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Blackfacing beim Bayerischen RundfunkSchleich sieht kein Problem

Der Kabarettist Helmut Schleich wurde wegen der Figur des „afrikanischen Sohnes“ kritisiert. Die Reaktion des BR kann er nicht nachvollziehen.

Kabarettist Helmut Schleich Foto: Tobias Hase/dpa

Der Kabarettist des Bayerischen Rundfunks, Helmut Schleich, bedauert die Entscheidung seines Senders, künftig auf Beiträge mit Blackfacing zu verzichten. Den Zeitungen Münchner Merkur und tz vom Montag sagte Schleich, beim Thema „Blackfacing“ handle es sich „um einen Debattenimport“. „Hier in Deutschland spielt das Thema historisch betrachtet keine besondere Rolle.“

Blackfacing bezeichnet, wenn sich Menschen die Haut dunkler schminken, um dunkelhäutige oder Schwarze Menschen „darzustellen“. Blackfacing reduziert Schwarzsein auf archetypische, rassistische Merkmale. Es handelt sich um eine kolonial vorbelastete Praxis. Nach wie vor anzutreffen ist sie beim Karneval, zu Halloween, bei den Sternsingern und in seltenen Fällen noch bei der Comedy.

So einen Fall hatte zuletzt der BR erzeugt. In einem Satirebeitrag Anfang April hatte sich der Kabarettist Helmut Schleich mittels einer Uniform und dunkelbraunem Make-up in eine Kunstfigur verwandelt: den „afrikanischen Sohn“ des langjährigen CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß. In der Rolle von „Maxwell Strauß“ aus dem ausgedachten Land „Mbongalo“ sprach er auf Englisch mit bayerischem Akzent über die K-Frage und spielte mit den Bedeutungen des Wortes „Schwarz“. „A real chancellor has to be a black chancellor.“

Es handelte sich um eine wiederkehrende Figur Schleichs. Nachdem der Journalist Malcolm Ohanwe den Beitrag in den sozialen Medien geteilt hatte, kam es zu massiver Kritik. Etwa äußerte sich die Tänzerin und „Let’s Dance“-Jurorin Motsi Mabuse fassungslos: „Wie oft muss das wiederholt werden? Warum #blackfacing???“

Kunstfigur gestrichen

Der BR hatte den Auftritt zunächst verteidigt, dann aber verkündet, die Kunstfigur werde gestrichen. Intendantin Katja Wildermuth kündigte zudem im Rundfunkrat eine „interne Wertediskussion“ an. Der BR habe die Verantwortung, „gegen Stereotype und Herabwürdigungen zu wirken“.

Ein oft erhobenes Argument gegen Blackfacing ist, dass es an die in den USA und England früher üblichen „Minstrel Shows“ erinnere, eine entmenschlichende und dämonisierende Parodie, mit der sich die weiße Ar­bei­te­r*in­nen­klas­se in den US-Nordstaaten über ihre Schwarzen Kol­le­g*in­nen erhob.

Dass „Minstrelsy“ im engeren Sinne in Deutschland historisch keine Rolle spielte, leistet wiederum dem Gegenargument Vorschub, dass die Blackfacing-Debatte keinen deutschen Bezug habe. Allerdings gibt es auch in Deutschland seit dem Kolonialismus reduzierende und karikierende Darstellungen von Schwarzen Menschen, etwa in der Produktwerbung.

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4 Kommentare

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  • Interessant bzw. beängstigend, wie schnell und barsch manche Zeitgenossen Grundrechte (freie Entfaltung der Persönlichkeit, Freiheit der Kunst, Meinungsfreiheit ...) in Frage stellen, wenn die "Bilder" aus der Wahrnehmung dieser Grundrechte nicht zu ihrem Weltbild passen.

    Als in Bayern aufgewachsener Mensch bin ich bei diesem Punkt sehr sensibel. Denn nur durch diese Grundrechte (samt Bundesverfassungsgericht) wurde im CSU-Bayern ein halbwegs demokratischer Rechtsstaat aufrecht erhalten.

    "Cancel Culture" hingegen war beim Bayerische Rundfunk immer schon etabliert. Selbst Nicht-Bayern (sofern über 50) dürften noch die Weigerung des BR im Jahr 1986 in Erinnerung sein, eine Folge der ARD-Kabarettsendung "Scheibenwischer" in Bayern über seine Sendeanlagen zu senden. Damals wagten die Kabarettisten, einen Witz mit (nicht über) den Papst zu machen (Stichworte: "Tschernobyl" und "... er küsst den Boden und wird sofort dekontaminiert)".

    Daher sind die über Jahrhunderte entwickelten und erstrittenen Grundrechte unbedingt zu achten. Sie dürfen nicht zur Befriedigung persönlicher Befindlichkeiten autoritärer oder auch nur identitärer Menschen außer Kraft gesetzt werden, ganz gleich wie sie sich (selbst) nennen ob Strauß oder Honecker, Erdogan oder Kim Jong-un, kommunistisch oder faschistisch, muslimisch oder christlich, schwarz oder weiß ....

    Autoritäres Gehabe bleibt autoritär und damit verfassungsfeindlich, auch wenn es von Personen oder Gruppen kommt, die sich als Vertretung von Minderheiten verstehen. Und auch die Behauptung des Verletzt- oder Beleidigtseins wird zu einem Element des Totalitarismus', wenn diese Gefühle benutzt werden, um damit die Einschränkung von Grundrechten (auch mittelbar) zu bewirken (z. B. Mohammedkarrikaturen).

    Deshalb so pathetisch:



    Wehret den Anfängen!

  • Erstaunlich wie viele stumpfsinnige Zeitgenossen es noch gibt, die diesen Dreck verteidigen und beibehalten wollen. Natürlich wird das Rad der Zeit darüber hinwegrollen. Wie über die "Negerküsse" und das "Zigeunerschnitzel".

    In meiner Kindheit gab es ein Gericht, das hieß "Negernudeln". Der Nudelteig wurde aus Leber gemacht. Trieb man sich im Wald herum, rauchte man gelegentlich vertrocknete Stängel irgendeiner Pflanze, die hießen dann "Judenstricke".

    Zeiten ändern sich und dieser komische Kabarettist sollte über einen Berufswechsel nachdenken.

  • Als "Weißer" kann ich über die Frage inwieweit der Beitrag von Herrn Schleich für "Schewarze" herabwürdigend war, nicht wirklich was sagen, aber: Frage mich wie Comedy oder Kabarett in Zukunft gestaltet werden soll, ohne siich Stereotype zu bedienen.....

    • @mlevi:

      Gutes Kabarett tritt nach oben. Schlechtes nach unten.



      Wie, wenn der dürre Herr Richling mal im KZ-Anzug mit tätowierter Nummer auf dem Arm Witze machen würde über das KZ-Leben? Dem würde sicher was dazu einfallen. Sollte, könnte, dürfte man darüber lachen? Es gibt Dinge, die sind so was von unfassbar, die sind auch unlachbar. WEnn es den Comedians an der Feinfühligkeit fehlt, dann muss das Publikum eben sagen, was ihm missfällt. Und das Missfallen, das wird man doch noch mal sagen dürfen!