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Britischer Abgeordneter ermordetBrutaler Mord an David Amess

Der 69-jährige konservative Abgeordnete David Amess ist bei einer Bürgersprechstunde ermordet worden. Der junge Messerstecher ist in Haft.

Der britische Abgeordnete David Amess wurde erstochen Foto: Geoff Caddick/ap

berlin taz | Ein britischer Parlamentarier ist am Freitag bei seiner Bürgersprechstunde ermordet worden. David Amess, der konservative Abgeordnete für den Wahlkreis Southend West in Essex östlich von London, wurde am Nachmittag für tot erklärt, nachdem ein Mann auf ihn mehrere Male mit einem Messer eingestochen hatte und die herbeigerufenen Rettungskräfte eine Stunde lang vergeblich versucht hatten, sein Leben zu retten.

Der mutmaßliche Täter, ein 25-Jähriger, wurde festgenommen. Angaben zu seiner Identität oder seinen Motiven lagen zunächst nicht vor. Die Antiterrorpolizei ermittelt. Ihr zufolge wird kein weiterer Täter gesucht und es besteht keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit.

Berichten zufolge ereignete sich die Tat am Freitag kurz nach 12 Uhr Ortszeit. Der 25-Jährige stürmte Amess' Bürgersprechstunde, die gerade in der Belfairs Methodist Church in einer ruhigen Wohnstraße der Southender Vorstadt Leigh-on Sea stattfand, so wie alle zwei Wochen zur glechen Zeit. Nur wenige Minuten vorher habe sich Amess noch vor der Kirchentür mit anderen Menschen unterhalten, hieß es. Die Bürgersprechstunden, die britische Abgeordnete in ihren Wahlkreisen durchführen, sind pandemiebedingt erst seit kurzer Zeit wieder möglich.

Amess war einer der dienstältesten Abgeordneten des britischen Unterhauses: seit 38 Jahren saß er ununterbrochen im Parlament. 1983 war er zuerst gewählt worden, seinen aktuellen Wahlkreis hielt er seit 1997. Er saß zuletzt im Gesundheitsausschuss und gehörte aufgrund seiner langjährigen Erfahrung zu den Stellvertretern des „Speakers“ Lindsay Hoyle, der Unterhaussitzungen leitet.

Wie viele Politveteranen in Großbritannien, die jahrzehntelang einem Wahlkreis treu bleiben, während Premierminister kommen und gehen, lässt Amess sich nicht eindeutig politisch situieren. Der 1952 in einfachen Verhältnissen in London geborene Katholik gehörte zu den jungen konservativen Aufsteigern der Thatcher-Ära und trat später einerseits als Gegner der Homoehe und der Abtreibung und Anhänger eines harten Brexit in Erscheinung – andererseits setzte er sich persönlich immer wieder für Flüchtlinge und für den besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt ein. Er stimmte erst vor wenigen Monaten gegen eine von der Regierung durchgedrückte Kürzung des Entwicklungshilfebudgets und engagierte sich immer wieder für Tierschutz. Kollegen erinnern sich an ihnen als einen fleißigen, höflichen und nachdenklichen Wahlkreisabgeordneten, der sich nicht politisch verkämpfte, aber sehr entschieden für Dinge eintreten konnte, die ihm am Herzen lagen, sehr entschieden.

Wie vor fünf Jahren Jo Cox

Parteiübergreifend äußerten britische Politiker am Freitag nachmittag Entsetzen. Politische Termine wurden abgesagt. Es ist der zweite Mord an einem britischen Parlamentsabgeordneten in der Öffentlichkeit seit der Ermordung der Labour-Abgeordneten Jo Cox am 16. Juni 2016, eine Woche vor dem Brexit-Referendum, durch den rechtsextremen Killer Thomas Mair, der mittlerwele eine lebenslange Haftstrafe ohne Chance auf frühzeitige Entlassung absitzt. Er hatte Cox vor dem Ort ihrer Bürgersprechstunde in Birstall in South Yorkshire abgepasst, auf sie geschossen und mehrfach auf sie eingestochen.

Seitdem wurde die Befürchtung geäußert, es sei zu wenig für den Schutz von Politikern vor Hass und Gewalt getan worden. Es wird nun mit einer neuen Debatte darüber gerechnet, ob Abgeordnete Personenschutz brauchen, wenn sie in der Öffentlichkeit unterwegs sind, oder ob Sprechstunden im Wahlkreis in eigens geschützten Räumen mit Eingangskontrollen stattfinden müssten.

Am Montag kehrt das Parlament in London aus den Herbstferien zurück. „Wir werden in den nächsten Tagen über die Sicherheit von Parlamentariern reden müssen“, sagte Speaker Lindsay Hoyle. Ein anderer Abgeordenete wurde mit dem Satz zitiert: „Das hätte jeden von uns treffen können.“

„Unsere gewählten Vertreter anzugreifen heißt, die Demokratie anzugreifen: es gibt keine Ausrede, keine Entschuldigung“, sagte Brendan Cox, der verwitwete Ehemann von Jo Cox, der nach ihrer Ermordung eine Stiftung gegen Hass in der Politik gegründet hatte, und fügte hinzu: „Dies bringt alles wieder hoch. Den Schmerz, den Verlust, aber auch die Liebe, die uns nach Jo's Verlust die Öffentlichkeit gab. Ich hoffe, für David können wir jetzt dasselbe tun.“

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2 Kommentare

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  • Rassisten unken unisono von einem Somalier. Ich bin dafür, etwas abzuwarten. Es kann theoretisch auch irgendein anglosächsisher Skinhead sein!

  • Mein tiefes Mitgefühl für die Familie und die Freunde von David Amess! Es ist entsetzlich, einen Menschen auf diese Weise zu verlieren. Außerdem möchte ich bemerken, dass ich mich schäme für die dröhnende Sprachlosigkeit all derer, die diesen Angriff auf die Demokratie links liegen lassen.