Bootsflüchtlinge im Mittelmeer: Statt Hilfe kommt das Militär
Die „Sophia“-Mission zur Rettung von Flüchtlingen wird durch einen militärischen Marineeinsatz ersetzt. Waffenhändler sollen so abgefangen werden.
Die Entscheidung kam überraschend. Noch am Montagmorgen hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärt, er rechne frühestens im März mit einem Beschluss. Vor allem Österreich und Ungarn hatten sich gegen eine Verlängerung von „Sophia“ gesträubt. Die alte EU-Mission habe Schlepper begünstigt und Flüchtlinge angezogen, hieß es.
Nach einer kontroversen Debatte einigten sich die EU-Außenminister am Montag darauf, „Sophia“ durch eine neue, vorwiegend militärisch ausgerichtete Mission zu ersetzen. Sie soll nicht mehr unmittelbar vor der Küste Libyens tätig werden, sondern weiter im Osten, wo die Routen der Waffenhändler etwa aus der Türkei vermutet werden.
Maas sprach von einem „positiven Grundsatzbeschluss“. Die Details müssten noch festgelegt werden, sagte er. Das Waffenembargo war bei der Berliner Libyen-Konferenz im Januar verhängt worden. „Wichtig ist die Grundsatzentscheidung dafür, dass die EU ihrer Verantwortung gerecht wird und dazu beiträgt, dass das Waffenembargo nicht gebrochen wird.“
„Sophia ist Geschichte“
Deutlich reservierter äußerte sich Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg. „Dies ist keine humanitäre Mission“, sagte er. „Wir wollen keine Mission, die wieder von Schleppern für ihr Geschäftsmodell missbraucht wird“. Deshalb werde „Sophia“ nicht verlängert, sondern durch einen neuartigen Militäreinsatz mit Marinebooten ersetzt. „Sophia ist Geschichte“, so Schallenberg.
Sollte die neue EU-Mission dazu führen, dass wieder mehr Bootsflüchtlinge den Weg nach Europa suchen, so werde der Einsatz beendet, betonte der Österreicher. Indirekt bestätigte dies auch sein deutscher Amtskollege Maas. Bei „falschen Entwicklungen“ werde die Mission nicht weiter geführt, sagte der SPD-Politiker. Dahinter steht das Problem, dass sich die EU-Staaten immer noch nicht über die Verteilung von Flüchtlingen einig sind.
„Sophia“-Schiffe hatten seit Gründung der Mission 2015 rund 45.000 gerettete Flüchtlinge nach Italien gebracht. Rom ist jedoch nicht mehr bereit, die Menschen aus Libyen dauerhaft aufzunehmen. Deutschland und Frankreich haben sich zwar grundsätzlich bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Sie fordern dafür jedoch einen EU-Beschluss, der bisher nicht zustande gekommen ist.
Auch ein Verteilerschlüssel, den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erarbeitet hatte, fand keine Mehrheit. Die EU-Außenminister gehen daher einen neuen Weg – und tun so, als werde die neue Marinemission keine – oder nur sehr wenige – Bootsflüchtlinge aufnehmen. Wie das in der Praxis funktionieren soll, konnte in Brüssel jedoch niemand sagen. Unklar blieb auch, was die EU gegen Waffen unternehmen will, die auf dem Luftweg nach Syrien kommen.
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