Bundesgerichtshof lehnt Revisionen ab: Keine Strafverschärfung für Mörder aus Saarlouis
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Strafe für Peter Werner Sch., der 1991 ein Asylheim angezündet und so einen Bewohner qualvoll getötet hatte.
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Peter Werner Sch. war damals 20 Jahre alt und gehörte zur Nazi-Skinhead-Szene in Saarlouis. Am Tatabend saß er mit dem Anführer der Nazi-Skins, Peter St., und einem weiteren Nazi in einer Kneipe. Als das Gespräch auf den Brandanschlag von Hoyerswerda kam, sagte der Anführer Str.: „Hier müsste auch mal so etwas passieren“. Noch in derselben Nacht ging sein Gefolgsmann Peter Werner Sch. mit einem Kanister Benzin zu einer örtlichen Asylunterkunft und setzte die Treppe in Brand. Die 21 anwesenden Bewohner konnten sich fast alle retten, nur der 27-jährige Ghanaer Samuel Kofi Yeboah, der ein Dachzimmer bewohnte, starb qualvoll.
Die Polizei ermittelte nur oberflächlich und klärte den Anschlag nicht auf. Erst 2019 wurde Sch. von einer Bekannten angezeigt. Er habe Jahre zuvor bei einem Grillfest mit der Brandstiftung geprahlt.
Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte Peter Werner Sch. daraufhin im September 2023 zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und 10 Monaten wegen Mordes an dem ghanaischen Flüchtling und wegen Mordversuchs an 12 weiteren Asylsuchenden. Allerdings sprach das OLG ihn vom Vorwurf des versuchten Mordes in acht weiteren Fällen frei. Acht Männer aus dem Kosovo hatten im Erdgeschoss einen Geburtstag gefeiert. Sch. sei wohl davon ausgegangen, dass sie das Feuer rechtzeitig bemerken und sich retten würden.
In der Revision ging es vor allem um die Frage, ob Sch. auch wegen versuchten Mordes an den acht weiteren Flüchtlingen hätte verurteilt werden müssen. Die Nebenkläger und die Bundesanwaltschaft forderten dies. Dass dieses Anliegen nicht erfolgreich sein würde, zeigte sich aber schon in der mündlichen Verhandlung vor zwei Wochen, als der Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft den Antrag faktisch zurücknahm.
Auch der Staatsschutz-Senat des BGH sah nun keine Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung. Es sei eine mögliche Schlussfolgerung, dass Sch. die Fluchtmöglichkeit durch den Hauseingang in Rechnung stellte, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Schäfer.
Körperverletzung längst verjährt
Schäfer betonte zugleich, dass natürlich auch die acht Personen aus dem Erdgeschoss durch den Anschlag gefährdet und geschädigt wurden. Dies konnte im OLG-Urteil nur deshalb nicht festgestellt werden, weil Körperverletzungsdelikte bereits verjährt waren und nur noch Tötungsdelikte angeklagt und verurteilt werden konnten. Schäfer erwähnte auch, dass eine Aufhebung des Urteils an diesem Punkt eine neue Hauptverhandlung erfordert hätte.
Nebenkläger-Anwalt Björn Elberling war durchaus froh, dass der Prozess zu Ende ist, vor allem weil es nach Jahrzehnten endlich zu einer rechtskräftigen Verurteilung kam. Auch die Revision des Angeklagten hat der BGH abgelehnt. Der Täter hatte einen Beweisfehler darin gesehen, dass das OLG die Herkunft des Benzins nicht geklärt hatte. Der BGH hielt dies jedoch für irrelevant. Sch. sitzt seit April 2022 im Gefängnis, bisher in Untersuchungshaft, ab nun in Strafhaft.
Doch wohl noch in diesem Jahr wird sich der BGH erneut mit dem Brandanschlag von Saarlouis beschäftigen müssen. Denn der Skin-Anführer Peter Str. war 2024 am OLG Koblenz vom Vorwurf der Anstiftung freigesprochen worden und blieb gänzlich straflos. Dagegen hat die Bundesanwaltschaft Revision eingelegt.
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