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Brexit und GibraltarZoff um den „Affenfelsen“

Spanien könnte die Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien platzen lassen. Es geht um den Status von Gibraltar, der nicht geklärt ist.

Durch den Zaun gesprochen: Unterhaltung auf Gibraltar Foto: reuters

Madrid taz | Spaniens Regierungspräsident Pedro Sánchez könnte das Brexit-Abkommen platzen lassen. Der Grund: Der Sozialist droht ein Veto einzulegen, sollte der Text nicht deutlich machen, dass das britische Überseegebiet Gibraltar, an der Südspitze der iberischen Halbinsel, kein integraler Bestandteil des Vereinten Königreichs ist.

„Sollte das Problem nicht gelöst werden, wird Spanien sich gezwungen sehen, gegen das Brexit-Abkommen zu stimmen, weil dies das Wesen unseres Landes und unserer Nation betrifft“, sagte Sánchez. Im Entwurf für das Abkommen wird Gibraltar bisher mit keinem Wort erwähnt. Bei einem Brexit-Treffen der Unterhändler der EU-Staaten am Freitag wurde Diplomaten zufolge im Streit um Gibraltar keine Einigung erzielt. Das sagten EU-Diplomaten in Brüssel.

Der „Affenfelsen“, wie die 6,5 Quadratkilometer große Landzunge im Volksmund heißt, gehört seit dem Ende des Erbfolgekriegs 1704 zum Vereinigten Königreich. 1713 wurde das Gebiet im Vertrag von Utrecht ganz offiziell abgetreten.

Spanien hat diesen Verlust jedoch bis heute nicht verwunden und verlangt die Rückgabe. Der Utrechter Vertrag hält eine Rückkehr zu Spanien tatsächlich offen, allerdings nur, wenn sich Großbritannien aus Gibraltar zurückziehen sollte – eine rein hypothetische Möglichkeit.

Gemeinsame Verwaltung

Seit Jahren versucht Spanien mit London ohne großen Erfolg Abkommen auszuhandeln, die Stück für Stück zu einer gemeinsamen Verwaltung Gibraltars führen. Deshalb beharrt Madrid auch jetzt darauf, dass das britische Überseegebiet nach dem Brexit eine bilaterale Angelegenheit zwischen Spanien und dem Vereinten Königreich sein müsse.

Am Donnerstag telefonierte Sánchez mit seiner britische Amtskollegin Theresa May, um ihr die Position Madrids zu erklären. May berichtete anschließend, sie habe Madrid einen Dialog angeboten, „aber ich habe absolut deutlich gemacht, dass die britische Souveränität geschützt werden wird, und dass die künftige Beziehung, die wir beschließen, für die gesamte UK-Familie gelten muss“.

Der große Pluspunkt Madrids bei den Verhandlungen ist die europafreundliche Haltung der knapp 36.000 Einwohner Gibraltars.

Regierung und Opposition in Gibraltar lobten May ebenso dafür, wie die örtliche Presse. Sánchez wiederholte daraufhin seine Veto-Drohung mehrmals, zuletzt von Kuba aus, wo er sich zu einem Staatsbesuch aufhält.

Währenddessen wird im Hintergrund zwischen London und Madrid verhandelt. Laut spanischer Presse sind erste Einigungen in Sicht. Es gehe um fünf Punkte: Den niedrigen Tabakpreis, der zu Schmuggel nach Spanien führt, die Rechte der 10.000 Spanier, die als Grenzgänger in Gibraltar arbeiten, die Steuerpolitik, die dazu führt, dass spanische Unternehmen ihren Firmensitz nach Gibraltar verlegt haben sowie eine gemeinsame Grenz- und Umweltpolitik.

Pluspunkt Madrids

Am Freitag früh verkündete der Chief Minister von Gibraltar, Fabian Picardo, einen Durchbruch bei den Gesprächen zwischen Madrid und London. Kurz darauf dementierte Spanien und drohte einmal mehr mit einem Veto.

Der große Pluspunkt Madrids bei den Verhandlungen ist die europafreundliche Haltung der knapp 36.000 Einwohner Gibraltars. 96 Prozent stimmten für den Verbleib bei der EU. Allerdings sprachen sich bei einer anderen Volksabstimmung 2002 98,5 Prozent gegen eine gemeinsame Verwaltung des Gebietes durch London und Madrid aus. Die Llanitos – wie die Einwohner Gibraltars genannt werden – sehen sich als Briten und wollen das bleiben.

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8 Kommentare

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  • Haben Sie sich eigentlich mal mit der Geschichte des Osmanischen Reiches und Thrakiens tatsächlich beschäftigt? Und wenn ja, sind Sie tatsächlich der Meinung, alle diese Leute auf die Art "heim ins Reich" zu holen war OK?

  • Wieso? Nur, weil etwa Großbritannien oder andere Nationalstaaten demokrafisches Engineering betreiben, heißt das doch nicht, dass diese "Mehrheitsentscheidung" tatsächlich trägt? So, wie in Nordirland die Loyalists den Ton angeben? Wie kann es sein, dass diese Gebiete MITTEN IN EUROPA heute noch kolonialistisch bestimmt sind? Damit sie etwa in Nordirland ihre Ostermärsche durch katholische Viertel rechtfertigen können? Nein, danke.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Gibraltar ist eher mit Andorra vergleichbar. Beide sind ein Hort für Zigarretten-und Alkoholschmuggel und Steuerparadies, wobei Andorra von zwei Koprinzen regiert wird: Dem französchen Staatspräsidenten und dem Erzbischof von Lerida.



    Sanchez hat diesen Status vor Augen, wenn er von einer gemeinsamen Verwaltung spricht.

  • Eine letzte Kolonie, gleich hinter Irland, mitten in Europa. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Europa wäre die Briten dann los, die Briten wären Europa los. Aber sich an Gebiete zu klammern, die einem nicht gehören - Vertrag hin oder her - im sogenannten 21. Jahrhundert - ist eben das: kolonialistisch.

    • @Sergej Prokofiev:

      Merkwürdiges Demokratieverständnis. Die Bewohner Gibraltars haben sich in demokratischen Wahlen für den unveränderten Status als Überseegebiet entschieden. Daher gibt es keinen Grund den derzeitigen Status als Kolonie abzutun.

      Osttrakien müsste nach Ihrer Auffassung dann wohl ebenfalls eine Kolonie darstellen.

    • @Sergej Prokofiev:

      Naja, das Gebiet wurde abgetreten, als die Idee von Nationen noch kein Mainstream war und die Länder und Dynastien um strategische Gebietserweiterungen Kriege führten und heirateten, gleich welche Sprache dort gesprochen wurde.



      Von daher kann Gibraltar schon zu UK gehören. Nationen sind ja nicht naturgegeben.

      Interessant finde ich aber, dass Spanien Gibraltar beansprucht, aber gleichzeitig zu einer Abtretung Ceutas und Melillas an Marokko schweigt - wie auch dieser Artikel. Wenn auch eine Integration dieser beiden Exklaven in die marokkanische Gesellschaft mit größeren Mühen und Hindernissen verbunden wäre als eine Integration Gibraltars in Spanien...

      • @Marius:

        Die Lage von Ceuta und Melilla ist aber ganz verschieden. Sie sind Bestandteil von Spanien und als solche im spanischen Parlament vertreten. Gibraltar gilt als eine Kolonie für die UNO und muss entkolonisiert werden. Deswegen sind und sollten beide Fälle nicht in diesem Artikel vergleicht werden.

        • @Klaus Gomez:

          Worüber ich persönlich voll hinweg bin sind diese pseudo rhetorischen Retourkutschen. Weil Spanien X nicht macht, ist es also OK, dass Großbritannien weiter an Gibraltar festhält? Ist doch dieselbe Logik, die Deutschen bis in die Unendlichkeit verwehren wird, andere Länder an sich zu kritisieren, weil wir uns das Dritte Reich zuschulden haben kommen lassen. WIR DISKUTIEREN HIER GERADE GIBRALTAR, und nicht etwa irgendwelche anderen Kolonien Spaniens. Das kann man gerne getrennt betrachten.