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Bundesbauministerin Klara GeywitzDie Geräuschlose

Als junge Frau tanzte Klara Geywitz in der Potsdamer Hausbesetzer­szene, heute ist sie Bau- und Wohnungs­­ministerin. Wie bekämpft sie die Wohnungsnot?

Das ­umstrittene Heizungs­gesetz stammte auch aus Geywitz' Ressort, haften blieb es an Habeck Foto: Chris Emil Janssen/imago

Berlin taz | Im September 2022 hält Klara Geywitz auf einer Pressekonferenz in Potsdam ein kleines Holzhaus in der Hand. Es ist ein Haus, wie Kinder es malen, vier Wände und ein Giebeldach, in etwa so groß wie ein Vogelhaus. Ein Gastgeschenk. Zu Besuch ist der japanische Infrastrukturminister Saito Tetsuo für ein Treffen der G7-Länder, bei dem es um nachhaltige Städteentwicklung geht. „Ziel der ganzen Sache ist, dass wir natürlich möglichst viele nachhaltige Häuser bauen“, sagt Geywitz, bevor sie Saito das Geschenk übergibt. Kaum hat er es in der Hand, fällt es auseinander. „Oh, nein!“, ruft Geywitz, hechtet hin, um es vor dem Absturz zu bewahren. Die beiden lachen.

Es ist ein Moment, der auch die Amtszeit der Bauministerin ganz gut beschreibt. Die Idee, dass in Deutschland 400.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen, davon 100.000 Sozialwohnungen, so wie es sich die Ampelregierung vorgenommen hat, ist in kürzester Zeit in sich zusammengebrochen. 2022 wurde das Ziel um über 100.000 Wohnungen verfehlt.

Seit Amtsantritt wird Klara Geywitz immer wieder nach den 400.000 Wohnungen gefragt. Dabei hat sie sich diese Zahl nicht einmal selbst ausgedacht. Neben 12 Euro Mindestlohn war es eines der Wahlkampfversprechen von Olaf Scholz. Der erhöhte Mindestlohn war schnell umgesetzt, aber mit den Wohnungen ist es schwieriger.

Im Koalitionsvertrag liest sich alles noch werbetauglich: bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barriere­arm sollte das Wohnen der Zukunft werden. Und die Gegenwart? Die Baubranche hält sich mit Hilferufen nicht zurück: Es drohe der „GAU am Bau“, man brauche einen „Milliarden-Booster“, vor einem „Rekordwohnungsmangel“ warnt das Bündnis Soziales Wohnen. Das Land steckt in einer Baukrise. Wer ist die Frau, die sie lösen soll?

Der Krieg in der Ukraine verschärft die Baukrise

Olaf Scholz hat Klara Geywitz eine der größten Herausforderungen anvertraut. Die 47-Jährige soll bezahlbaren Wohnraum schaffen, in einer Zeit, in der mancherorts die Schlangen für Wohnungsbesichtigungen so lang sind wie die vor den angesagtesten Clubs. Die Ampel schuf dafür wieder ein eigenständiges Bauministerium. Das hatte es zuletzt 1998 gegeben.

Geywitz startete hoffnungsvoll in ihr neues Amt: Es gab ein Hoch der Bauanträge und volle Auftragsbücher. „Alle haben gehofft, dass nach dem letzten Coronawinter die Lieferkapazitätsprobleme weg sind und man dann so richtig durchstarten kann ab Frühling 2022“, sagt sie.

Doch mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs kommt es erneut zu Engpässen, zu Preissteigerungen, die Bauaufträge brechen ein. Gleichzeitig wird durch den Zuzug von Geflüchteten mehr Wohnraum gebraucht. Und die Zahl der Sozialwohnungen sinkt seit Jahrzehnten. In der lange vernachlässigten Wohnungspolitik hat sich ein perfekter Sturm zusammengebraut.

Im Auge dieses Sturms steht Klara Geywitz. Oder besser gesagt, sie sitzt – in ihrem Büro in der Krausenstraße in Berlin. Auf einem Sideboard liegt ein weißer Bauhelm, ansonsten wenig Schnickschnack. Klara Geywitz lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen – obwohl alles anders lief, als sie es sich erhofft hatte. Die Baukrise fällt mit ihrer Amtszeit zusammen. „Manchmal hat man im Leben Pech, was den chronologischen Ablauf anbelangt“, sagt sie im April.

In einem Spiegel-Interview formulierte sie es auch mal so: „Ich bin das Gesicht zur aktuellen Baukrise.“ Unvorstellbar, dass andere Mi­nis­te­r*in­nen so über sich selbst reden. Es wirkt als hätte sie sich selbst die Note 6 erteilt.

Dabei steht Geywitz nicht gern im Scheinwerferlicht, was sich zuletzt beim Heizungsstreit zeigte. Tatsächlich stammt das umstrittene Gesetz nämlich nicht nur aus dem Wirtschafts­ministerium, sondern auch aus ihrem Haus. In der wochenlangen Angstkampagne der Bild war aber meist nur von „Habecks Heizungshammer“ die Rede. Strategische Unsichtbarkeit? Aber wer stellt sich schon freiwillig in die Schusslinie? Ob kalkuliert oder nicht: Klara Geywitz ist auf Platz 1 der unbekanntesten Minister*innen.

Ihre Arbeit hat etwas Geräuschloses. An ihr kleben keine Kontroversen, kein Stöckelschuhe-in-Mali-Fauxpas. Die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau hat sie deutlich aufgestockt, und in kürzester Zeit hat sie eine historische Wohn­geld­reform hingelegt, um mehr Menschen aus der unteren Mittelschicht zu entlasten. Vor Kurzem legte das Bauministerium ein Eckpunktepapier zur Neuen Wohngemeinnützigkeit vor. Und vergangene Woche präsentierte Geywitz mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir eine Holzbaustrategie, um nachhaltiges Bauen zu stärken.

Bei Buschmann auf den Tisch hauen

Geywitz denkt in langen Zeiträumen. Das, was sie anstößt, kann den Wohnungsmarkt langfristig gemeinwohlorientierter machen. Lässt sich mit dieser Zurückgelehntheit die akute Wohnungsnot managen? „Natürlich haben wir einen Riesendruck auf dem Kessel. Wir werden unsere Verfahren endlich digitalisieren, wir werden seriellen Wohnungsbau vorantreiben, um überhaupt noch zu vernünftigen Preisen bauen zu können“, sagt sie. Aufstocken, umbauen. Derzeit: 16 Landesbauordnungen, 16 Brandschutzgesetze, rund 3.800 Normen, die man beachten muss, wenn man bauen will. Und ohne stapelweise Papierakten, die von Amt zu Amt befördert werden müssen, läuft wenig.

Projekte aus dem Bauministerium

Neue Wohngemeinnützigkeit Mitte Juni 2023 hat das Bauministerium ein Eckpunktepapier zur Neuen Wohngemeinnützigkeit vorgelegt. Die Idee ist: Wer gemeinnützigen Wohnraum schafft, bekommt steuerliche Vorteile, im Gegenzug müssen dauerhaft günstige Mieten angeboten werden. Dann gilt: Einmal Sozialwohnung immer Sozialwohnung. Doch das Papier ist vage: Es könnten sich demnach gemeinnützige Wohnungsunternehmen neu gründen oder ganze Unternehmen in die Gemeinnützigkeit überführt werden. Dass Wohnungsunternehmen nur einen Teil ihres Bestandes gemeinnützig vermieten, ist auch eine Möglichkeit. Die Umsetzung ist im Koalitionsvertrag vereinbart, aber die Finanzierung ist gänzlich ungeklärt.

Wohngeldreform Für Menschen mit kleinem Einkommen, die von Wohnkosten überlastet sind, gibt es seit Anfang 2023 das Wohngeld Plus. Von der Reform sollen rund 4,5 Millionen Menschen in 2 Millionen Haushalten profitieren, das ist eine Verdreifachung des Empfängerkreises. Zudem steigt das Wohngeld durchschnittlich um 177 Euro auf 370 Euro pro Monat. Ob man Anspruch hat, lässt sich mit dem Wohngeld Plus-Rechner prüfen.

Als Wohnungsministerin vernachlässigt sie jedoch ein durch und durch sozialdemokratisches Anliegen: den Schutz von Mieter*innen. Dabei wird die Lage in vielen Orten immer prekärer. Am Willen fehlt es Geywitz nicht, aber an Macht. Das hat auch etwas mit dem Zuschnitt ihres Ministe­riums zu tun. Geywitz würde gern gegen Indexmietverträge vorgehen, bei denen gemäß der Inflation erhöht werden kann, oder gegen den Missbrauch bei der Vermietung möblierter Wohnungen.

Nur ist für Mietrecht das Justizministerium zuständig. Und Justizminister Marco Buschmann von der FDP blockt alles weg, was Mie­te­r*in­nen etwas Luft verschaffen könnte. Über ihn verliert sie trotzdem kein schlechtes Wort: „Persönlich schätzen wir uns sehr, aber er hat eine andere Agenda. Die mir so wichtigen sozialen Mietrechtsfragen haben bei ihm leider nicht oberste Priorität.“ Sie hofft, dass die vereinbarte Mietrechtsnovelle bald kommt. Als Sozialdemokratin hätte sie längst auf den Tisch hauen müssen.

Das sieht auch der Präsident des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, so: „SPD und Grüne müssen da mehr Druck auf ihren Koalitionspartner FDP aufbauen.“ Die Lage werde immer dramatischer. Zudem bräuchte es mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau, einen Wumms von 50 Milliarden Euro. „Ohne mehr Fördergeld kann gerade kaum jemand bauen, erst recht keine Sozialwohnungen“, sagt er. Wirklich unzufrieden ist Siebenkotten aber nicht mit Geywitz’ Arbeit: Er schätzt die Wohngeldreform und ihren Einsatz für eine neue Wohngemeinnützigkeit – eine langjährige Forderung des Mieterbunds.

Auch Tim-Oliver Müller, Geschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, findet lobende Worte. Sie arbeite sich „tief in Themen ein, in Details, in Statistik“. Auch wenn sie bei Weitem nicht immer einer Meinung sind. Während Geywitz betont, dass mehr Geld nicht automatisch zu mehr Wohnungen führt, meint Müller: „Ohne mehr Neubauförderung werden keine Wohnungen mit günstigen Mieten gebaut.“ Aber Geywitz ist überzeugt, dass die Fördersystematik der vergangenen Jahre ein Preistreiber war und einen falschen Ansatz verfolgte. In den vergangenen Jahren seien Mittel für den sozialen Wohnungsbau in den Ländern nicht immer abgerufen worden, „weil es ein staatliches Förderprogramm gab, wo du Geld bekommen hast, ohne dass man preiswerte Mieten garantieren musste“. Man habe so „im Prinzip dem sozialen Wohnungsbau die Luft genommen“.

Jenseits der großen Bühne wirkt sie nahbar

Wenn man sich über Geywitz umhört, ergibt sich ein schlüssiges Bild. Bestens vorbereitet sei sie, zuverlässig, darin sind sich alle einig. Manche sehen in ihr eine Parteisoldatin. Viele schätzen ihren trockenen Humor.

Klara Geywitz mag für die meisten eine Überraschungskandidatin gewesen sein, überregional war sie kaum bekannt. Olaf Scholz hatte ein paritätisches Kabinett versprochen. Dass Geywitz eine Frau aus dem Osten ist, mag ihr geholfen haben. Aber eine reine Quotenbesetzung war sie nicht. Scholz und sie kennen sich schon lange.

Beide leben in Potsdam, wo Geywitz viele Jahre Politik gemacht hat. 2019 kandidierten sie vergeblich als Duo um die SPD-Spitze. Es war das Jahr, in dem Geywitz’ politische Karriere zu versanden begann. Bei der Landtagswahl in Brandenburg verlor sie ihren Wahlkreis knapp an eine Grüne. Geywitz arbeitete zunächst als Prüfungsgebietsleiterin bei der Bauabteilung des Rechnungshofs, fuhr also mit dem Zollstock auf Baustellen und sah nach dem Rechten. Dass sie eine von vielen Vizeparteivorsitzenden der SPD war, hatte kaum jemand auf dem Schirm.

Erst als Olaf Scholz Bundeskanzler wurde, kam auch Geywitz wieder aus der Versenkung. Scholz vertraut ihr, heißt es. Manche wollen in ihr eine weibliche Version von ihm sehen. Zumindest ähneln sie sich im Politikstil. Beide denken in langen Linien und neigen nicht zu Übersprungshandlungen. Als die beiden den Parteivorsitz anstrebten, warf Harald Sempf, einst Schatzmeister der Brandenburger SPD, Geywitz vor, sie „könnte von der zwischenmenschlichen Wärme her auch eine 10.000er Geflügelfarm leiten“.

Klara Geywitz hat nichts Mitreißendes, aber etwas Feinfühliges sehr wohl – einen Blick für Details. Das lässt sich manchmal in kleinen Szenen beobachten. Im September 2022 besucht Geywitz in Berlin-Wedding den barrierefreien Neubau einer Genossenschaft, ein ganzer Tross folgt ihr. Dann steht sie vor der Tür einer älteren Dame, spaziert aber nicht einfach durch, sondern erkundigt sich, ob die Frau der Begehung explizit zugestimmt habe.

„Guten Tag, Geywitz mein Name, wir haben gehört, Sie haben eine schöne Wohnung?“, sagt die Ministerin. „Ja“, sagt die Frau und lacht. Sie sitzt auf ihrem Sofa, während der Tross in ihre aufgeräumte Wohnung drängt. „Und haben Sie immer so schöne Blumen oder hatten Sie Geburtstag?“ „Gestern erst“, verrät die Rentnerin. Geywitz lobt die Breite des Flurs, in dem man sich mühelos mit einem Rollator bewegen kann, erkundigt sich, wie lange die Frau hier lebt, ob sie gern den Balkon nutzt, ob es laut ist in der Wohnung. Jenseits der großen Bühne wirkt die Ministerin nahbar.

Mike Bischoff, Mitglied des Brandenburger Landtags, kennt Klara Geywitz noch als junge Abgeordnete. Als Geywitz Generalsekretärin der Brandenburger SPD war, war er Fraktionsvorsitzender der Landes-SPD. „Klara ist eine besondere Persönlichkeit, die sehr effizient arbeitet. Hochintelligent, schlagfertig. Lange rumlabern war nicht ihr Ding.“ Als sie den Innenausschuss leitete, habe sie ein Gerät anschaffen lassen, das die Redezeit visualisiert, erst grün, dann gelb und rot, wenn Schluss ist. „Das wird heute noch die Geywitz-Ampel genannt“, erzählt er. Diese Anekdote passt zu ihr. In einem Gespräch verrät Geywitz, dass sie sich bei Pressekonferenzen mit Robert Habeck, der zu ausschweifenden Erzählungen neigt, immer im Vorfeld überlegt, wie sie länger reden könne, damit die Redeanteile nicht so ungleich wirken.

Die großen Phrasen sind ihr fern. Geywitz redet nicht über „feministische Wohnungspolitik“, aber sie macht sich Gedanken, nach welchen Bedürfnissen Städte ausgerichtet sind. „Frauen besitzen öfter kein Auto, sie verdienen weniger, sie bewegen sich häufig anders durch die Stadt als Männer“, sagt Geywitz. Gendern will sie nicht, weshalb sie sich gelegentlich einen Rüffel von ihrer Sprecherin einholt. Ihr Feminismus ist so unaufgeregt wie sie selbst. 2019 trieb sie in Brandenburg das erste deutsche Paritégesetz voran, mit dem Frauen und Männer im Landtag gleich stark vertreten sein sollten. Das Gesetz wurde letztlich vom Verfassungsgericht gekippt. Aber Geywitz hatte etwas gewagt. Gleichberechtigung ist ihr ein wichtiges Anliegen. Und natürlich die ostdeutsche Perspektive.

Als junge Frau Häuser „vor dem Verfall gerettet“

So wie sie heute in ihrem Ministerinnenbüro sitzt, graues Jackett und Brille, ist es schwer vorstellbar, dass sie früher in der Hausbesetzerszene aktiv war und nächtelang zu Punkmusik getanzt hat. Auch wenn sie keine gefärbten Haare hatte, wie sie betont. „Das war damals das Zusammentreffen zwischen der individuellen Pubertät und dem gesellschaftlichen Umbruch“, sagt Geywitz über die Wendezeit, die sie als Jugendliche erlebte. Die SED habe sich in der DDR nicht getraut, die Potsdamer Innenstadt und die prächtigen Altbauten abzureißen, weil es international für Aufsehen gesorgt hätte, deswegen habe man alles einfach verrotten lassen. Es herrschte Wohnungsmangel, viele junge Menschen seien dann in diese Häuser gezogen, „um selber einen Ort zu haben, wo man schläft, aber natürlich auch, um den Verfall zu stoppen“. Das sei kein „wahnsinnig politischer Hintergrund“ bei ihr gewesen. Eher eine Mischung „aus der Not begründet und einfach cool“.

Dass man das nicht unspektakulärer hätte erzählen können, sagt viel über die Bundesbauministerin. Bei der Frage: „Die Häuser denen, die drin wohnen?“ kann sie sich ein kurzes Lächeln nicht verkneifen. „Schwierig“, sagt sie. „Damals haben wir Häuser damit vor dem Verfall gerettet. Da war oft unklar, wem diese gehörten.“ In der DDR habe der Staat manchmal gesagt, wem ein Haus zu gehören hat und wem nicht. Andersherum verloren Menschen ihr Zuhause nach der Wende. Das sei ein sensibles Thema. „Einfach aneignen und sagen, das gehört jetzt mir, geht nicht.“ Dass in dieser Woche in Berlin eine Expertenkommission zum Schluss gekommen ist, dass eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen juristisch möglich ist, ändert nichts an ihrer Meinung. Geywitz verweist zudem auf Landesrecht.

Enteignungen sind in der SPD umstritten. In Berlin hat sich eine Mehrheit für die Vergesellschaftung von großen privaten Wohnungsunternehmen ausgesprochen. Eine Reißleine gegen den Profitwahn auf dem Wohnungsmarkt. Ein Wagnis. „Natürlich bin ich gegen Enteignung“, sagt Geywitz und leitet schnell ins aktuelle Tagesgeschäft über. Sie weiß, dass das Land spät dran ist, mit Wärmepumpen, mit dem sozialen Wohnungsbau. „Ich kann jetzt weinen oder machen“, sagt sie. Aber für Abenteuerliches ist die Ministerin heute nicht mehr zu haben.

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "wir werden seriellen Wohnungsbau vorantreiben, um überhaupt noch zu vernünftigen Preisen bauen zu können" --> Was Frau Ministerin Geywitz hier anspricht klingt blumig und nach einer tollen Lösung. Die Realität sieht - wie meistens bei blumigen Aussagen von Politikern - weniger schön aus.

    Serielles Bauen ist nichts anderes als industrielle Vorfertigung von Häuserblöcken. Wer sich fragt, wie das aussieht, sollte sich mal im Märkischen Viertel Berlins, Marzahn (oder jeder anderen ostdeutschen Plattenbausiedlung) oder in den alten Bundesländern in den Trabantenstädten der Neuen Heimat umsehen und sich fragen, ob diese Ghettoisierung als erstrebenswertes Projekt gelten kann.

    Die Bundesministerin selbst hingegen wohnt im "ökologisch mit Lehm sanierten" Potsdamer Altbau mit perfektem Raumklima und mehreren Metern Deckenhöhe.

    Seis ihr gegönnt, hat sie sich erarbeitet, allerdings stört mich der Gedanke "Wasser predigen und Wein trinken".

  • Schleierhaft was die taz an Frau Geywitz findet, die eben nicht in langen Linien denkt.



    Denn sonst würde sie sagen, was sie in den nächsten Jahren angesichts fehlender Sozialwohnungen (einige Millionen) und eines vollkommen überhitzten Wohnungsmarktes tun will- Sozialwohnungsbau ist zurzeit fast ein Nullsummenspiel, weil so viele Wohnungen aus der Sozialbindung fallen!

    Ehrlich wäre zu sagen, ich brauche sofort 50, eher 100 Milliarden Euro für ein Sozialwohnungsbauprogramm, bei dem der Staat Sozialwohungen baut, die Städten oder Kommunen gehören und nicht Investoren, die enormen Gewinn machen, wenn die Sozialwohnungen aus der Sozialbindung fallen.



    Doch nichts da, die SPD hofft, dass niemand merkt, dass die Sozialwohnungsbaupolitik der Ampel auf Sand gebaut ist. Weiter wie gehabt: das Thema hat parteiübergreifend keine Priorität.



    Hundertttausende Wohnungen wurden an private Investoren verkauft, die damit riesige Gewinne machen.



    Diese Wohnungen müssten im Sinne der Berliner Initiative einteignet werden, doch Geywitz hat keine politische Vorstellung dazu. Sie hat es nocht nicht einmal hinbekommen, die massive Abzocke mit möblierten Wohungen (25 Euro pro Qudratmeter für eine einfache Wohung) zu stoppen, weil die FDP das verhindert.



    Geywitz scheint keine Vorstellung davon zu haben, dass die AFD vom jahrzehntelangen Versagen der Politik in der sozialen Baupolitik massiv profitieren könnte.

  • Wohngeld wirkt preistreibend. Das wird gerne mal auf den Mietpreis draufgeschlagen. Noch schlimmer ist es, wenn die Miete direkt vom Amt übernommen wird. Da fällt bei Vermietern jede Hemmung und jedes soziale Verantwortungsbewusstsein.

    Leidtragende sind die Normalverdiener, die ihre Wohnung am "freien" Markt suchen müssen. Frei ist der schon lange nicht mehr. Verhandlungen mit Vermietern sind ausgeschlossen. Totale Unterwerfung ist angesagt. Ich habe genügend Bekannte, die verzweifelt nach Wohnraum suchen. Eine Wohnung zu finden, ist wie ein Lottogewinn - mit dem Unterschied, dass man zahlen muss.

    Vor diesem Hintergrund erscheint die Politik der Ampel und ihrer Bauministerin hilflos und wirkungslos. "Die Geräuschlose" ist in Wahrheit eine hilflose Ministerin ohne erkennbares Durchsetzungsvermögen. Wenn beim Bauen nicht bald die Handbremse gelöst wird, dann werden auch bald die letzten Sozialwohnungen aus der Bindung auslaufen und kein Ersatz geschaffen sein.

    Ohne konsequente Industrialisierung der Bauwirtschaft werden Wohnungen bald endgültig unerschwinglich sein. Ideen gibt es eigentlich genug. Die meisten sind aus Gründen der gültigen Normen und Bürokratie nicht umsetzbar. Es liegt also wirklich an der Politik, nicht etwa am Unwillen der Bauwirtschaft: Es braucht echte Typengenehmigungen, schlichte Bauten, einfache Ausstattung, keine Pflicht für Stellplätze oder Garagen. Es braucht viel mehr industriell gefertigte Module, die man einfach kombiniert aufstellen kann.

    • @Winnetaz:

      Und gewisse Subventionen, zum Beispiel für den Strom, der für den Bau gebraucht wird. Ja Strom ist oft umweltschädlich, aber anders geht es nicht.



      Man kommt an bestimmten Umweltschädlichen Subventionen nicht vorbei.



      Dazu wie du schon sagst eine Vereinfachung der Bürokratie

  • Was soll sie machen? Nach Lehrbuch sollten hohe Mieten dazu führen, dass Investoren in Gewinnerzielungsabsicht Wohnraum bauen, bis ein Überangebot zu sinkenden Mieten führt. Der klassische Schweinezyklus. Funktioniert hier aber nicht, da auch die Grundstückspreise hoch sind und die Investoren schnelle Rendite wollen, also bauen sie nur "exklusive Wohnungen" für "gehobene Ansprüche", was die Mieten in der Umgebung nur noch mehr in die Höhe treibt. Der Mark regelt's hier nicht, und Fördergelder für die gnädige Errichtung eines Anteils an bezahlbaren Wohnungen (die Normalverdiener auch nicht bekommen) ist Geld für einen Tropfen auf den heißen Stein.



    Die 1920er bis 1970er Jahre haben es vorgemacht: Ohne massiven sozialen Wohnungsbau durch staatliche Wohnungsbaugesellschaften wird nichts passieren. Ob man die nötigen Handwerker*innen und Baumaterial findet, möglichst noch klimaneutral, ist eine andere Frage.

  • "Wie bekämpft sie die Wohnungsnot?"



    Theoretisch gut, praktisch wirkungslos.