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Brennelementfabrik in LingenRussland kauft sich ein

Französischer Eigner gründet ein Joint-Venture mit dem russischen Staatskonzern Rosatom. Die Lingener Fabrik soll Reaktoren russischer Bauart beliefern.

Umweltgruppen schon länger ein Dorn im Auge: Lingener Uranfabrik Foto: Lars Klemmer/dpa

Göttingen taz | Also doch: Nach längerem Verwirrspiel steht nunmehr fest, dass der französische Atomkonzern Framatome, der die Brennelementefabrik „Advanced Nuclear Fuels“ (ANF) im niedersächsischen Lingen betreibt, mit dem russischen Staatsunternehmen Rosatom ein Joint Venture eingeht. So kann die zuletzt nicht ausgelastete ­Fabrik künftig auch Brennstäbe für Atomreaktoren russischer Bauart liefern.

Das niedersächsische Umweltministerium bestätigte am Mittwoch im Kern einen entsprechenden Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das Joint Venture zwischen Framatome und der russischen Rosatom-Tochter TVEL sei allerdings nicht wie zunächst geplant in Deutschland, sondern in Frankreich gegründet worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Der ursprüngliche Antrag sei nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine zurückgezogen worden, nachdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erhebliche Zweifel bezüglich einer Genehmigung geäußert habe.

Derzeit liege dem Umweltministerium in Hannover als atomrechtlicher Genehmigungsbehörde ein Antrag vor, wonach ANF in Lingen in Lizenzfertigung sechseckige Brennelemente für den Einsatz in osteuropäischen AKW herstellen wolle, hieß es weiter. Für die Produktion sei eine enge Kooperation mit dem Unternehmen Ros­atom geplant, das bislang das Monopol auf hexagonale Brennelemente hat. Nach taz-Informationen beteiligt sich TVEL mit 25 Prozent an dem Joint Venture.

Atomkraftgegner reagierten entsetzt auf die Nachricht. Dieser Deal könne dem Kreml den Zugang zur kritischen Atom-Infrastruktur öffnen, kritisieren der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), regionale Initiativen sowie die atomkritische Ärztevereinigung IPPNW. Bislang hat ANF vor allem Atomkraftwerke in westlichen Ländern beliefert, darunter waren allerdings auch berüchtigte Pannenmeiler in Belgien und Frankreich. Die Brennelementefabrik in Lingen und die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau sind vom deutschen Atomausstieg ausgenommen und verfügen immer noch über unbefristete Betriebsgenehmigungen.

Rosatom untersteht Putin

Seit 13 Monaten führe Russland einen blutigen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine, sagt BBU-Sprecher Udo Buchholz. Der „Kreml-Konzern“ Rosatom sei daran durch die Besetzung des ukrainischen Atomkraftwerkes Saporischschja unmittelbar beteiligt. Doch der französische Atomkonzern Framatome tue so, als sei Rosatom weiterhin ein Geschäftspartner wie jeder andere.

In Russland leitet die 1992 vom heutigen Präsidenten Vladimir Putin als Nachfolger des sowjetischen Ministeriums für Nukleartechnik und Nuklearindustrie mitgegründete Ros­atom die zivile und militärische Atom­industrie des Landes und hat damit die Aufsicht über rund 150 Produktionsstätten. Nach Schätzungen von ­Experten des EU-Parlaments kontrolliert die Agentur 96 Prozent des ­nuklearen Materials in Russland. ­Rosatom untersteht direkt der russischen Regierung.

„Warum springen bei diesem unverantwortlichen Atomdeal in Hannover und Berlin nicht sofort alle Signale auf Rot?“, fragt Buchholz. In Lingen werden nach Ansicht der Initiativen aktuell die Energie-Fehler der Vergangenheit einfach wiederholt, von einer Abhängigkeit zur nächsten. „Wir brauchen dringend ein politisches Veto aus Hannover und Berlin“, so Buchholz. Am wirkungsvollsten sei natürlich die Stilllegung der Lingener Brennelemente­fabrik im Rahmen eines ­umfassenden Atomausstiegs.

Gleichzeitig befürchten die Anti-Atomkraft-Initiativen schon für die nächsten Tage ­einen weiteren Urantransport aus Russland zur Brennelementefabrik Lingen. Das einschlägig bekannte russische Uranschiff „Mikhail Dudin“ befand sich am Mittwoch laut der Marine-Website Vesselfinder in der Anfahrt auf den Hafen von Rotterdam.

Anti-AKW-Initiativen rufen zu Protest auf

Dort wurde im vergangenen Jahr mehrfach russisches, für Lingen bestimmtes Uran umgeschlagen. Gegen diese Fuhren hatten in Lingen und entlang der Transportstrecken immer wieder Um­welt­schüt­ze­r:in­nen protestiert.

Für den 15. April haben die Anti-AKW-Initiativen erneut zu einer Kundgebung vor der Brennelementefabrik aufgerufen, um so den Einstieg von ­Rosatom vielleicht doch noch zu verhindern. Am selben Tag läuft auch die Betriebsgenehmigung für das Atomkraftwerk Emsland bei Lingen endgültig aus.

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1 Kommentar

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  • Was auch immer in Lingen produziert wird, es ist nicht unsere Abhängigkeit und nicht unser Problem.



    Und Ob es nun besser ist wenn die Osteuropäer ihre Brennelemente weiterhin direkt in Russland kaufen statt bei dem geplanten französisch-russischem Joint Venture, das in Deutschland produzieren möchte, sei mal dahingestellt.