piwik no script img

Bleiberecht für Opfer rechter GewaltAbschiebung aussetzen

Opfer rechter Gewalt in Brandenburg sollen nicht abgeschoben werden. Auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt worden ist.

In Brandenburg sollen abgelehnte Asylbewerber, die Opfer rechter Gewalt wurden, nicht mehr abgeschoben werden Foto: dpa

Berlin taz | Rechte Gewalttäter könnten künftig dazu beitragen, dass Asylbewerber länger im Land bleiben: Brandenburg gewährt ihren Opfern ein Bleiberecht. Dass Innenministerium hat die kommunalen Ausländerbehörden dazu aufgefordert, „die Abschiebung vollziehbar Ausreisepflichtiger im Ermessenswege auszusetzen“.

Die Behörden sollen Gesetze anwenden, die eigentlich bereits bestehen. Schon jetzt dürfen abgelehnte Asylbewerber aus „humanitären oder persönlichen Gründen“ bleiben. Zu diesen Gründen zählt das Land Brandenburg künftig die Nachwirkungen rechter Straftaten. Das Opfer solle „eine Wiedergutmachung erfahren und es soll ihm Sicherheit und Schutz angeboten werden“, heißt es in dem Erlass.

Das „erhebliche öffentliche Interesse“ an solchen Fällen sei ein weiterer Grund, Opfer nicht abzuschieben. Täter sollen abgeschreckt werden, indem „ihrem Opfer durch eine Verfestigung des Aufenthalts Gerechtigkeit widerfährt“. Genau das wollen die Rechten vermutlich nicht.

Als „wichtiges Signal nicht nur an die Opfer, sondern auch an die Täter“ bezeichnete die Antifaschismus-Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag Martina Renner den Erlass. Immerhin seien die Betroffenen als Schutzsuchende hierher gekommen. „Wenn unser Land nicht in der Lage ist, sie zu schützen, haben sie auch eine Entschädigung verdient“, sagte Renner der taz. Sie hoffe, dass andere Bundesländer dem Beispiel folgten.

Profitieren sollen von dem Erlass nur Asylbewerber, die selbst noch nicht straffällig geworden sind. Zudem muss ein dringender Verdacht bestehen, dass der oder die Täter aus rechter Motivation gehandelt haben. Der Straftat muss „ein gewisses Gewicht zukommen“; konkret geht es laut dem Innenministerium um Körperverletzung, versuchte Tötungsdelikte, Brand- und Sprengstoffdelikte, Freiheitsberaubung, Erpressung, Einbruch und sexuelle Übergriffe. Um Missbrauch vorzubeugen, sollen Behörden und Staatsanwaltschaften prüfen, ob Betroffene die Tat vorgetäuscht oder selbst verursacht haben.

Im April hatte der Landtag das Ministerium aufgefordert, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Die Parlamentarier begründeten die Aufforderung damit, dass eine drohende Abschiebung die Betroffenen sowieso schon schwer belaste: Zu dieser schweren Situation „treten die physischen und psychischen Folgen einer Gewalttat“. Laut Innenministerium waren 2015 in Brandenburg 1.581 Straftaten politisch rechtsmotiviert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Früher sind arme Leute vor Verzweiflung vor fahrende Autos gesprungen, um ein bißchen Schmerzensgeld zu bekommen.

     

    Praktisch ist eine solche Beschlusslage Nonsens, denn nun wird eine "Brandstiftung" dazu führen, daß alle Anwesenden "schwer traumatisiert" sind. Die "Opfer" werden aus gutem Grund ihre "Leiden" pflegen.

     

    Mitleid ist ein schlechter Ratgeber.