Hengameh Yaghoobifarah über „Habibitus“: „Fashion und Haltung zum System“

Fast sieben Jahre lang schrieb Hengameh Yaghoobifarah die taz-Kolumne „Habibitus“. In Hamburg liest Yaghoobifarah eine Auswahl daraus.

Porträt

Keine Kompromisse: Hengameh Yaghoobifarah Foto: Tobias Brunst

taz: Hengameh Yaghoobifarah, ist Ihr Buch „Habibitus“ eine Abrechnung mit der taz?

Hengameh Yaghoobifarah: Es ist einfach der Abschluss von fast sieben Jahren Kolumne, aber nichts Rachemäßiges. Für manche Kolleg_innen schreibe ich manchmal noch. Nur im Moment mache ich nicht mehr so viel journalistische Arbeit, weil ich an meinem Roman sitze.

Ist Karriere wichtiger geworden?

Literatur schreiben heißt ja nicht unbedingt, Karriere machen. Ein Lesbendrama zu schreiben, statt kommerzorientiert zu entscheiden, ist schon mal eine Absage an Karrierismus.

Machen Sie nur, worauf Sie Lust haben?

Sofern man das in kapitalistischen Zwängen machen kann. Wenn ich nur machen würde, worauf ich Lust hätte, würde ich wahrscheinlich meine Miete nicht bezahlen können. Ich mach halt nichts, was mich langweilt.

Was erwidern Sie Ihren einstigen taz-Kolleg_innen auf den Vorwurf, dass Ihre Kolumne „All cops are berufsunfähig“ die Menschenwürde verletzt?

Ich finde, das ist eine sehr bürgerliche, liberale Haltung zur Polizei, die die Systemkritik darin nicht sieht und die Polizei in Individuen herunterbricht. Für eine linke Zeitung eigentlich ein Armutszeugnis.

Ihre Kolumnen erscheinen nun als Buch. Welche Texte finden sich darin?

Ich habe die Texte ausgewählt, bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie eine gute Rückschau auf die Debatten der letzten acht Jahre sind.

ist Autor_in und Journalist_in. Der Sammelband „Habibitus“ ist im April im Blumenbar Verlag erschienen (334 S., 22 Euro).

Welcher ist denn Ihr Lieblingstext?

Die Kolumne über Vokuhilas.

Was denken Sie, wie die Öffentlichkeit Sie heute wahrnimmt?

Welche Öffentlichkeit? Ich schreibe meine Texte vor allem so, dass queere Genoss_innen am meisten Spaß dran haben. Für manche Leute bin ich die Person, die über Crocs schreibt, für andere die Person, die über die Abschaffung der Polizei geschrieben hat, und für wieder andere die Person, die Deutschen ans Bein pisst. Man kann die Projektion anderer Menschen nicht steuern, egal, was man macht. Besonders wenn es um queere, rassifizierte oder feministische Stimmen geht, gibt es historisch wie auch gegenwärtig Dynamiken der Dämonisierung. Davon muss man sich gut abgrenzen können und das habe ich in der Zeit, in der ich die Kolumnen geschrieben habe, gelernt.

Haben Sie ein Alter Ego in Ihren Texten?

Kolumnen sind eine Form der Autofiktion, entsprechend unterscheidet sich das literarische Ich von mir als Privatperson.

Läuft denn auch etwas gut in Deutschland?

Lesung und Gespräch „Habibitus“: Mi, 16. August, 18.30 Uhr, Hamburg, Kampnagel (Waldbühne)

Bei all den katastrophalen Dingen, die hier passieren, habe ich gar keine Lust, über positive Seiten Deutschlands nachzudenken. Das ist ja ein Land mit Geschichte und Gegenwart, und nicht einfach irgendeine Location.

Haben Sie denn beim Schreiben schlechte Laune?

Ich glaube, es sind Zustände, die die meisten vernünftigen Leute wütend machen. Die Kolumne war immer ein Kommentieren der Gegenwart, das was mir auf dem Herzen brennt. Es wird ja auch viel mit Humor gearbeitet. Bei genussbasierten Themen wie Essen, Mode oder Popkultur war auch nicht unbedingt Wut der Motor.

Wer soll Ihr Buch lesen?

Wer Bock drauf hat, keine Kompromisse zu machen in Interessensfeldern von linkem und queeren Diskurs, Mode und Lifestyle, der wird Texte finden, die Spaß machen oder denen man widerspricht. Das macht ja auch wieder Gespräche auf.

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