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Brandanschlag auf Tesla-WerkDas Gute am Tesla-Anschlag

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Natürlich ist der Anschlag auf Tesla zu verurteilen. Aber man kann ihm auch Positives abgewinnen.

Ohne Strom nix los, der bei einem Brandanschlag zerstörte Strommast nahe des Tesla Werkes in Grünheide Foto: Patrick Pleul/dpa

N atürlich ist das Gewalttätige an dem Attentat auf den Strommast, das die Tesla-Fabrik seit vergangenem Dienstag stillstehen ließ, zu verurteilen.

Aber: Weil keine Menschen zu Schaden gekommen sind, Tesla gleichzeitig mit utopisch anmutenden Schadenshöhen auch noch Cash aus der Aktion ziehen will und dessen Chef im Internet nun gegen „Ökoterroristen“ hetzt – hier mal zum positiven Aspekt des Attentats der „Vulkangruppe Tesla abschalten!“: Die Republik diskutiert endlich darüber, ob E-Auto-Fabriken wie die im Osten Berlins wirklich per se ein Segen sind.

Wie sieht es mit dem Flächen- und Ressourcenfraß durch die geplante Erweiterung des Tesla-Werks aus? Kann die ohnehin unter Dürre leidende Region dessen immensen Wasserverbrauch und das Mega-Lieferverkehrsaufkommen schultern? Vor allem: Benötigt die Verkehrswende nicht unbedingt viel kleinere und günstigere Fahrzeuge als die zwei Tonnen schweren Elektrotrümmer für rund 50.000 Euro, die in Grünheide produziert werden?

Kritik an Tesla kann richtig sein: Haben An­woh­ne­r*in­nen etwa nicht das Recht, sich per Demonstration oder Volksabstimmung gegen eine Erweiterung auszusprechen, weil sie die Folgen der Fabrik, wie die steigenden Mieten, belasten?

Bei allen Abstrichen: Protestaktionen wie die Baumbesetzung nahe der Tesla-Fabrik erzeugen Diskurs und internationalen Rummel – sie sind auch Ausdruck eines funktionierenden Gemeinwesens. Den „Demonstrationstourismus“ anzuprangern, wie es Brandenburgs SPD-Wirtschaftsminister tut, ist billig. Protestierende als „Linksextreme“, „grüne RAF“ oder wie Elon Musk als „dümmste Ökoterroristen der Welt“ zu diffamieren, schäbig.

Kein Wunder, dass der Vulkangruppe „der Totalausfall eines scheinbar unangreifbaren Giganten“, nämlich Tesla, „Freudentränen in die Augen“ treibt. Und gut, dass die kritische Diskussion über das Treiben des US-Konzerns endlich Fahrt aufgenommen hat.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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17 Kommentare

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  • Schon beim ersten Teslawerk wurde immer von Wald gesprochen. Damals war es ein "erntereifer Holzbestand", der unabhängig von Tesla gerodet werden sollte. Ist es diesmal ein Wald?



    Und wenn die Erweiterung wegen Wasser nicht gebaut wird sollten wir das Kraftwerk Jenschwalde auch abschalten. Das braucht 25x soviel Wasser.

  • Das lässt sich auch auf weitere Wahnsinnsprojekte übertragen. Auf die A26 Ost in HH beispielsweise.



    Im überragenden allgemeinen Interesse zählt das Interesse der ortsansässigen Bevölkerung und der Klima - und Artenschutz weniger. Obwohl es alternative Routen gibt.



    Wer legt denn fest, was das allgemeine Interesse ist? Weltweit ist es ein Verlustgeschäft. Regional ein Desaster. Ist es der "gesunde Menschenverstand", der von Lobbyisten gesteuert wird? Also Profitinteressen von grossen Firmen, die Wohlstand und Arbeitsplätze versprechen, die solche grossen Infrastrukturprojekte angeblich bringen?



    Was nützt uns ein geretteter Planet, auf dem es keine Arbeitsplätze und keine Superreichen ( Wohlstand) mehr gibt? Volker Pispers.

  • Ich bin garantiert kein Freund von Elon Musk, aber so lange eine Ölraffinerie in der gleichen Region etwa die 100-fache Menge an Wasser verbraucht wie das dort ansässige Teslawerk, braucht man über die Ressource Wasser sort nicht zu diskutieren!



    Klar macht das Teslawerk die Situation dort nicht besser, ist aber nicht Hauptverursacher des Wasserproblems.



    Allein schon deswegen ist der Anschlag zu verurteilen.

  • Anschlag bleibt Anschlag und auch die TAZ sollte sich von linksradikalen Anschlaegen jeder Art distanzieren!

  • "Diskurs und internationalen Rummel" ob 50.000€ teure Zweitonner sinnvoll sind um 60 kg Frischfleisch von A nach B zu transportieren? Mir scheint die ganze Republik steckt in der Blase.

  • Mit Verlaub, aber was hat der lokale Wasserverbrauch des Werks explizit mit Elektromobilität zu tun? Der Primärverbrauch für den aktuellen Ausbau und die Erweiterung fallen für Korrosionsschutz und in der Lackiererei an. Würden dort Verbrennerautos gebaut werden, wäre der Wasserverbrauch genau so hoch.



    Nur scheint der Wasserverbrauch in Bezug auf die Werke von VW, BMW, Mercedes und Co. kaum zu interessieren. Nur bei Tesla wird seit Jahren der Wasserbedarf in Grünheide breit getreten, als sei dieser ein Novum der Elektromobilität.



    Und obgleich ich es zwar auch begrüßen würde, wenn das Angebot kleinerer BEV schneller wachsen würde: Auch ein Kleinwagen weist relativ viel Oberfläche auf, die lackiert werden möchte. So viel Wasser spart man da gegenüber einer Mittelklasselimousine also auch nicht.

  • Natürlich ist der Bau des Teslawerks zu verurteilen. Aber man kann ihm auch Positives abgewinnen.

  • Die Republik diskutiert endlich darüber, ob E-Auto-Fabriken wie die im Osten Berlins wirklich per se ein Segen sind.

    Die Republik? Das scheint das Wunschdenken der Blase zu sein, in der sich der Autor befindet.

    Musk hat auch nicht die Proteste als solchcals dümmste Ökoterroristen bezeichnet, sondern die Vulkangruppe.

  • empörend… deswegen les ich die TAZ

  • Ich kann dem Artikel durchaus folgen.

    Ein kaputter Strommast für mehrere tausend nicht produzierte Autos kann man mit Blickwinkel auf Klima und Resourcen auch als guten Tausch ansehen. Ja sicherlich gab es Gewalt gegen Dinge, Sachbeschädigung, Verstöße gegen Eigentum und Rechtsgüter.

    Darin wie Schadenshöhe, Gefahr für Gesellschaft und Verfassung nun einhellig herbeigeredet und übertrieben werden sehe ich auch keine hilfreiche Einordnung des Geschehenen.

    In Zeiten der entfesselten Kapitalinteressen ist es meines Erachtens begrüßenswert die bestehenden mageren (ordnungspolitischen) Gegengewichte auch auszuschöpfen und zu respektieren. Seien es nun konkurrierende Wasserbedarfe, Flächenbedarfe, Verschmutungstoleranzen, gewerkschaftliche Organisation oder andere.

  • Die im Artikel aufgestellte Behauptung, dass keine Menschen zu Schaden gekommen seien, ist eine steile These. Der Anschlag hat dazu geführt, dass für mehrere Tausend Menschen die Stromversorgung ausfiel, s. z. B. hier: www.zeit.de/news/2...ger-schadensbetrag. Dass die Berichterstattung sich oft auf den Stromausfall im Tesla-Werk beschränkt, ändert daran nichts. Woher will der Autor wissen, dass infolge des Stromausfalls niemand zu Schaden gekommen ist?

  • Wie weit soll in der taz diese Form der Rechtfertigungsrhetorik eigentlich noch gehen?

    • @Aurego:

      Wer macht denn hier die natürlichen Lebensgrundlagen für die ganze Menschheit im Namen des Wohlstandes und des Fortschritts kaputt? Mit der Salamitaktik. Hier ein Wasserschutzgebiet, da ein Naturschutzgebiet. Ein Moor oder ein Meeresschutzgebiet. Der "Aussgleich" findet in den unfassbar grossen Taschen der Superreichen statt, während die "Armen" darauf hoffen, es auch zu schaffen.

    • @Aurego:

      Ich sehe an dem Artikel nichts problematisches, außer höchstens, die Sabotage zu verurteilen.



      Keine Person ist zu schaden gekommen, die zivile Bevölkerung war sehr schnell wieder mit Strom versorgt und die Werkshalle für völlig überzogene und aus der Zeit gefallene Luxuskarossen, die sich eh nur Menschen leisten können, die aufgrund ihres Berufes zwangsläufig Mensch und Natur ausbeutet, steht still.



      Minimaler Kosteneinsatz, kein humaner Schaden, größtmögliche Effizienz.



      Das kann Mensch nur loben.

    • @Aurego:

      Es heißt ja schließlich auch, dass dieser unsägliche Lebensgrundlagen zerstörende Neoliberalismus Menschen aus Armut geführt hat. .. Im Unterschied zu der nüchternen Analyse des vorliegenden Artikels, den Sie kritisieren, bleibt in meinem Beispiel lügnerisch unerwähnt, dass die Schäden des Neoliberalismus überwiegen und es es dazu Alternativen gibt.

    • @Aurego:

      So lange wie möglich.

    • @Aurego:

      Ja das ist natürlich rein gar nicht auszuhalten. Hält man mal inne und überdenkt rational die Miliztanz die Tesla als Gesamtkunstwerk und Wette auf die "technologieoffene" Zukunft im politisch-ökonomisch Raum ist.



      Das ist halt die Militanz die einem gegenübersteht und die man sich nicht aussucht. Weil es sonst nicht zum Wohnzimmerstyle passt.

      Die Rethorik der Getroffenen verrät Sie unmittelbar. Die militante Kinke muss nicht einmal bewaffnet sein, um immer als bewaffnet bekämpft zu werden.

      Ja klar, wir sind ja alle rein bescheuert und wissen nicht: Bauen-bauen-bauen ist ja hübsch. Aber was für eine Wohnung für wen wird gebaut, was für ein Auto für 50.000 aufwärts für wen?