen Fragen hat die FDP keine Antworten. Dass Lindner dann noch einen sexistischen Altherrenwitz über die geschasste Generalsekretärin Linda Teuteberg macht, ist nur noch ein weiterer Beleg für die Rückwärtsgewandtheit dieser Partei.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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11 Kommentare

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  • Zugegeben: In der Coronapandemie überzeugt die FDP nicht wirklich. Die Verteidigung der Bürgerrechte ist zwar wichtig, aber dem Coronavirus sind diese egal. Das Staatsversagen der Regierung ist aber keineswegs besser. Der nun schon seit November 2020 andauernde Pseudo-Lockdown senkt die Inzidenzzahlen nicht, schadet dem Einzelhandel massiv und verwirrt oder zermürbt die Bevölkerung. Ansonsten stimme ich Ihnen nicht zu. Die FDP hat sehr wohl ein hervorragendes Zukunftskonzepte: Digitalisierung, Abbau der überbordenden Bürokratie, eine wachstumsorientierte, bürgerfreundliche und realistische Umweltpolitik und die Stärkung der Bürgerrechte. Wie viel mehr Zukunft kann es noch geben?

  • 9G
    97075 (Profil gelöscht)

    Das war alles schon immer so: "Die Charakterlosigkeit der FDP verbunden mit ihrem Selbsterhaltungstrieb ist eine der zuverlässig berechenbaren Komponenten." - Rede von Strauß auf der Tagung der CSU-Landesgruppe, Sonthofen, 18./19.November 1974

  • Ach, es ist schon ganz gut, dass diese FDP sich durch Westerwelle als das demaskiert hat, was sie ist. Eine nationalliberale Steuersenkungs- und Sozialfeindepartei. FDP und Naumannkreis - das ist der ach so überstrapazierte "Markenkern" der FDP.

    Es gab da diese Feigenblätter Hildegard Hamm-Brücher und William Borm, bei letzterem musste die HVA noch ein wenig Unterstützung leisten. Deren Verdienste sind rein individueller Natur, denn die 5. Kolonne angeführt von dem Grafen für Steuerhinterziehung und dem "Halunken", an den heute nur noch seine Balkonrede aus der Prager Botschaft erinnert, hat doch nie im Leben eine "sozialliberale" Koalition fortführen wollen. Das widersprach ja dem eingangs zitierten Kern dieser Partei.

    Die heutige FDP ist eben nur mit einer nicht intellektuellen Koofmichbrigade zu vergleichen. Bauernschlauheit und Krämerseele reichen nicht mehr aus die BRD mitzuregieren. Denn längst haben Handel und Industrie auf andere Pferde gesetzt. So bleibt diesen wohlstandsverwahrlosten Lustprodukten von Angehörigen der freien Berufe nur noch der Job "Sohn" und "Prinzessin".

    • @achterhoeker:

      "Die Gefahr des Rechtsextremismus wird ausgespart, der Dammbruch in Thüringen mit der Causa Kemmerich unter den Teppich gekehrt. Vielleicht, um den Imageverlust nicht unnötig zu vergrößern. Vielleicht, um sich die Flanke nach rechts offen zu halten."

      wenn Sie die f"d"p meiner einschätzung nach zu recht als" eine nationalliberale Steuersenkungs- und Sozialfeindepartei."bezeichnen -so folgt daraus mitnichten dass es keinen vernünftigen grund geben kann diese partei zu fördern.

      denn manchmal ist ein grosses übel im vergleich zu einem noch grösseren so sehr dass kleinere dass es zu einer alternative zu ihm gemacht werden sollte



      irgendwie müssen wir die "a"fd kaputtkriegen.und dafür könnte die f"d"p nützlich sein-aber selbstverständlich nur wenn sie in der opposition gehalten wird.



      in der "a"fd gibt es einen nationalkapitalistisch-antieuropäisch-neoliberalen in den westlichen landesverbänden hegemonialen und einen auf andere weise reaktionären auch antieuropäischen nationalsozialen völkischen flügel der diese partei im osten dominiert .



      wenn die f"d"p dem ersteren stimmen und am besten auch mitglieder und abgeordnete abwirbt bleibt von der "a"fd so wenig übrig dass sie zumindest in den westlichen bundesländern und auf bundesebene aus den parlamenten und unter der 5 prozenthürde verschwindet.der braune rest wird sich selber so gründlich diskreditieren dass er seine wählbarkeit auch für den grössten teil der protestwähler verliert



      die "f"dp ist so reaktionär dass sie nur im vergleich zur "a"fd das geringere übel ist -aber zu dieser ist sie es -und das sollte ihre neue rolle bestimmen.



      mit der zerstörung der "f"dp brauchen und sollten wir uns erst befassen wenn die "a"fd zerstört ist.



      beide parteien sind zu isolieren und auch mit der f"d" p sollte es keine koalitionen geben.

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Eine Partei die all ihre Themen an Grüne, SPD und CDU verloren hat.



    Als dann die Chance bekommen ist an der Regierung Teil zu haben, dachte Lindner wohl er ist der neue Reichskanzler und kann den Kurs bestimmen.

    Pech gehabt und so folgt eine Unfähigkeit nach der anderen.



    Früher eine Partei die man wählen konnte, heute unwählbar

  • Die FDP hätte die Partei der sozial-liberalen Ideen sein und bleiben sollen, die sie mal war ("Freiburg" lässt grüßen). Der leistungsbereiten, aber verantwortlichen Akademiker. Der Aufsteiger, die aber niemanden zurücklassen wollen. Der freien, aber gesellschaftlich verantwortungsvollen Unternehmer. Aber was macht eine Steuersenkungspartei, wenn die Steuern ständig so massiv gesenkt wurden? Der Neoliberalismus hat eben das Problem aller Ideologien. Er kann nicht liefern.

    • @Kartöfellchen:

      Oh, es ist das und noch viel mehr.

      "Demonstrationsrecht, Meinungsfreiheit und Datenschutz" in dieser Auswahl und Reihung ist ein Pfiff, der als erstes von den Ballwegs und Schiffmanns gehört werden wird.

      "Bei der EU-Flüchtlingspolitik kritisiert die FDP „Deutschlands Alleingang“. Moria und Menschenrechte sind eine Marginalie."

      Menschenrechte sind bei dieser Partei generell zur Randnotiz verkommen. "Deutscher Alleingang" - das sind mindestens 2 Punkte auf der nach rechts offenen Seehoferskala.

      "Gesundheits-, Wirtschafts-, Job- und Chancenkrise. Genau: Die Klimakrise gibt es nicht."

      Ah, das Grund- und Menschenrecht auf Kohlebagger- und Rentnerpanzerfahren. Wer kennt es nicht?

      "Die Gefahr des Rechtsextremismus wird ausgespart, der Dammbruch in Thüringen mit der Causa Kemmerich unter den Teppich gekehrt."

      Und das sind exakt die Punkte die hätten angesprochen werden müssen, um eine Grenze zur AfD zu ziehen.



      Lindner blinkt nach rechts, nur abzubiegen traut er sich nicht.

      Der Druck auf CDU/CSU, beim Wettbewerb um die AfD-Kernklientel nicht übergangen zu werden, steigt wie die Covid-Inzidenz in Bayern.

      Das wird noch interessant. Nicht hübsch, aber interessant.

      Wer hat eigentlich mehr Einfluss? Die Schwarzgrün-Fans bei CDU/CSU, oder die "Werte"-Union?



      Wir werden es 2021 erfahren.

    • @Kartöfellchen:

      Die FDP hat sogar ohne Not selbt ihren Anspruch als Bürgerrechtspartei aufgegeben. Seitdem die Grünen das auch nicht mehr sind, hätte sie zumindest diese Lücke füllen können.

  • Prima Zusammenfassung! Kurz, komprimiert und genau am Ding. Super!



    Als es eine Gelegenheit für Lindner zum Mitregieren gab, hatte er die Hose schon bald gestrichen voll. Die Klientel der FDP will schlicht immer nur das eine: Steuersenkung.

    • @Rainer B.:

      Hose voll glaub ich nicht, der Tiefflieger hat tatsächlich angenommen, er landet da ein Coup.

    • @Rainer B.:

      Eben. Happy Birdsday.

      Von Münte lernen - heißt - Siegen lernen



      Aach wenn diese SuperhyperPartei - Gellewelle. - 👻 - Dahinsiecht.



      & Däh! Lindner!



      “Der alte Blödmann“ - wa!



      PU Hyperpiper sei Perle & Er vorweg:



      “Seh ich mir diesen Holzklotz an!



      So fällt mir gleich mein Christian ein!“



      m.youtube.com/watch?v=AlB-tImQgNo - Wo mag denn nur mein Christian sein? In Wermelskirchen. Yes!



      &



      Sein Sidekick - chefle di taz? In …FB!