Bessere Gehälter in der Pflege: Umstrittene Pflegereform
Höheres Gehalt und humanere Arbeitsbedingungen für PflegerInnen kosten Geld. Doch wer soll für die Mehrkosten aufkommen?
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat am Wochenende ein Pflege-Tariftreue-Gesetz vorgeschlagen, nach dem die Pflegekassen Versorgungsverträge künftig nur noch mit Pflegediensten abschließen könnten, wenn diese ihren Beschäftigten Löhne gewähren, wie sie auch in Tarifverträgen etwa des öffentlichen Dienstes oder in kirchlichen Einrichtungen gezahlt werden. Nach Heils Schätzungen kämen damit die Hälfte der 1,2 Millionen Beschäftigten in der Altenpflege, für die bisher kein Tarifvertrag gilt, künftig in den Genuss einer Gehaltssteigerung von bis zu 300 Euro und mehr im Monat.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) monierte dazu am Montag, zusätzliche Kosten dürften aber „nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen“ gehen. Ein Arbeitsentwurf für ein Gesetz aus dem Hause Spahn sieht auch vor, dass beruflich Pflegende künftig „mindestens nach Tarif entlohnt“ werden sollen. Doch wenn es keinen anwendbaren Tarifvertrag gebe, solle eine „ortsübliche Entlohnung“ gezahlt werden. Das würde bedeuten, dass viele Pflegekräfte kaum mehr verdienen würden als bisher.
Spahn sieht in seinem Gesetzentwurf eine Deckelung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen in Heimen vor. Wer schon länger als ein Jahr in einem Pflegeheim lebt, könnte damit 200 Euro und mehr an Eigenanteilen im Monat sparen. Für die Mehrkosten seiner Pflegereform in Höhe von 6,3 Milliarden Euro jährlich will Spahn unter anderem einen dauerhaften Zuschuss aus Steuermitteln. Spahn wies am Montag daraufhin, dass sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zu den Mehrkosten durch eine solche Pflegereform noch nicht eindeutig „verhalten“ hätte.
Die Eigenanteile sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, auch bedingt durch die Lohnerhöhungen in der Pflege. In Heimen liegt der Bundesdurchschnitt inzwischen bei etwas über 2.000 Euro Eigenanteil im Monat.
Personalmangel und knappes Bettenangebot
In der Altenpflege arbeiten etwa 1,2 Millionen Menschen, davon rund 400.000 bei ambulanten Pflegediensten. In der Krankenpflege sind 1,1 Millionen Menschen beschäftigt. In der stationären Krankenpflege gelten in einigen Bereichen Personalmindestbesetzungen pro Bett, was mancherorts das Bettenangebot verknappt, da in Krankenhäusern auch Fachkraftmangel herrscht. Diese Untergrenzen waren in der Coronapandemie aufgrund des Personalmangels zeitweise ausgesetzt worden.
Eine examinierte Fachkraft in der Altenpflege verdient im Mittel rund 3.000 Euro brutto, eine Altenpflegehelferin 2.150 Euro. Eine examinierte Krankenpflegerin bekommt 3.500 Euro brutto (Entgeltatlas, Bundesarbeitsagentur).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich