Brüsseler Gipfel zur Griechenlandkrise: Eurostaaten erzielen Einigung
EU-Ratspräsident Tusk verkündet: Es wird Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm für Griechenland geben. Die Entscheidung fiel einstimmig.
Das Abkommen könne Griechenland den Weg ebnen, Euro-Mitgliedsland zu bleiben, erklärte Tusk über Twitter. Als Erster verkündete der belgische Premier Charles Michel am Montagmorgen um 8.39 Uhr mit lediglich einem Wort über seinen Twitter-Account, dass es zu einer Einigung zwischen den Verhandlungspartnern gekommen sei.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schloss einen Euro-Austritt des südeuropäischen Landes aus. „Es wird keinen Grexit geben“, versicherte er. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, sie trage die Verhandlungen mit voller Überzeugung mit. Doch sagte sie auch, Griechenland müsse das Vertrauen der Euro-Partner wieder aufbauen.
Vorangegangen waren dramatische Tage und Stunden. In der vergangenen Woche hatte Griechenland einen Antrag auf eine auf drei Jahre ausgelegte Hilfe von 53,5 Milliarden Euro aus dem Eurorettungsschirm ESM beantragt. Bei den Verhandlungen wiesen die Gläubiger darauf hin, dass Athen viele Milliarden mehr benötigen werde, um zahlungsfähig zu bleiben. Die griechische Wirtschaft und die Banken stehen vor dem Kollaps.
Knackpunkte IWF-Beteiligung und Privatisierungsfonds
Die Gespräche liefen seit Sonntagabend. Mehrere Male wurden sie unterbrochen. In den Pausen traf sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras mehrfach zu Gesprächen in kleiner Runde mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Tusk.
Knackpunkte der zähen Verhandlungen waren zuletzt die künftige Beteiligung des Internationalen Währungsfonds am griechischen Rettungsprogramm und die Etablierung eines Privatisierungsfonds im Umfang von voraussichtlich 50 Milliarden Euro. Ursprünglich war die Frist für ein Ende der Verhandlungen auf Sonntag um Mitternacht gesetzt worden.
Derzeit sind die EZB-Nothilfen bei 90 Milliarden Euro eingefroren. Das hatte dazu geführt, dass Griechenlands Banken ihren Kunden pro Tag nur noch 60 Euro in bar auszahlen. Die Geldhäuser in Griechenland sind seit zwei Wochen weitgehend geschlossen. Ohne Geld von der EZB können sie nicht wiedereröffnen, ohne zu kollabieren.
Mehrere Euroländer hatten gewarnt, dass Griechenland bei einem Scheitern der Verhandlungen zeitweise aus dem Euroraum ausscheiden könnte. Seit 2002 zählt das Land zur Eurozone. Aus der 1999 eingeführten Währungsunion ist noch nie ein Staat ausgeschieden. Der Großteil der Griechen möchte den Euro behalten.
Die Mehrheit der Bevölkerung hatte bei einem Referendum vor einer Woche jedoch gegen die Reformvorschläge der internationalen Kreditgeber gestimmt. Ob Tsipras die nun geschlossenen Kompromisse zu Hause durchsetzen kann, ist unklar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“