Biden bei der Klimakonferenz: Die USA punkten beim Klimaschutz
Die USA stellen hohe Summen für Maßnahmen im eigenen Land gegen die Erderhitzung zur Verfügung. Aber international engagieren sie sich kaum.
So kam US-Präsident Joe Biden am Freitag nicht nur gestärkt durch das unerwartet gute Abschneiden der Demokraten bei den gerade zurückliegenden Wahlen zur Klimakonferenz (COP) nach Ägypten. Er hatte auch Glaubwüdigkeit im Gepäck. Biden nutzte das, um von den anderen Ländern der Welt größere Anstrengungen beim Klimaschutz einzufordern. „Um die Emissionskurve dauerhaft zu beugen, muss jede Nation ihren Beitrag leisten“, sagte er. „Auf diesem Gipfel müssen wir unsere Klimaziele erhöhen. Die USA handeln, aber alle müssen handeln.“
Biden zollte auch den Schäden Tribut, die die Klimakrise bereits heute verursacht, nicht zuletzt in Entwicklungsländern: „Die Klimakrise trifft die Länder am härtesten, die am wenigsten Ressourcen haben, um zu reagieren.“ Auch ein Hinweis auf den Führungsanspruch der USA fehlte nicht: „Ich habe die Präsidentschaft angetreten, um fundamentale Veränderungen herbeizuführen und die USA als vertrauenswürdige Führungsmacht in Sachen Klima zu etablieren.“
Die Glaubwürdigkeit eines Landes bei COPs hängt allerdings nicht allein am nationalen Klimaziel und den Mitteln, um es zu erreichen. Bei Industriestaaten wie den USA geht es auch darum, was das Land zu den Klimahilfen für ärmere Länder beisteuert. Und hier haben die Vereinigten Staaten und damit auch Biden ein Problem: Die USA bleiben weit hinter ihrem fairen Anteil an den 100 Milliarden zurück, welche die 24 Industriestaaten im Jahr 2009 den Entwicklungsländern versprochen hatten.
So haben die USA einschließlich privater Mittel im Jahr 2020 nur 8 statt der 40 Milliarden mobilisiert, die ihrem Anteil an den historischen Emissionen gerecht würden, wie Experten der Website CarbonBrief ausgerechnet haben. Dieses Jahr stehen die USA noch schlechter da: Biden hat zwar versprochen, die Klimahilfen auf 11,4 Milliarden pro Jahr zu erhöhen, hat aber vom US-Kongress nur eine einzige Milliarde bewilligt bekommen. Auf die Frage „Wo ist das Geld?“ müsste Biden daher antworten: „Sorry, aber es gibt quasi keins.“
Dieses Problem versucht Bidens Sondergesandter John Kerry zu kaschieren, indem er stets die Wichtigkeit anderer Finanzquellen betont: Kerry will einerseits, dass die multilateralen Entwicklungsbanken mehr Geld in den Klimaschutz investieren. Andererseits will er Firmen an Klimaprojekten beteiligen. Diese sollen für jede eingesparte Tonne CO2-Zertifikate bekommen, die sie mit ihren eigenen Emissionen verrechnen können.
Hoffen auf Entspannung zwischen China und USA
Bei Jochen Flasbarth (SPD), Staatssekretär im Entwicklungsministerium, stößt Kerrys Plan auf wenig Begeisterung: „Wir haben eine gewisse Skepsis, ob das tatsächlich etwas ist, was die Zusagen der Industrieländer gegenüber unseren Partnerländern ersetzen soll.“ Kerrys Lage könnte sich noch weiter verschlechtern: Falls die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen sollten, könnten sie im nächsten Jahr auch die letzte kümmerliche Milliarde aus dem Haushalt streichen. Da hilft es auch nicht mehr, wenn die USA im eigenen Land Milliarden für den Klimaschutz ausgeben.
Dafür könnte sich die US-Position durch eine andere Entwicklung verbessern: Fortschritten bei Klimakonferenzen ging in der Vergangenheit oft eine bilaterale Einigung zwischen den USA und China voraus. Das war sowohl bei der epochalen Klimakonferenz 2015 in Paris, bei der das 1,5-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderhitzung ausgerufen wurde, als auch im vergangenen Jahr in Glasgow der Fall.
Nach dem Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, in Taiwan hat China aber alle bilateralen Kontakte zu den USA abgebrochen – offiziell auch beim Klima. Kerry und sein Pendant aus China, Xie Zhenhua, pflegten aber weiterhin den Kontakt. Xie sagte in Scharm al-Sheich, dass ihn mit Kerry eine 25-jährige Freundschaft verbinde und sie über den Sommer acht Briefe ausgetauscht hätten. Kerry bestätigte, dass Gespräche stattfinden: „Wir müssen miteinander reden, weil wir die beiden größten Emittenten sind.“ Kerry deutete zudem an, dass die Eiszeit zwischen den beiden Supermächten demnächst enden könnte: nach dem Treffen zwischen Biden und Chinas Präsident Xi Jinping beim G20-Gipfel nächste Woche in Bali.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid