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Besuch im PanzermuseumMit Panzern gegen den Faschismus

Im deutschen Panzermuseum in Munster wird nicht nur technisches Großgerät gezeigt, sondern auch, was diese Gewaltmaschinen anrichten.

Die meisten kommen wegen der großen Technik: Besu­cher:in­nen vorm Nachbau ersten deutschen Panzers vom Typ A7V Foto: Philipp Schulze/dpa

Ungetüme, die über die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs rollten; Panzer, mit denen die Nazis halb Europa eroberten; und der Leopard, der heute in deutschen Kasernen steht und mit dem aktuell in der Ukraine gekämpft wird: Das sind die Hauptattraktionen im Deutschen Panzermuseum. Diese Gewaltmaschinen locken viele Menschen an und machen das Museum in Munster zu einem der meistbesuchten in Deutschland. Bei einer Sonderausstellung dort stehen aber nun die Menschen im Vordergrund, die in Panzern kämpfen – und diejenigen, die unter deren Zerstörungskraft leiden.

Der Fotograf und Autor Till Mayer reist seit 2017 regelmäßig in die Ukraine und fotografiert Menschen, die auf verschiedenste Weise vom Krieg dort beeinflusst wurden. Für seine Fotos und Reportagen wurde er mehrfach ausgezeichnet. Jetzt hängen seine Bilder bis zum 30. September im Panzermuseum. Sie zeigen nicht nur das Kampfgeschehen, sondern auch Zi­vi­lis­t:in­nen und Sol­da­t:in­nen, oft in intimen Momenten: eine ältere Frau mit Katzenbabys im Arm; ein Soldat, dem bei vollem Bewusstsein Schrapnelle herausoperiert werden; oder ein Drohnenpilot, der durch eine Landmine sein Bein verloren hat und auf eine Prothese angewiesen ist.

Solche Bilder sind eher untypisch für ein Panzermuseum. Das Museumsteam um Julia Engau und Ralf Raths ist jedoch schon seit Längerem bemüht, das Museum zu mehr als einer reinen Ausstellung von Kriegsgerät zu machen. Ziel sei es, das Thema Panzer und Krieg zu kontextualisieren. Dass die meisten Be­su­che­r:in­nen ins Museum kommen, um sich große Technik anzuschauen, ist ihnen dabei bewusst. Dabei sollen sie sich den Themen Gewalt und Tod jedoch nicht entziehen können.

Drastische Bilder

So steht neben dem „Tiger“, einem Wehrmachtspanzer, der bis heute von vielen als der „beste“ Panzer des Zweiten Weltkriegs glorifiziert wird, eine große Tafel, die die Rolle deutscher Panzer im Holocaust erläutert. Bilder zeigen, wie ein sowjetischer Politoffizier sein eigenes Grab schaufelt oder wie deutsche Soldaten Massenerschießungen in der Ukraine durchführen.

Es sollen möglichst viele Bilder mit Gewaltdarstellungen zu sehen sein. Besonders drastische Bilder sind mit einem Sichtschutz abgedeckt. Wenn dieser angehoben wird, sind unter anderem Protestierende zu sehen, die von Panzern zerquetscht werden, auch ein von der Bundeswehr im Kosovo erschossener Mensch.

Wie viele ist Till Mayer durch die Social-Media-Präsenz auf das Museum aufmerksam geworden. Denn auf Youtube betreibt das Panzermuseum den populärsten Kanal eines deutschen Museums. Dort thematisiert Ralf Raths unter anderem Mythen, die sich um Panzermodelle ranken, aber auch aktuelle Themen, in denen Panzer eine Rolle spielen. Besonders eindrücklich ist eine mehrteilige Videoreihe, die detailliert erklärt, auf welche Arten Sol­da­t:in­nen im Panzer sterben können. Kein besonders schönes Thema, aber geklickt wird es gut. Die kriegskritische Haltung des Kanals hat Fotograf Mayer beeindruckt und so fragte er das Museum für seine Ausstellung an.

Auf die Frage, ob Panzer Spaß machen dürfen, entgegnet Ralf Raths: „Der Panzer macht erst mal gar nichts. Die Menschen machen und erleben.“ Im Museumsshop gibt es neben Soli-Mate-Tee auch Spielzeugpanzer zu kaufen. „Wenn jemand, nachdem er Bilder von verbrannten Leichen gesehen hatte, noch Spielzeugpanzer kaufen will, ist das legitim“, findet Raths.

Das Museum

Deutsches Panzer­museum Munster, Hans-Krüger-Str. 33, Munster; daspanzermuseum.de

Zwischen einer Panzerhaubitze 2000 und einem Leopard 2 wird auf einer Infotafel versucht zu erläutern, was Kameradschaft unter Pan­zer­sol­da­t:in­nen bedeutet. Auf derselben Tafel ist eine Statistik zu sehen, die die Zahlen der Entlassungen von (rechts-)extremistischen Bun­des­wehr­­sol­­da­t:in­nen darstellt. Wenn historisch sinnvoll, wird auf den Infotafeln im Museum gegendert. Laut Raths ist das Panzermuseum kein Antikriegsmuseum. Aber der Historiker, der einmal Mitglied der Linken war, bezeichnet die politische Grundeinstellung des Panzermuseums als ausdrücklich antifaschistisch.

So blickt er auch mit Sorge auf die 2026 anstehenden Kommunalwahlen in Niedersachsen. Die AfD wird mit großer Wahrscheinlichkeit in den Rat der Stadt Munster einziehen. Dann könnte es „spannend“ für das Panzermuseum werden, so Raths. Denn das Museum wird kommunal getragen und vom Stadtrat finanziert. Falls die AfD zukünftig in der Lage wäre, Finanzmittel zu blockieren, wäre dies ein großes Pro­blem für die derzeitige Konzeption des Museums. Bereits jetzt sind die Ausstellungshallen marode und bieten nicht genügend Platz.

Aber dieser politischen Herausforderung will sich Raths stellen. Inspiriert ist er von den Worten des renommierten Holocaustforschers Timothy Snyder: „Verteidige die Institution. Leiste keinen vorauseilenden Gehorsam.“

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1 Kommentar

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  • Ich war nich nie dort.



    Jetzt gibt es einen Grund.



    N.B. Es waren die T34, Shermans und Centurions, die die Faschopanzer von jenseits des Dnepr und des Ärmelkanal bis über Berlin und Wien bis nach Flensburg jagten.



    Und es sind die Leoparden, Geparden etc, die Faschputins T´s abhalten, den Dnjepr zu überwinden.