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Blick in die ZukunftDranbleiben, weitermachen

Nach sechseinshalb Jahren endet diese Kolumne. Auch wenn es genug Gründe gibt, deprimiert zu sein, will die Au­to­r*in ermutigen, weiterzukämpfen.

Dranbleiben! Foto: John Marshall Mantel/imago

E igentlich sollte dieser Text von Hoffnung handeln. Einen optimistischen Blick in die Zukunft gewährleisten, der gleichermaßen nah an der Realität ist und Mut macht, weiterzukämpfen. Immer nur meckern geht nicht, heißt es in dem Land, in dem abwechselnd gemeckert und gejammert wird, aber sich selten etwas ändert.

Vielleicht ist es dieser zähe Sommer, dessen Ende ich mir antriebslos und deprimiert herbeisehne, denn es ist entweder zu heiß oder zu grau, und da geht es schon wieder los, das Gemeckere. Vielleicht ist es das näher rückende Ende des 9-Euro-Tickets, bei dem nach drei Monaten zugänglicherer Mobilität alles zum Alten zurückkehrt. Vielleicht ist es die Trauer um die vier Menschen, die allesamt diesen Monat von deutschen Polizist_innen getötet wurden. Vielleicht ist es das Gedenken an die rassistischen Pogrome von Rostock-Lichtenhagen, die genau vor 30 Jahren nach vier Tagen beendet wurden.

Hinsichtlich rechter Gewalt hat sich wenig geändert: Angefeuert durch Brandsätze von Politiker_innen und Springer-Medien hat niemand in Deutschland so viel Rücken wie Täter_innen aus dem rechten Spektrum – Legitimation und Normalisierung durch die sogenannte bürgerliche Mitte inklusive. „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen“, sagte die Antifaschistin und Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano im Jahr 2015 und es stimmt immer noch.

Platz für Freude

6½ Jahre lang konnten Sie an dieser Stelle meine Kolumnen über Feminismus, Faschismus, Fashion und Food lesen, heute zum letzten Mal. Ich habe in der Zeit viel gelernt, unter anderem, dass es für jede gute Nachricht mindestens zwei schlechte gibt, die es unglaublich schwer gestalten, weitermachen zu wollen. Paradoxerweise möchte ich in diesem Text dennoch genau dazu ermutigen: dranbleiben.

Am Wochenende feierte meine geschätzte Kollegin Simone Dede Ayivi ihren Geburtstag und wünschte sich zwei Sätze über Dinge, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten verbessert haben. Dabei entstand ein Blick auf die Errungenschaften Schwarzer, geflüchteter, feministischer und queerer Bewegungen, die uns zeigen, dass Veränderung zwar dauert, aber möglich ist. Ich bin dankbar für Genoss_innen wie Simone, die inmitten kritischer Analyse nicht in Fatalismus abdriften, sondern auch Platz fürs Feiern, für Freude und Freund_innenschaft einräumen. Was für ein Glück, dass sie neben anderen wunderbaren Autor_innen die taz nun mit einer eigenen Kolumne bereichern wird.

Mit dabei bleibt außerdem Fatma Aydemir. Fatma hat mich vor 7 Jahren dazu ermutigt, mich auf diesen Kolumnenplatz zu bewerben. Die Wortschöpfung „Habibitus“ ist ihr zu verdanken, ebenso die beste Zusammenfassung dessen, was hier die letzten Jahre abging: „Trotz Deutschland leben, lieben, lachen.“ Ich danke allen, die an Bord dieser Wild Ride mit mir gewesen sind. Ciao, ihr Knalltüten, bleibt am Ball! <3

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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17 Kommentare

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  • Und an dich, Hengameh:



    See you on the Barricades...!

  • Reisende soll man nicht aufhalten, über Tote und den Ex nicht schlecht reden, in jedem Abschied einen Anfang erkennen und und und ... vielleicht ist es wirklich an der Zeit die kleinen Ärgernisse im Deutschen Alltag als solche zu erkennen und sich damit nicht den Blick auf Not, Leid und Ungerechtigkeiten dieser Welt zu verstellen. Irgendwann geht aus allem die Luft raus, auch aus einer wütenden Kolummne. Tschüß & man sieht sich immer zweimal im Leben.

  • "Trotz Deutschland leben, lieben, lachen."

    Da gibt es auch von mir, links und weltoffen, keinen Applaus. Sorry.

    • @sepptember:

      "Sorry" sollte wan nur schreiben, wenn wan's auch meint.

      Vielleicht ja unbewusst: letzte Chance verpasst (wenigstens hier unter dieser Kolumne), was Wesentliches zu verstehen, statt sich Selbsttäuschungen hinzugeben...

  • Alles Gute.



    Und danke für die tollen Texte. Werde Ihre Kolumne sehr vermissen.

  • In einer Ihrer ersten Kolumnen, die ich gelesen habe, wünschten Sie eine Gießkannne voll Wasser auf jedes deutsche Klo.

    Ich wünsche Ihnen eine Gießkanne voll Glück für Ihr weiteres Leben.

    • @Josef Löffel:

      Und ein Schild neben die Gießkanne “ Kein Trinkwasser” und” Bitte Hände waschen und desinfizieren” und “ nach dem Toilettengang bitte nachspülen und den Wasserhahn vor der Handreinigung mit dem Ellenbogen öffnen”, dann klappt es auch mit einem langen Leben.

  • Schade. Ich habe mich immer gerne über Deine Kolumne geärgert!

    Alles Gute für die Zukunft! (Auch wenn dieser Wunsch von keinem Kieselsteinchen Realismus untermauert werden kann.)

  • Schade, aber ales Gute für die Zukunft. Ich bleib dran.

  • Hallo Hengameh, die Kolumnen werden mir fehlen.

    Oft habe ich mich geärgert aber sie brachten immer wieder gute Blickwinkel in die taz.

    Danke und alles Gute!

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Das drückt mein Gefuehl zum Ende von "Habibitus" ziemlich genau aus - vielen Dank und alles Gute, Hengameh Yaghoobifarah, und nicht vergessen: Maus lernt nie aus!

  • Oh, du hörst auf?

    Ich (alter weißer Kartoffeldeutscher Hetero Mann) werde deine Sichtweise vermissen.

  • Die Kolumne war zunehmends wirr. Hauptaufgabe war meiner Erfahrung nach kontrovers sein, und Empörung verursachen. gut, dass es vorbei ist. Der Autorin alles gute für Ihre Zukunft.

    • @Sybille Bergi:

      Dass Sie einfach so "Autorin" schreiben, ist einer von vielen guten Gründen, warum die Kolumne eigentlich nicht enden sollte.



      Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Stimmen, wie die von Hengameh!

      (Und jetzt bitte kein Verteidigungsreflex, sondern einfach mal, annehmen, informieren und ... Dranbleiben!)

  • Das ist richtig schade, ein Riesenverlust an Qualität für die Taz.

    "Paradoxerweise möchte ich in diesem Text dennoch genau dazu ermutigen: dranbleiben" - und ich meinerseits Sie, wo und in welcher Form auch immer!

    Vielen Dank für die tollen Texte und alles Gute!

  • Ich wünsche Ihnen alles Gute. Das war leider nicht Ihr bester Text - aber Abschied nehmen und kreativ sein ist sicher nicht einfach.

    Ich habe Ihre kritischen Texte oft mit Gewinn gelesen.

  • Ah schade! War immer sehr humor- und gehaltvoll, die richtige Dosis Liebe und Ärger.



    Danke!