Bewegung im Streit um Umweltgesetz: Gabriel gibt harte Haltung auf
Umweltminister Gabriel (SPD) lockert seine Absage an Verhandlungen. Die Union fordert neue Gespräche. Gabriels Umweltgesetzbuch ist in ihren Augen ein "bürokratisches Monster".
BERLIN taz Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Bereitschaft signalisiert, doch noch mal mit der Union über das geplante Umweltgesetzbuch zu verhandeln. "Wir verweigern uns nicht", sagte sein Sprecher Thomas Hagbeck am Dienstag der taz. Möglicherweise würden CDU, CSU und SPD im Koalitionsausschuss über das Thema sprechen.
Am Montag hatte Gabriel noch erklärt, das Projekt sei gescheitert, und weitere Verhandlungen seien sinnlos. Die Union forderte neue Gespräche. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber bezweifelte aber, dass sie tatsächlich zu ernsthaften Verhandlungen bereit sei.
Das Umweltgesetzbuch soll tausende von wasser-, boden und luftrechtlichen Vorschriften in Bund und Ländern übersichtlich zusammenfassen. Derzeit sind für eine Kläranlage mehrere Genehmigungsverfahren nötig. Künftig würde ein Antrag reichen. So könnte die Wirtschaft laut Normenkontrollrat - einem Gremium der Bundesregierung für Bürokratieabbau - jährlich 27 Millionen Euro sparen. Umweltschützer befürworten das Gesetz, weil die Länder nach einem Abkommen in der Föderalismusreform ab Ende des Jahres Wasser- und Naturschutzrecht stärker selbst regeln dürfen als bisher - es sei denn, der Bund kommt ihnen etwa mit dem Umweltgesetzbuch zuvor. Die Aktivisten fürchten, dass einige Länder sich dann im Kampf um Investitionen einen Wettlauf um die niedrigsten Umweltstandards liefern könnten. Niedersachsen hat schon gefordert, Eingriffe in die Natur zu erleichtern.
Diese Folgen will Gabriel nun trotz Scheiterns des Umweltgesetzbuchs begrenzen. Dazu wollte er seinem Ministerium zufolge am Dienstag den Kabinettskollegen einen Entwurf für ein neues Naturschutzgesetz schicken. Das ist ein Teil des Umweltgesetzbuches, den Gabriel jetzt als einzelnes Gesetz durchs Parlament bringen will. Der Text entspreche dem, was Union und SPD in ihren bisherigen Verhandlungen zu diesem Thema vereinbart hätten, sagte Gabriel-Sprecher Hagbeck. "Der Teil über das Wasserrecht geht in den nächsten Tagen an alle Ministerien", kündigte Hagbeck an. Warum Gabriel am Montag noch zugesichert hatte, auch diesen Teil am Dienstag zu verschicken, konnte er nicht erklären.
Die wichtigsten Argumente insbesondere der CSU gegen Gabriels Umweltgesetzbuch wies das Ministerium zurück. Darunter zum Beispiel den Vorwurf des bayerischen Ressortchefs Markus Söder, das Projekt sei "ein bürokratisches Monster". In Bayern wären mit ihm statt 1.000 künftig 10.000 Anlagen "genehmigungspflichtig" gewesen. In Gabriels Augen ist das "Volksverdummung". Für alle diese Anlagen seien schon nach derzeitiger Rechtslage Genehmigungen nötig - sie hießen nur anders, nämlich "Zulassung" oder "Erlaubnis". Auf taz-Anfrage ließ Söder daraufhin seine Kritik präzisieren: Jetzt sagt seine Sprecherin nur, für 10.000 Anlagen wäre ein "kompliziertes" Genehmigungsverfahren nötig.
Auch Söders Erklärung, Bayern müsste wegen des Umweltgesetzbuchs 77.000 Kilometer Gewässerrandstreifen neu ausweisen, hält Gabriel für Unsinn. In den Streifen entlang von Flüssen oder Seen dürfen Bauern keinen Dünger und keine Pestizide ausbringen, damit das Wasser nicht belastet wird. Der Streit ging vor allem darüber, wie breit die Streifen sein sollen.
Für die Bayern sollte das kein Problem sein, sagt Gabriel. Er habe der CSU als Kompromiss angeboten, dass die Länder das Genehmigungsrecht in diesem Fall selbst entscheiden können. Stimmt, heißt es dazu aus München. Aber Gabriel sei später davon abgerückt. Darüber hinaus kritisiert die Union, dass Gabriel den Entwurf zu spät vorgelegt habe. Auch das stellt der SPD-Politiker anders dar. "Den Referentenentwurf haben wir im November 2007 veröffentlicht", so Sprecher Hagbeck. Schon vorher habe es Konsultationen zwischen den Beteiligten gegeben.
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