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Bewegungstermine in BerlinZivilisatorischer Rückschritt

Die Debatten um Migration sind in den letzten Jahren verstummt. Trotzdem treiben Deutschland und die EU die Verschärfung des Asylrechts weiter voran.

An den Grenzen Europas, wie hier zu Belarus, leben Menschen unter unwürdigsten Bedingungen Foto: dpa

A ngesichts sich überschlagender Krisen ist es verhältnismäßig still um das Thema Migration geworden. In der Studie “Die Ängste der Deutschen“, für die der Versicherer R+V jedes Jahr Bun­des­bür­ge­r:in­nen befragt, rangiert der Punkt “Überforderung des Staats durch Geflüchtete“ als einziger migrationsbezogener Punkt unter den Top-Ten nur auf dem achten Platz.

Die ersten Plätze belegen hingegen Inflation, steigende Mieten und die Angst vor einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage. Auch in den Medien wird Migrationspolitik deutlich weniger kontrovers diskutiert als noch vor ein paar Jahren.

Auf dem ersten Blick ist es durchaus begrüßenswert, dass rassistische Akteure wie die AfD und Pegida nicht mehr die mediale Agenda bestimmen, indem sie irrationale Ängste vor “Überfremdung“ und dem “Islamisierung des Abendlandes“ schüren. Doch während sich die gesellschaftliche Stimmung entspannt, wird auf politischer Ebene das Migrationsregime immer weiter verschärft.

So verhandelt die EU-Kommission gerade eine Reform des EU-Asylrechts, gemäß der Asylanträge schon in Lagern an den EU-Außengrenzen gestellt werden sollen. Ist der Antrag erfolglos, droht die sofortige Abschiebung.

Aushölung des Asylrechts

Kri­ti­ke­r:in­nen fürchten, die Neuregelegung würde die rechtliche Situation von Geflüchteten noch weiter verschlechtern – in einem Schnellverfahren in einem Lager in Griechenland oder Italien sei kaum ein faires Ergebnis zu erwarten.

Die “Wertegemeinschaft“ EU setzt dabei schon seit Jahren in ihrem Migrationsregime auf Abschreckung und Willkür statt auf Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte: Tausenden Menschen sterben an den Außengrenzen der EU, ohne auch nur die Chance zu haben Asyl zu beantragen. Hilfeleistung wird nicht nur unterlassen, sondern auch aktiv verhindert und kriminalisiert.

Wie dramatisch die Situation ist, zeigt auch der Dokumentarfilm “The Game: Spiel zwischen Leben und Tod“, der am Freitag im Regenbogenkino gezeigt wird. Regisseurin Manuela Federl begleitete mehrere Menschen auf der gefährlichen Balkanroute an der bosnisch-kroatischen Grenze im Winter 2020, sprach mit Hilfsorganisationen und dokumentierte unter andere gewalttätige Pushbacks der Grenzpolizei. Im Anschluss an den Film gibt es eine Diskussion mit der Journalistin Nidžara Ahmetašević und Aktivist:innen, die vor Ort humanitäre Hilfe leisten (Freitag, 12. Mai, 18 Uhr, Lausitzer Straße 21a).

Gleichzeitig werden die Kommunen in Deutschland mit der Unterbringung von Geflüchteten größtenteils alleingelassen. Unterbringung in isolierten Massunterkünften unter unwürdigen Bedingungen und vermeidbare Spannungen mit der lokalen Bevölkerung sind häufig die Folge.

Würdelose Unterbringung

Auf dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern, der am Mittwoch im Kanzleramt stattfindet, wird auch die Frage der Unterbringung diskutiert. Ak­ti­vis­t:in­nen rufen daher zu einer Kundgebung vor dem Regierungssitz auf und fordern die “zukünftige Gestaltung von menschenwürdigen, selbstbestimmten und geschlechterspezifischen Unterbringungsmöglichkeiten“. Insbesondere sollen Geflüchtete selbst ihren Wohnort wählen können und nicht wie bislang an die Massenunterkunft gebunden sein (Mittwoch, 10. Mai, 12 Uhr, Willi-Brandt-Straße 1).

Während Bund und Länder kaum Fortschritte dabei erzielen, Geflüchtete menschenwürdig unterzubringen, investieren sie umso mehr Geld und Ressourcen darin, ihre Abschiebung schneller und effektiver zu gestalten. So plant das Land Brandenburg ein eigenes Abschiebezentrum am Flughafen BER, indem ausreisepflichtige Geflüchtete inhaftiert werden sollen. Trotz intensiver Proteste gegen das Zentrum, sind die finanziellen Mittel vom Land Brandenburg bereits fest im Haushalt eingeplant.

Um das Abschiebezentrum doch noch zu stoppen, planen die Ak­ti­vis­t:in­nen Anfang Juni ein Protestcamp in Schönefeld. Neben Workshops und Skillsharing soll es reichlich Gelegenheiten geben sich zu vernetzten, um den Widerstand gegen das Zentrum zu organisieren. Über Anmeldung per Mail wird gebeten (Donnerstag, 1. Juni bis Dienstag, 6. Juni, BER Flughafen Schönefeld).

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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