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Bodenreform in SüdafrikaRamaphosa sieht Land

Südafrikas ANC stimmt für die entschädigungslose Verstaatlichung von Land. Zwei Drittel des nutzbaren Bodens gehören Weißen.

Weingut in Südafrika: Grund und Boden gehören vor allen den Weißen Foto: imago/Friedrich Stark

Johannesburg taz | Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa geht nach seiner Regierungsbildung ein heißes Thema an: eine Landreform. Das Parlament beschloss am Dienstag mit 241 gegen 83 Stimmen, eine Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen, um Land ohne Entschädigung enteignen zu können. Dem Antrag der linken Opposition Ökonomische Freiheitskämpfer (EFF) schlossen sich der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) und mehrere Kleinparteien an.

Die „Freedom Fighters“, angeführt von Julius Malema, haben eine entschädigungslose Landenteignung durch den Staat schon lange im Parteiprogramm. Aber nie waren die Zeiten so günstig, um mit dem ANC gemeinsame Sache zu machen: Der neue Präsident Ramaphosa hatte bereits in seiner ersten Rede nach Amtsantritt Mitte Februar betont, dass er Enteignung befürwortet. Auch am Dienstag machte Ramaphosa klar: „Der Landhunger unter schwarzen Südafrikanern ist echt und drängt.“

Die Enteignung Schwarzer zugunsten weißer Siedler sei tief in der Kolonialgeschichte und der Apartheid verankert und habe großes Leid zugefügt, so Ramaphosa. Die bisherige Landpolitik des ANC basierte auf der Basis „freiwilliger Anbieter – freiwilliger Käufer“. Aber 24 Jahre nach Ende der Apartheid sind rund zwei Drittel des nutzbaren Grund und Bodens immer noch in weißer Hand. Laut Ramaphosa sind viele umverteilte Farmen nicht bewirtschaftet.

Der ANC hat einige Bedingungen für Enteignung vorgesehen. So müsse die Produktion auf jeden Fall gewährleistet bleiben. Eine endgültige Resolution für eine Landreform liegt noch nicht vor. Der parlamentarische Verfassungsausschuss soll bis Ende August die Herangehensweise prüfen.

Die größte Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA) stimmte gegen den Beschluss. Die DA, die aus der liberalen weißen Opposition hervorging, will nach eigenen Worten die soziale Ungerechtigkeit der Vergangenheit korrigieren, aber nach einem anderen Modell: Schwarze aufstrebende Farmer sollen Land erwerben.

Die EFF hingegen will, dass sämtliches Land in Südafrika künftig im Besitz des Staates ist. „Die Zeit für Ausgleich ist vorbei, jetzt ist Zeit für Gerechtigkeit“, sagte EFF-Führer Malema vor dem Parlament. „Es geht um unsere Würde. Wir wollen keine Rache.“

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14 Kommentare

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  • "Die „Freedom Fighters“, angeführt von Julius Malema, haben eine entschädigungslose Landenteignung durch den Staat schon lange im Parteiprogramm."

     

    "If fire fighter fight fire,

    and rime fighters fight crime,

    what do freedom fighters fight?"

    (George Carlin)

     

    Diese selbsternannten "freedom fighters" sind nichts anderes als üble, mordende Rassisten: https://www.youtube.com/watch?v=Ex64iz-4UKA

  • Die weiße Bauernschaft, zumal die burische, ist stockkonservativ. Den ANC konnte sie noch nie leiden, und die andauernde Gewalt gegen weiße Farmer tut ein übriges.

    Diese Gewalt wurde von der antiweißen Rhetorik Zumas und anderer Parteibonzen übrigens eher noch angefacht (oder zumindest indirekt legitimiert) als eingedämmt, und auch sonst hat der ANC in den letzten 10 Jahren viel dafür getan, das Bild der weißen ANC-Gegner zu bestätigen.

     

    Falls die Landreform jetzt wirklich kommt, wird ein Großteil der verbliebenen weißen Farmer vmtl. auswandern, die Auswanderung von Weißen (v. a. nach Australien, Neuseeland und Canada, ironisch auch „ANC“ genannt) hält ja schon seit Jahrzehnten an.

    Ob weiterhin eine vergleichbar produktive Bewirtschaftung ihrer Agrarflächen gelingt, bleibt abzuwarten; mit Simbabwe jedenfalls sind die Strukturen in Südafrika, was Rechtsstaatlichkeit, Effizienz der Verwaltung, Korruption und Günstlingswirtschaft sowie ganz allgemein staatliches Know-how auf allen Gebieten betrifft, überhaupt nicht zu vergleichen.

     

    In jedem Fall ist eine Landreform überfällig. Die Armut der Kleinbauern und mittellosen Landarbeiter ist nach wie vor unmittelbar in der Landverteilung der Apartheidszeit und der Zeit davor begründet. Es gibt keine legitime Rechtfertigung für eine Beibehaltung dieses Unrechtszustandes.

    Um aber der Massenarmut en gros entgegenzuwirken, sind noch ganz andere Maßnahmen notwendig. Südafrika zeichnet sich durch eine stark neoliberal gefärbte Wirtschaftsordnung aus (maßgeblich durch den ANC herbeigeführt), und gehört m. W. zu den Staaten mit der größten Vermögens- und Einkommensungleichheit überhaupt. Mit ein bisschen Landverteilungsgerechtigkeit ist es nicht getan.

  • Na bitte, geht doch!

    Der unhaltbare Zustand mit Zweidrittel-Eigentum bei der weißen Minderheit wird nun durch eine progressive Landreform korrigiert. Die Zeit des weißen Agrarfeudalismus geht zuende.

    • @Linksman:

      "Die Zeit des weißen Agrarfeudalismus geht zuende."

       

      Die Zeiten von Agrarexporten auch.

  • Hat sich ja schon in Simbabwe als absolute Erfolgsgeschichte herausgestellt.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    "Laut Ramaphosa sind viele umverteilte Farmen nicht bewirtschaftet."

    Genau das ist das Problem das ist populistischer Unsinn den Farmern ihr Land lassen und die Steuern erhöhen würde mehr Geld für wirtschaftliche Entwicklung und Sozialprogramme freimachen und davon hätten arme Schwarze mehr. So wird das ganze nur scheitern - eingedenk der Korruption eine völlig unsinnige Idee. Die weißen Farmer werden wegziehen der Landpreis wird verfallen und die landwirtschaftiche Produktion einbrechen. Ein paar Jahre später muss die Regierung dann Großinvestoren reinlassen die das Land aufkaufen und mit asiatischen Arbeitskräften bearbeiten, zu minimalst-Steuersätzen versteht sich, weil das muss sich ja lohnen für die Aktionäre. Oder Südafrika kollabiert gleich und eine weiterer Flüchtlingsstrom Richtung Europa setzt ein.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Och lass sie doch, eine Milliarde Chinesen will auch arbeiten und ein Stückchen vom Kuchen abhaben...

  • Dem Bericht nach wird also die Hautfarbe das Kriterium zur Vergabe sein.

    Mich wundert der neutral geschriebene Artikel hier.

    Aber vielleicht klappt es ja besser wie in den vielen gescheiterten Experimenten.

  • Vertreibt man die weißen Farmer, wird ein Brain-Drain einsetzen, wie ihn auch Simbabwe erlebte. Das Know-How der gelernten Agrarier wird dem Land verloren und dorthin gehen, wo es händeringend gesucht und gebraucht wird. Angola und Moçambique z.B. warten nur darauf.

    Ich befürchte Schlimmes für Südafrika.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Trabantus:

      ..."Ich befürchte Schlimmes für Südafrika"? Schlimmes, so wie nach dem Ende der Apartheid?

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Wohl eher so wie schlimmes wie in Simbabwe oder venezuela.

        Der große Manuela wird sich im Grabe rumdrehen. Die ganze Idee der reconcelation wird von den Rassisten über Bord geworfen.

    • @Trabantus:

      Es gibt doch auch die Möglichkeit der kollektivgeführten Farmen und Wissensweitergabe,-transfer Kooperation... So etwas wäre auch eine Chance für weiße sich der kolonialistischen Vergangenheit bzw. Kontinuität zu stellen.

      • 9G
        98682 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        Grundsätzlich ist eine Landreform nicht immer schlecht. Das Beispiel anderer afrikanischer Länder lässt allerdings Schlimmes befürchten: Das Land wird aufgrund von Korruption an politische Günstlinge verteilt, die weder den Willen noch die Fähigkeit aufbringen, einen landwirschaftlichen Großbetrieb zu führen. Aufgrund der Enschädigungslosigkeit der Sache wird ausländisches Kapital in Zukunft auch vermehrt einen Bogen um das Land machen; es ist sehr scheu, dieses Reh.

      • @Uranus:

        Ja. Die Möglichkeit gäbe es. Da werden die entschädigungslos enteigneten Bauern bestimmt mit Freude mitmachen.