piwik no script img

Brief an FaeserAbschiebung nach Afghanistan

Deutschland schiebt Menschen aufgrund der Taliban nicht mehr nach Afghanistan ab. Der CDUler Alexander Throm fordert eine Ausnahme für Straftäter.

Nennt die Talbiban einen „schwierigen Ansprechpartner“: CDUler Alexander Throm Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin dpa | Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgefordert, Abschiebungen von Straftätern und islamistischen Gefährdern nach Afghanistan wieder zu ermöglichen. In einem Schreiben an die Ministerin, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, die Türkei bringe Afghanen per Flugzeug in ihre Heimat zurück, der Flughafen Kabul sei offen, und für die Aufnahme von ehemaligen Ortskräften und besonders gefährdeten Menschen aus Afghanistan habe die Bundesregierung schließlich auch pragmatische Lösungen gefunden.

Der Bevölkerung in Deutschland sei es vor diesem Hintergrund nicht zu vermitteln, dass selbst „Einzelabschiebungen in schwerwiegenden und sicherheitsgefährdenden Fällen“ nicht möglich sein sollen, schrieb der CDU-Abgeordnete aus Baden-Württemberg am Montagnachmittag an die Bundesinnenministerin. Seine Parteikollegin, die baden-württembergische Migrationsministerin, Marion Gentges, und Faeser streiten seit längerem über den Umgang mit solchen Fällen. Gentges versucht, einen verurteilten Vergewaltiger aus Illerkirchberg nach Afghanistan abschieben zu lassen. Der Bund weigert sich und verweist darauf, dass Abschiebungen nach Afghanistan im August 2021 ausgesetzt worden seien. Grund dafür sei die Sicherheitslage vor Ort.

Throm übt in seinem Brief an Faeser nun ebenfalls scharfe Kritik. Er schreibt: „Mit Ihrer Untätigkeit nehmen Sie weitere Gefahren für die hiesige Bevölkerung in Kauf und riskieren die Akzeptanz und Hilfsbereitschaft unserer Bevölkerung.“ Die jetzige afghanische Regierung sei zwar „ein schwieriger Ansprechpartner“, räumte er ein. Dennoch gebe es in verschiedenen Bereichen Gespräche mit den Taliban.

Bevor die militant-islamistischen Taliban vor rund eineinhalb Jahren die Hauptstadt Kabul wieder unter ihre Kontrolle gebracht hatten, hatten die Länder mit Unterstützung der Bundespolizei regelmäßig Straftäter, islamistische Extremisten und andere abgelehnte Asylbewerber – ausschließlich Männer – nach Afghanistan abgeschoben.

Laut Bundesregierung lebten Ende Juni 2022 insgesamt 26.682 ausreisepflichtige Menschen aus Afghanistan in Deutschland. Allerdings verfüge die überwiegende Mehrheit von ihnen über eine sogenannte Duldung. Geduldete bleiben ausreisepflichtig, dürfen aber vorübergehend in Deutschland bleiben, weil sie nicht abgeschoben werden können. Das liegt meist daran, dass sie keine Ausweisdokumente haben oder eine Krankheit, die im Herkunftsland nicht behandelt werden kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Die Genfer Flüchtlingskonvention lässt es zu, dass verurteilte Straftäter rückgeführt werden dürfen:

    §33 Absatz 2.

    "Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwer wiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde."

  • eine abwägung ...

    ob man straftäter unserer gesellschaft zumutet, oder straftätern die gesellschaftlichen verhältnisse in afghanistan zumuten wollte.

    dann sie doch besser ihrer eigenen stammesgesellschaft zuführen.

  • Afghanistan ist viel zu gefährlich für die meisten AfghanX. Es kommt nur auf die richtigen Angebote bei uns an, dass klappt das mit dem Zusammenleben gut. No borders no nations!

    • @Veganer Prenzelberger:

      Und was ist das richtige Angebot für einen verurteilten Vergewaltiger aus Afghanistan, damit es mit dem Zusammenleben gut klappt?

  • @MANFRED MILDE-BÜTTCHER

    Ja, genau. Rübe ab.

    Ich bin da eher bei @INGO BERNABLE: Menschenrechte sind eben... für alle Menschen gültig. Und oh, DR. MCSCHRECK, wir haben es hier mit Menschen zu tun, die aufgrund der Verurteilung sowieso hinter Gittern stecken.

  • Ich wüsste nicht, aus welchen Gründen (außer dem deutschen Asylrecht) in Deutschland oder einem anderen EU-Land rechtskräftig verurteilte Mörder, Vergewaltiger oder ähnlich schwere Straftäter in Deutschland Schutz beanspruchen sollten.

    • @Manfred MIlde-Büttcher:

      Gemeinhin genügt als Grund dafür, dass Grund- und Menschenrechte in DE sogar für Mörder und Vergewaltiger gelten.



      Daneben könnte man aber auch mal in Frage stellen ob es wirklich begründet ist in der Debatte um das Asylrecht immer gleich Mörder und Vergewaltiger zu assoziieren. Oft entsteht die Straffälligkeit lediglich im Kontext des Ausländer-/Aufenthaltgesetztes. Straftatbestände also die Deutsche gar nicht begehen können und sich deshalb auch nie mit deren Bestimmungen und deren Sinnhaftigkeit befassen. Selbst ein 'islamistischer Gefährder' ist noch kein Verbrecher, sondern einfach jemand dem die Polizei bestimmte Straftaten zutraut, auf welcher Grundlage auch immer, ohne Verfahren oder Urteil. Und das soll dann genügen um jemanden von Grund- und Menschenrechten auszunehmen?

      • @Ingo Bernable:

        die Genfer Konvention macht hier ausdrücklich eine Ausnahme, Art. 33 Nr. 2. Gefährder können sich nicht auf den Schutz berufen.....weil kein Staat die eigene Bevölkerung einem Risiko aussetzen muss, damit ein Straftäter kein Risiko hat.

  • Alexander Throm fordert eigentlich, dass Deutschland Menschen in ein Strafsystem überstellt, wo einem mal ne Hand abgehackt wird, ein 'Vergewaltiger' würde wahrscheinlich gleich aufgehängt. Ich habe beim lesen des Artikels gedacht, das sei nicht ernst gemeint. Und dann diese Logik: Abschlieben als Lösung für Delinquenz. Kriminalität bearbeitet man hier, nicht mit Hauruckurteilen und harten islamischen Strafen in Afghanistan.

  • Ist es so einfach, dass Politiker (über den Bundesrat) entscheiden können, in welche Länder abgeschoben werden darf und in welche nicht? Ich ging bisher davon aus, dass die Gerichte darüber entscheiden.

    Grundsätzlich frage ich mich schon länger, ob wir das deutsche Asylrecht abschaffen sollten (sofern wir das können) und uns ausschließlich, wie viele andere Länder auch, an der Genfer Flüchtlingskonvention orientieren. Beide kenne ich nicht im Detail, bin aber für eine Vereinfachung.

    • @*Sabine*:

      Kann man das Asylrecht abschaffen, ohne das Grundgesetz zu kippen? Und warum dann? Um ehemalige, abgelehnte Asylbewerber in Krisengebiete und Staten zu überführen, die keinerlei Rechtsstaatlichkeit kennen?

      • @Andreas_2020:

        Genau das weiß ich nicht, ob das Asylrecht so mit dem Grundgesetz verknüpft ist, dass auch Mörder etc. nicht abgeschoben werden dürfen.

        Ich hatte angenommen, dass die Genfer Flüchtlingskonvention "höherwertiger" ist als das deutsche Asylrecht, da sie von so vielen Ländern ratifiziert wurde. Und dann gibt es selbstverständlich noch die EU-Gesetze.

        Vermutlich ist das deutsche Asylrecht zusammen mit der Genfer Flüchtlingskonvention aber schon eine ganz gute Kombination. Beides zusammen deckt vermutlich mehr Fälle ab als nur eine der beiden Gesetzgebungen.

    • @*Sabine*:

      Das Asylrecht entstand vor Allem aus den Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung während und nach dem 2. Weltkrieg und galt bislang als zivilisatorischer Fortschritt. Es abzuschaffen beträfe zunächst einmal all jene die vollkommen berechtigte Gründe dafür haben ins Asyl gehen zu müssen.

      • @Ingo Bernable:

        Vermutlich habe ich mich missverständlich ausgedrückt, ich will das deutsche Asylrecht nicht in Abrede stellen und nur darüber nachgedacht, welche der beiden Rechtsnormen vorteilhafter ist und wie man das, aus meiner Sicht, "ganze Durcheinander" vereinfachen kann.

  • Das sind europäische Werte also: Menschenrechte gelten mal ja, mal nein.

    Dieser Mensch sollte in die AfD eintreten. Oder ist die CDUCSU mittlerweile dasselbe?

  • Da Deutschland die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat, sind Abschiebungen auch nach Afghanistan kein Problem. Artikel 33:

    1) Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.



    2) Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.

    • @Gast100100:

      Super, dann kann man so einen Straftäter ja auch in Staaten abschieben "in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde". Wenn es aber rechtlich OK ist wenigstens Straftäter in Folter und Tod abzuschieben, was spräche denn dann noch dagegen sie gleich selbst zu foldern oder hinzurichten?



      Neben der Genfer Flüchtlingskonvention gilt eben auch noch das GG und das ist mit einem solchen Vorgehen eben unvereinbar. Auch das ließe sich natürlich ändern, aber solche Änderungen die das hiesige Rechtssystem mit dem der Taliban vereinbar machen würden, würden dann eben auch für Alle gelten.