Bildung und Corona: Schulen dürfen nicht schließen
Es gibt nur wenige Hotspot-Schulen in der Republik, dafür aber viele, wo der Betrieb unter Pandemiebedingungen mal besser, mal schlechter läuft.
U nwillige Schüler bekommen schon mal eine 6 wegen Leistungsverweigerung. Eine Zensur, die sich GEW und Philologenverband als Vertreter der Lehrerinnen und Lehrer dieses Landes redlich verdient haben. Seit dem Ende der Sommerferien lassen sie nichts unversucht, um Schulen zu Infektionshotspots hochzuschreiben, obwohl das die Zahlen nicht hergeben. 300.000 Schülerinnen und bis zu 30.000 Lehrer sind derzeit bundesweit in Quarantäne. Das klingt viel, das sind aber gerade einmal drei Prozent der Schülerschaft im Land. Entsprechend wenige Schulen müssen wegen zu hoher Infektionszahlen derzeit schließen.
Es gibt also nur wenige Hotspot-Schulen in der Republik, dafür aber ganz viele, wo der Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen mal besser, mal schlechter läuft. Natürlich ist es ungemütlich, im November bei aufgerissenen Fenstern im Klassenzimmer zu sitzen oder im Sportunterricht Maske tragen zu müssen. Es ist eine Zumutung für Schülerinnen und Lehrer. Aber immer noch besser, als die pädagogische Flickschusterei im Frühjahr, bei der viele Kinder im Homeschooling gleich ganz verloren gingen und es so manche LehrerIn schon für Digitalunterricht hielt, wenn er/sie die Aufgaben für das Selbststudium per Mail verschickt hat.
Vielleicht könnten es die engagierten und leidenschaftlichen Pädagogen, von denen es ja viele gibt, ihren Funktionären einmal weitersagen: Alles ist besser, als jetzt Schüler wieder ins Homeschooling zu verbannen. Schon klar, die GEW sieht sich vom Robert-Koch-Institut unterstützt. Das Institut hatte ja den Intervallunterricht empfohlen. Aber gerade das zeigt, dass Wissenschaftler Politikern die Abwägung nicht abnehmen können. Denn Virologen haben jede Menge Ahnung von der Pandemie, können aber nicht abschätzen, welche Schäden eine erneute und deutschlandweite Einschränkung des Unterrichts verursachen würde. Die Lehrergewerkschaften müssten das aber wissen.
Der Staat hat Beamte, damit er sich gerade in Krisenzeiten darauf verlassen kann, dass von ihnen staatliche Grundfunktionen aufrechterhalten werden. Er kann sie sogar über die vereinbarten Arbeitszeiten hinaus dienstverpflichten. Stattdessen konnten sich Lehrerinnen in Baden-Württemberg während der Pandemie sogar eine Zeit lang ohne weiteres selbst attestieren, zur Risikogruppe zu gehören und zu Hause bleiben. Ja, es ist mit einem gewissen Risiko verbunden, täglich hundert Schülern zu unterrichten, von denen man nicht weiß, ob sie nach der Schule die Maske fallen lassen und die Köpfe zusammenstecken. Aber ein viel höheres Risiko gehen zum Beispiel Polizeibeamtinnen ein, nicht nur, wenn sie Querdenker-Demos auflösen müssen. Sollten die Ministerpräsidenten also dem Lobby-Druck von GEW und Philologenverband nachgeben, dann können sie das Beamtentum für Lehrer gleich mit abschaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren