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Brand in OaklandWenn Gentrifizierung tötet

Carolina Schwarz
Kommentar von Carolina Schwarz

In einem illegalen Club sterben bei einem Brand mehr als 30 Menschen. Warum das nicht die Schuld der Veranstalter ist.

Menschen trauern um die Opfer in Oakland Foto: ap

E s sollte eine lange Partynacht werden am Freitag in Oakland – mit verschiedenen DJs und einem Auftritt der Band „Golden Donna“. Doch um kurz nach 23 Uhr bricht ein Feuer aus. Mindestens 33 Menschen sterben dabei, zwei Dutzende werden noch vermisst. Die Brandursache ist unklar.

Veranstaltungsort war das „Ghost Ship“ – ein Lagerhaus, in dem 18 Künstler_innen illegal gewohnt und Veranstaltungen organisiert haben sollen. Laut Feuerwehr glich das Haus einem Labyrinth. Es gab weder genügend Notausgänge noch Sprinkleranlagen, die Brandschutzverordnung wurde nicht erfüllt.

Jetzt wird nach Schuldigen gesucht: Die Künstler_innen, weil sie dort illegal wohnen und sich selbst und andere dadurch in Gefahr begeben? Die Polizei, die von dem Haus wusste und es nicht räumen ließ?

Die Bay Area, früher ein Zuhause für Literat_innen und Musiker_innen, bietet heute vor allem Raum für Techfirmen und Besserverdienende. Die Mieten sind für Künstlerinnen häufig nicht zu bezahlen. Da bleibt das Besetzen leerstehender Häuser meist die einzige Alternative.

Problem größer als Oakland

Die Sängerin Kimya Dawson, die selbst schon häufig auf illegalen Veranstaltungen performt hat, spricht das Problem in einem Facebook-Post an: „Es gibt nicht genügend Plätze für uns, um zusammen zu kommen.“ Dabei spielen nicht nur hohe Mieten eine Rolle, sondern auch Missstände in der Clubszene. Fehlende Inklusion und Toleranz machen diese Orte für sie noch unsicherer als ein illegal besetztes Haus.

Diese Problematik, dass jungen und mittellosen Künstler_innen kein Raum gegeben wird, gibt es nicht nur in der Bay Area. Sondern überall, wo Gentrifizierung ungenügend reguliert wird – ob in New York, London oder Berlin.

Dabei ist es gerade diese künstlerische Szene, die Städte lebenswert und attraktiv macht. An Akteur_innen mangelt es dabei nicht, was fehlt, ist eine Politik, die beides zu liefern bereit ist: Freiraum und Sicherheit.

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Carolina Schwarz
Ressortleiterin taz zwei
Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.
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6 Kommentare

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  • Schuld sind nicht profitgeile Gossen-"Künstler", die bei Veranstaltungen abkassieren ohne sich an Gesetze zu halten, die ihre Kunden schützen sollen.

     

    Schuld ist, dass die Gesellschaft intolerant ist und außerdem kostet alles Geld (Notausgangsschilder, Feuerleitern, etc.), voll Nazi.

     

    Abgesehen davon sind Feuerlöscher rassistisch, weil da weißes Löschmittel rauskommt statt Regenbogenfarben.

    • 2G
      2830 (Profil gelöscht)
      @Klausi999:

      Wo juckts Dich denn? Du solltest Dir helfen lassen. Schuld sind immer die Anderen - gell! Schuldzuweisungen hören da auf, wo Verantwortung anfängt. Das hat nichts mit Klassenschranken zu tun. Auch Obdachlose arrangieren sich auf sozialer Ebene. Du, vielleicht haste gemerkt, bist Teil der Gesellschaft, zumindest hier im Forum, demnach eine Projektion. Intolerant, voll Nazi - gell!

  • 2G
    2830 (Profil gelöscht)

    Klingt wie ein Statement der €lubcommi$$ion. Der Staat muss es regeln. Deshalb wollen die Club-Dons jetzt auch auf Bundsebene die Lärmschutzverordnung aushebeln, damit noch mehr Rambazamba per Gesetz erlaubt ist. Mit Underground hat das nichts mehr zu tun. Es geht um Profit. Das sind mittlerweile Global-Player. Wer nach dem Staat ruft, ist Teil des Scheinekapitalismus.

    Sch..?e, dass Menschen gestorben sind, weil sie zusammen finden wollten. Ein großes Unglück. Welch ein Glück, dass mir das in Berlin noch nicht widerfahren ist, wo ich in mancher Mausfalle tanzte.

     

    Die Veranstalter sind immer mitverantwortlich. Sie übernehmen eine Schirmherrschaft und soll nicht nur Kohle zählen. Da gibt es keinen Freispruch. Ich kenne das Risiko. Wie oft habe ich über die Strenge geschlagen und Risiken unterschätzt. Dankenswert, wenn mich jemand mit wachen Auge vor meinem Ungestüm bewahrt hat. Ob das in Oakland auch so war, weiss ich nicht, aber in Berlin schauen viel Veranstalter weg und lassen die Masse gewähren. Das kann schief gehen. In Duisburg wills auch niemand gewesen sein. Der Festsaal Kreuzberg kam mit einem blauen Auge davon. Wo war da die Stadt mit ihrer Sorgfaltspflicht nach der die Autorin schreit. Hätte der Bezirk den Laden dicht gemacht, weil Brandschutz nicht zu gewähren ist, wären Straßenschlachten losgebrochen. Nichts kann man recht machen, immer ist der Staat schuld – gell!

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    “An Akteur_innen mangelt es dabei nicht, was fehlt, ist eine Politik, die beides zu liefern bereit ist: Freiraum und Sicherheit.”

     

    beides zu liefernbereit ist... Politik ist doch kein Pizzaservice! Solche Statements offenbaren ein tiefes ökonomisches und politisches Unverständnis. Die Erwartungshaltung die hinter solchen Aussagen steht ist naiv. Ich dachte eigentlich diese grenzenlose Staatsgläubigkeit sei eher ein deutsches Ding aber scheinbar gibt es diese Riesen-Babys zunehmend auch in den Staaten.

     

    Natürlich sind die Veranstalter schuld an dem Resultat. Ob es vielleicht anders gewesen wäre wenn man ihnen ein Gelände gestellt hätte spielt keine Rolle. Diese Menschen haben sich dafür entschieden diese Veranstaltung stattfinden zu lassen und sie haben sich entschieden dabei nicht so sehr auf die Sicherheit zu achten wie es in regulären Clubs üblich ist. Das sind alles Entscheidungen von Individuen gewesen und diese Individuen tragen die Verantwortung für ihr Handeln ganz allein!

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Die Veranstalter tragen eine Teilschuld, keine Frage, aber mit einer verantwortungsvollen Wohnungspolitik hätte sich die Chancen auf so ein Unglück wesentlich verringern lassen. Ich bin selber als Künstler in der Szene aktiv und habe über die letzten 20 Jahre Auftritte in der Bay Area (San Francisco, Oakland usw.) gehabt und musste zusehen wie die Räume für uncomerzielle/ "Underground" Kunst und events immer weniger wurden. Wo es keine Freiräume gibt ist die nur logisch das die Leute auf illegale Parties ohne Sicherheitstandarts ausweichen.

       

      Davon abgesehen 2 Tage nach so einer Tragödie mit Worten wie Riesen-Babys um sich zu werfen ist einfach respektlos. Für sie mag Oakland weit weg sein, für mich sind es Leute die mir sehr nahestehen bzw. standen.

  • "Fehlende Inklusion und Toleranz machen diese Orte für sie noch unsicherer als ein illegal besetztes Haus."

     

    Nun, in diesem Haus sind dennoch gut drei dutzend Menschen gestorben.

    Da ist mir der Bogen zu Inklusion und Toleranz doch arg überspannt.