Briefzustellung in Deutschland: Die Post spielt mit dem Ende
Denkt die Post über ein Ende der flächendeckenden Zustellung nach? Möglicherweise handelt es sich um eine Finte im laufenden Tarifkonflikt.
Dann wäre der weltgrößte Logistiker nicht mehr für die Grundversorgung bei Briefen und Paketen in Deutschland zuständig, die Jobs von 220.000 PostlerInnen stünden zumindest auf der Kippe. Der Bund würde dann nämlich die Zustellung neu ausschreiben. Im aktuellen Tarifkonflikt fordert Verdi 15 Prozent mehr Lohn und hat bereits Warnstreiks organisiert.
Derzeit ist der Marktführer Post zwar von der Mehrwertsteuer befreit, muss aber dafür auch anders als die Wettbewerber Briefe deutschlandweit in jeden Weiler zustellen – überall zum selben Preis und binnen bestimmter Fristen.
Die sogenannte Postuniversaldienstleistungsverordnung von 1999 schreibt auch vor, dass alle BundesbürgerInnen im Umkreis von einem Kilometer um ihren Wohnort einen Briefkasten vorfinden müssen. Zudem muss es bundesweit mindestens 12.000 Post-Anlaufstellen wie Filialen, Kioske oder Tankstellen geben.
Die Welt der Post hat sich radikal geändert
Tatsächlich will das Wirtschaftsministerium in den kommenden Wochen Eckpunkte für eine Novelle des Postgesetzes vorlegen. „Muss tatsächlich jeder Brief – oder mehr als 80 Prozent – am nächsten Tag zugestellt werden?“, fragt Post-Chef Frank Appel. Das neue Gesetz könne nicht mehr „so tun, als wäre die Welt wie vor 20 Jahren“. Die Post will mehr Flexibilität wie einen zustellfreien Montag oder Rabattmöglichkeiten für langsamere Zustellung.
Tatsächlich haben Mails und Chat-Dienste die Welt der Post radikal verändert. Jedes Jahr werden 2 bis 5 Prozent weniger Briefe zugestellt. Die Post reagierte umgehend auf den Medienbericht: Man wolle sich nicht aus dem Universaldienst zurückziehen, aber „den Umbau zu einem klimaneutralen Brief- und Paketdienst fortsetzen“, hieß es. Dann müssten die Postflüge, die derzeit für eine schnelle Zustellung in Deutschland sorgen, eingestellt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel