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Britische Rechtspopulisten zerstrittenNigel Farage beißt Kritiker weg

Die britischen Rechtspopulisten von „Reform UK“ werfen Hardliner Robert Lowe aus ihrer Fraktion. Zuletzt waren sie auf einem politischen Höhenflug.

Kaltgestellt: Rupert Lowe, hier noch als Reform-Abgeordneter auf einem Bauernprotest in London, 4. März Foto: Jordan Pettitt/PA Wire/dpa

London taz | Nun sind es nur noch vier. Die rechtspopulistische britische Partei Reform UK, die unter Führung von Nigel Farage bei den Parlamentswahlen im Juli 2024 mit fünf Direktmandaten ins Unterhaus einzog, hat einen ihrer fünf Abgeordneten suspendiert. Rupert Lowe, der Wahlkreisabgeordnete für das ostenglische Nordseebad Great Yarmouth, muss nun neben suspendierten ehemaligen Labour-Abgeordneten und dem nun parteilosen Jeremy Corbyn sitzen.

Der 67-jährige Geschäftsmann aus Oxford, der mit einem Pflegeunternehmen zu Reichtum kam und als ehemaliger Vorsitzender des Fußballclubs Southampton bekannt wurde, hatte vergangene Woche gegenüber der Zeitung Daily MailReform UK als „Protestpartei“ beschrieben, geführt von einem „Messias“, womit er Nigel Farage meinte. Einen Tag später folgte sein Rauswurf aus der Fraktion. Farage warf Lowe vor, die „Einheit“ der Partei zu zerstören und „unbeherrscht“ aufzutreten.

Als wolle man sicherstellen, dass Lowe draußen bleibt, gab Reform UK zusätzlich eine unabhängige Untersuchung zu Vorwürfen in Auftrag, dass er zwei weibliche Parteiangestellte drangsaliert habe, und es wurde Anzeige erstattet, weil er Reform-Geschäftsführer Ziad Yusuf, ein Tech-Millionär, mit Gewalt gedroht habe.

Lowe wies alle Anschuldigungen zurück und nannte seine wiederholten Forderungen nach besserer Kommunikation in Fraktion und Parteiführung als den eigentlichen Grund seiner Suspendierung.

Lowe war einst gemeinsam mit Nigel Farage Europaabgeordneter der Brexit Party – die kurzlebige Vorgängerpartei von Reform UK, die zum Höhepunkt der Brexit-Streitereien in Großbritannien 2019 die letzten britischen Europawahlen gewonnen hatte. Als Politiker ist Lowe als rechter Hardliner bekannt. So hatte er beispielsweise gefordert, dass nicht legal eingewanderte Asylb­ewer­be­r:in­nen in ein Zeltlager mit wenig Nahrung auf westenglische Inseln gebracht werden sollten, um sie zu ermutigen, „dort zurückzukehren, wo sie hergekommen seien.“

Rückenwind von Musk

Im Januar bekam Lowe durch X-Posts des US-Milliardärs und Trump-Beraters Elon Musk plötzlich unerwarteten Rückenwind. Musk war von Farage kritisiert worden, weil er die Freilassung des inhaftierten britischen Rechtsextremisten Tommy Robinson gefordert hatte, und zog daraufhin nicht nur eine in Aussicht gestellte gigantische Parteispende zurück, sondern verlangte auch Farages Rücktritt und einen neuen Anführer für Reform UK. Lowe fühlte sich offenbar davon angesprochen. Farage ist bekannt für seinen erbarmungslosen Umgang mit parteiinterner Kritik.

Der öffentliche Streit zwischen Lowe und Farage ist nun die erste öffentlich ausgetragene Krise der Partei Reform UK, die nach ihrem Achtungserfolg bei den Wahlen 2024 immer populärer wird. Im Februar lag sie bei einer Reihe von Umfragen an erster Stelle, vor Labour und den Konservativen; derzeit liegen alle drei in etwa gleichauf bei Werten zwischen 21 und 28 Prozent. Bei den bevorstehenden Kommunalwahlen am 1. Mai will Reform UK beweisen, dass sich das auch in Wählerstimmen umsetzen lässt.

Labour hingegen hofft, dass die diplomatischen Erfolge Keir Starmers in den vergangenen Wochen als Vermittler zwischen der Trump-Regierung und europäischen Staaten und Vorreiter einer europäischen Friedenstruppe für die Ukraine den Tiefflug Labours beenden.

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1 Kommentar

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  • Elon Musk ist eine Gefahr für die Demokratie in Europa, Zeit das sich europäische Geheimdienste um das Problem kümmern.