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Blockade wegen Gaza-BerichterstattungProtest vor der „FAZ“

In Frankfurt am Main blockieren Ak­ti­vis­t*in­nen das Redaktionsgebäude der „FAZ“. Sie werfen der Zeitung unter anderem vor, in Gaza „mitzuschießen“.

Propalästinensische Ak­ti­vis­t*in­nen im „FAZ“-Foyer Foto: Boris Roessler/dpa

„Viva viva, Palästina“, skandieren die Ak­ti­vis­t*in­nen am Eingang der FAZ, die am Montag ab 10 Uhr eine Sitzblockade formiert hatten. Laut Polizei sind insgesamt 20 Personen vor und im Eingang des Bürogebäudes. Fast alle tragen eine Kufiya, auch Palästinensertuch genannt, viele sind vermummt.

„Wir blockieren diese Zeitung, weil die FAZ und andere Medien Sprachrohr des israelischen Staates geworden sind“, sagt eine Sprecherin der Gruppe in einem Instagram-Video der Aktion. Veröffentlicht haben es die Demokratische Jugend Frankfurt, Young Struggle und Zora – die letzten beiden Gruppierungen fielen seit dem 7. Oktober durch die Verherrlichung palästinensischer Terrororganisationen auf. Laut der Sprecherin sind die Pro­test­le­r*in­nen Mitglieder des „Aktionsbündnisses Palästina Frankfurt“.

Nach und nach seien die Teil­neh­me­r*in­nen der Sitzblockade weggetragen worden, berichtet eine dpa-Reporterin vor Ort. Auf taz-Anfrage sagt die Polizei Hessen, die Blockade sei erst kurz nach 14 Uhr geräumt worden – vier Stunden nach Beginn.

Auf Instagram begründen die Ak­ti­vis­t*in­nen den Protest so: „Die deutsche Presse“ im Allgemeinen und die FAZ im Besonderen seien „Mittäter“ am „Genozid“ in Gaza. „Die FAZ schießt mit – Eure Berichterstattung tötet“ – so die Überschrift des Beitrags. Sie zeigen eine Screen­shot-Collage aus FAZ-Schlagzeilen.

In den betreffenden Artikeln geht es allerdings etwa darum, dass Hamas-Sympathisanten kurz nach dem 7. Oktober in Frankfurt demonstrieren wollten. Oder dass eine fehlgeleitete Rakete des Palästinensischen Islamischen Dschihads im Gazastreifen niedergegangen sein soll.

Ein weiterer Artikel handelt von einer Studie der Bildungsstätte Anne Frank über ­Holocaust-Memes auf Social Media, die das NS-Regime verherrlichen und seine Vernichtung der Jüdinnen und Juden leugnen. Zu den Forderungen der Ak­ti­vis­t*in­nen gehört, dass die deutsche Presse „sich aktiv mit den von Israel gezielt getöteten Journalist*innen“ solidarisiert und ihre „Instrumentalisierung von Antisemitismus“ mit Blick auf antiisraelische Proteste beendet.

Pressefeindlichkeit der Szene

Die FAZ wird dazu aufgefordert, „die BDS-Richtlinien für professionellen und ethischen Journalismus“ umzusetzen – gemeint ist die antiisraelische Boykottbewegung BDS, die vom Deutschen Bundestag und etlichen jüdischen Organisationen als antisemitisch eingestuft wird.

Eine FAZ-Sprecherin sagte der dpa, die Ak­ti­vis­t*in­nen hätten auch gefordert, dass die Zeitung ein „propalästinensisches Statement“ abdrucke. Die Aktion werde den redaktionellen Betrieb nicht beeinflussen, betonte sie.

Nicht zum ersten Mal geraten Zeitungen ins Visier der anti­israelischen Proteste. Seit dem 7. Oktober wächst die Pressefeindlichkeit der Szene: Jour­na­lis­t*in­nen werden bedroht oder angegriffen.

Kurz nach dem Hamas-Angriff besprühte die Gruppierung Palestine Action das Hauptgebäude der BBC in London mit roter Farbe, weil der öffentlich-rechtliche Sender „Blut an seinen Händen“ habe.

Im Mai 2024 blockierten Ak­ti­vis­t*in­nen die Eingänge zum Büro der New York Times, weil das renommierte Blatt „Zustimmung für den Genozid“ herstelle. Auch in Deutschland werden Medien zunehmend Ziel der Proteste. In Berlin wurde die Fassade des Tagesspiegel-Hauses mehrfach mit Hamas-Parolen besprüht.

Im Februar 2024 fanden Proteste vor dem Axel-Springer-Neubau statt. „Deutsche Medien lügen, lass euch nicht betrügen!“, skandierten die Demonstrierende, die den Eingang zu blockieren versuchten.

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9 Kommentare

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  • Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, bleibt leider wahr.

  • Ja, die meisten Zeitungen in Deutschland sind schlimmer, als die TAZ, wenn es um Palästina geht.

    Trotzdem, Herr Potter, der Versuch, in diesem Artikel die TAZ als Sauberzeitung darzustellen, mutet doch etwas verharmlosend an.

  • Irgendwie habe ich den Eindruck, dass selbst Herr Potter als TAZ Redakteur die Aktionen dieser pro-palästinensischen Idioten nicht ganz so toll findet. Aber ich kann mich auch täuschen.

  • Was soll bitte an den Protesten falsch sein? In einer freien Gesellschaft kann man gegen fast alles protestieren, auch gegen dem was die FAZ veröffentlicht. Diese kann wiederum weiterhin ihre Sachen veröffentlichen, so wie sie es mag. Wenn sie der Meinung ist, dass es ok ist genozidale Propaganda zu machen, dann soll sie es bitte schön machen.

    • @FEB:

      Begreifen Sie den Artikel als Protest gegen den Protest.

      Protest gegen Terrorverherrlicher und Holocaustrelativierer, denen man die Sorge wegen eines angeblichen Genozids nicht so recht abnehmen kann, müssten doch auch in Ihrem Sinne sein.

    • @FEB:

      Gegen Proteste ist nichts einzuwenden, aber Tageszeitungen blockieren und Hörsääle verwüsten ergibt für mich ein Bild von Protesten gegen die offene Gesellschaft.

  • Ganz unverständlich. Es gab natürlich auch schonmal sehr israelfreundliche Kommentare in der Faz, je nach Redakteur, aber schon seit vielen Monaten waren immer wieder auch sehr nachdenkliche und kritische Artikel in dem Blatt. Erst vor einigen Tagen ein sehr interessantes Schlaglicht auf den Zionismus und seine Geschichte von Christian Meier ( www.faz.net/aktuel...ser-110495636.html ). Und ähnliche Hintergrundartikel gab es auch 2024 oft. Ich fand die Faz oftmals sogar ausgewogener als andere Blätter. Und das, obwohl ich ihre Grundtendenz (zum Beispiel in der Ausländerfrage) nicht mag.

  • Ist wohl eher Bilderproduktion für die eigene Gefolgschaft. Darin ist die Szene ja seit jeher sehr aktiv.

  • Das man gegen Zeitungen oder Verlage demonstriert ist ja legetim, aber ein Zeitung unter Druck aufzufordern bestimmte Texte abzudrucken ist ganz klar gegen die Pressefreiheit gerichtet.