Bürgerkrieg im Südsudan: Gefechte bis zur Regenzeit
Neue Kämpfe schneiden Hunderttausende von humanitärer Hilfe ab. Die Wirtschaftslage verschlechtert sich rasant, der Regierung geht das Geld aus.
JUBA taz | Täglich geht es den Südsudanesen schlechter. Mehr als 100.000 Menschen sind in den letzten Tagen vor neuen Kämpfen im ölreichen Norden des Landes geflohen. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz und Ärzte ohne Grenzen haben sich aus der Region zurückgezogen, die UNO erklärte gestern den kompletten Abzug all ihrer Hilfswerke aus dem Süden des umkämpften Bundesstaates Unity, wo 300.000 Menschen von humanitärer Hilfe abhängig sind.
Das Wiederaufflammen des Krieges, der mit Unterbrechungen seit Ende 2013 tobt, hat vor allem meteorologische Gründe: Im Anlauf auf die nahende Regenzeit versuchen die Aufständischen unter dem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar und die Regierungsarmee von Präsident Salva Kiir verstärkt, sich gegenseitig die besten Positionen streitig zu machen.
Wenn es einmal regnet, sind Militäreinsätze kaum noch möglich, weil es kaum Straßen gibt und Panzer im Matsch steckenbleiben. Aber Kämpfe jetzt verhindern, dass die Bauern vor dem Einsetzen des Regens ihre Aussaat tätigen – die nächste Hungersnot ist so nur eine Frage der Zeit.
Der Krieg ist nicht nur an den Fronten spürbar, sondern auch in den südlichen Landesteilen, wo kaum gekämpft wird. „Nahrung ist schrecklich teuer geworden“, beschwert sich Linda Samson, eine Sozialarbeiterin, auf einem Markt der Hauptstadt Juba. „Drei Brötchen kosteten vor ein paar Monaten ein Pfund. Jetzt bekomme ich dafür nur zwei und sie sind viel kleiner.“ Linda Samson geht es noch vergleichsweise gut: Sie hat ein festes Einkommen, anders als die meisten Südsudanesen. Denen droht der rapide Absturz ins Elend.
Der Kampf ums Öl
„Es droht eine Katastrophe“, sagt Luka Biong, Leiter des Instituts für Friedens- und Entwicklungsstudien an der Universität von Juba. „Wenn nicht schnell etwas getan wird, rutschen drei Viertel der 12 Millionen Südsudanesen unter die Armutsgrenze. Die einzige Rettung ist Frieden. Selbst ein schlechter Frieden ist besser als gar keiner.“
Wirtschaftlich steht die Regierung mit dem Rücken zur Wand. Der Krieg tobt vor allem in den Regionen, wo sich die Ölfelder befinden, von denen Südsudan wirtschaftlich abhängt. Die Ölförderung hat sich bereits auf rund 160.000 Barrel täglich halbiert, dazu kommt der weltweite Preisverfall der letzten Monate und das Ende der ausländischen Entwicklungshilfe für die Regierung seit Beginn der Kämpfe – aus dem Ausland kommt nur noch humanitäre Hilfe für die Opfer des Konflikts.
Um das Defizit auszugleichen, hat die Regierung begonnen, Geld zu drucken. Das treibt die Inflation. Zu Jahresanfang war ein US-Dollar drei südsudanesische Pfund wert, heute sind es zehn. Aber Nahrung wird fast ausschließlich gegen US-Dollar importiert, und so ist alles viel teurer geworden, während Gehälter nicht erhöht wurden.
Offiziell geht 40 Prozent des Staatshaushalts ans Verteidigungsministerium; Experten vermuten, es ist viel mehr. Sicher ist, dass 80 Prozent der Staatseinnahmen in Gehälter von Regierungsbeamten und Militärs fließen. „Die Verwaltung ist enorm angeschwollen“, sagt Professor Biong. „Es gibt alle möglichen unnötigen Arbeitsplätze, die geschaffen wurden, um Verwandte und Freunde zu einem Einkommen zu verhelfen.“ Wenig bleibt für Gesundheit, Bildung und Entwicklung. Und viele Soldaten verhalten sich undiszipliniert. „Was passiert, wenn die Regierung bald kein Geld mehr hat, um die Soldaten zu bezahlen?“, fragt Sozialarbeiterin Samson.
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