Beschluss im Bundesrat: „Pille danach“ ohne Rezept
Der Bundesrat will die Verschreibungspflicht für die „Pille danach“ aufheben. Bei Gynäkologen stößt der Vorstoß auf Skepsis. Ohnehin muss die Regierung noch zustimmen.
BERLIN afp | Frauen sollen nach Plänen des Bundesrats die so genannte „Pille danach“ künftig ohne ärztliches Rezept erhalten können. Die Länderkammer stimmte am Freitag auf ihrer Sitzung in Berlin dafür, die Verschreibungspflicht für das Arzneimittel Levonorgestrel aufzuheben. Frauen in Notsituationen soll dadurch ein einfacherer und schnellerer Weg zur Verhinderung ungewollter Schwangerschaften eröffnet werden.
Die Entscheidung, ob die Vorlage aus dem Bundesrat in Kraft gesetzt wird, liegt nun bei der Bundesregierung. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums kündigte an, dass sich der zuständige Sachverständigenrat am 14. Januar mit der Frage befassen soll.
Die „Pille danach“ verhindert oder verschiebt den Eisprung und wendet dadurch eine mögliche Schwangerschaft ab. Das Arzneimittel soll laut Bundesratsbeschluss rezeptfrei nur zur einmaligen Nutzung in Apotheken abgegeben werden dürfen, eine Beratung durch den Apotheker soll Pflicht sein.
Der Bundesrat verwies in seiner Entschließung auf die Erfahrungen anderer europäischer Länder, wo das Mittel seit längerem ohne Rezept erhältlich ist. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche sei dort gesunken, zudem hätten Studien belegt, dass die Rezeptfreiheit nicht zu einer Zunahme von riskantem Sexualverhalten geführt habe.
„Bei der Einnahme der 'Pille danach' ist es äußerst wichtig, dass diese schnell erfolgt“, erklärte die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). „Wenn wie jetzt ein Rezept erforderlich ist, dann kann es gerade an Wochenenden passieren, dass viel Zeit verstreicht und eine ungewollte Schwangerschaft nicht mehr sicher vermieden werden kann.“
Kritik von Gynäkologen
Beim Gynäkologenverband stieß die Vorlage aus dem Bundesrat auf Skepsis. „Wir hoffen, dass die Einführung der Rezeptfreiheit nicht zu einer Verschlechterung der Betreuung und Beratung dieser Mädchen und Frauen und damit zu einer Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen führen wird“, erklärte der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring. „Denn die Mädchen und Frauen wissen ohne Beratung vielfach nicht, wann und wie sie das Medikament einnehmen sollen.“
Der Verband wies zudem darauf hin, dass das Mittel Levonorgestrel als „Pille danach“ weniger wirksam sei als das Präparat Ulipristalacetat, dass auch nach der Initiative des Bundesrats nach wie vor verschreibungspflichtig bleiben würde. Den Angaben zufolge kann Levonorgestrel innerhalb der ersten 24 Stunden nur etwa ein Drittel der Schwangerschaften verhindern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte